Auseinander gelebt

geworden waren. Sicher wollte er nur wieder ihren Rat ersuchen, denn seine Beziehung mit Hinata schien ihn zu überfordern, weshalb er Tipps brauchte, doch traute er sich nicht zu Ino, da sie für ihr temperamentvolles Verhalten bekannt war und einen Hang zum Übertreiben hatte. Wenn sie jemandem half, dann half sie ihm zwar, brachte ihn aber auch gleichzeitig – und zwar durch ihre Übertreibungen – wieder in Schwierigkeiten, weshalb man es allgemein vermied, sie um Hilfe zu bitten. Und obgleich sie selbst viel zu viel um die Ohren hatte, konnte sie nicht anders, als ihm zu helfen und natürlich war sie sich vollkommen bewusst, dass dies nur ein naiver Versuch war, sich von der Qual abzulenken, von der sie jeden Tag befallen wurde, ohne dass sie es merkte, bis es zu viel wurde und alles aus ihr heraus brach. Um Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, zerriss sie das gefaltene Blatt Papier in winzig kleine Stücke und versteckte es in ihrem Mäppchen, damit niemand auf den dummen Gedanken kam, es ihr zu klauen und dann zusammen zupuzzlen, um einen vermeindlich großen `Skandal´ zu enthüllen. Es war ja nicht so, dass das noch nie passiert war. Tief in ihr war ein mulmiges Gefühl, doch spürte sie das nicht oder hatte es geschafft, es so gut zu verdrängen, dass sie es wirklich nicht bemerkte. Fest stand, dass wenn sie zu diesem Treffen gehen würde, nur schnell nach Hause kommen konnte, um ihre Büchertasche abzustellen, denn auch, wenn sie mit dem Fahrrad fuhr, war es ein ganz schön langer Weg zum Fluss.

„Naruto“, die ruhige Stimme des blonden Mädchens war seltsam ruhig und gleichzeitig schien etwas in ihren Tiefen zu grollen. Während Ino – so hieß die Blonde – ihre Hände beinahe vorwurfsvoll in die Hüften stemmte, warf sie dem Angesprochenen einen Blick zu, um Höflichkeit bestimmt, doch gelang es ihr nicht wirklich. Ihre Gesichtszüge wirkten leicht angesäuert, jedoch kräuselten sich ihre Lippen zu einem hämischen Lächeln, weshalb Naruto unweigerlich einen Schritt zurück wich.
„Was hast du Sakura da geschrieben?“, fragte sie – direkt wie immer – und nickte in ihre Richtung. Sie saß direkt hinter ihm und Sasuke und hatte deshalb mitbekommen, dass er etwas an sie geschrieben hatte, doch hatte sie nicht hören können, was die beiden miteinander besprochen hatten, weshalb sie nun ihn ausquetschen musste – Notfalls auch Hinata, die neben ihm stand. Angewidert verzog er sein Gesicht und musterte Ino, als wäre sie ein ganz besonders abscheuliches Insekt.
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, meinte er kühl und wollte ihr schon den Rücken zudrehen, als er von ihr zurück gehalten wurde. Wenn Ino etwas wollte, konnte sie sehr... beharrlich sein und dies bewies sie damit.
„Komm schon, Naruto! Ich weiß ganz genau, dass es etwas Wichtiges sein muss, wenn du es ihr nicht persönlich sagst und außerdem... Ich werde es so oder so erfahren! Hinata wird es mir verraten, nicht wahr?“, fragte sie an Hinata gewandt und musterte sie eindringlich, als könnte sie sie so überzeugen. Das blauhaarige Mädchen, welches sich bislang aus allem heraus gehalten und schüchtern von Naruto zu Ino und dann hin und her geblickt hatte, wusste nicht, was sie sagen sollte, so überrascht schien sie, mit ins Gespräch einbezogen worden zu sein.
„Hinata-chan wird dir gar nichts verraten und jetzt steck deine lange, krumme Nase gefälligst in Dinge, die dich auch etwas angehen“, sprach er gelassen weiter, packte Hinata am Arm und wollte sie schon mit sich ziehen, aber sie warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Anscheinend schien sie zu glauben, dass Ino Sakura nur helfen wollte und so überlegte sie ernsthaft, ob sie es ihr erzählen sollte.
„Hinata“, begann Naruto im mahnenden Ton, „Ich weiß ganz genau, was du denkst, aber Ino will Sakura nicht helfen! Sie sucht doch nur nach einem weiteren Grund, um sie fertig zu machen! Sie hat überhaupt keine Ahnung, wie es Sakura-chan geht und um ehrlich zu sein ist ihr das sicherlich auch vollkommen egal!“
„N...Naruto...“ Ino tat wahnsinnig entsetzt, „Wie kommst du nur auf so einen derart absurden Verdacht! Natürlich bin ich nur um Sakuras emotionale Lage besorgt! Aber was soll's! Das kommt eben dabei heraus, wenn du denkst...“, säuselte sie gehässig und schüttelte dann wieder gespielt entsetzt den Kopf. Naiv, wie Hinata eben war, fiel sie auf diese Show herein und ohne weitere Umschweife – und ohne auf Narutos Proteste zu einzugehen – berichtete sie, was Naruto Sakura geschrieben hatte. Selbstzufrieden lächelte Ino in sich herein, bedankte sich kurz bei Hinata und verschwand dann mit Karin – ihrer neuen besten Freundin – ineinandergehakt aus dem Klassenzimmer.

Sakura hatte sich vorgenommen, gar nicht erst in das andere Zimmer zu schauen, doch die Sorge um ihre Mutter, ob sie sich nun doch das Leben genommen oder sich ins Koma getrunken hatte, war so groß, dass sie schon fast in der Luft zu hängen schien, hatte sie so lange bedrückt, dass sie doch einen Blick auf die schlafende Gestalt ihrer Mutter wagte. Im Schlaf wirkte ihr Antlitz so ruhig und entspannt, dass Sakura kaum zu glauben vermochte, dass sie – wenn sie wach war – sie mit einem so verstörten Blick musterte, weil sie wieder so lange weg gewesen war, um vor ihren Problemen zu flüchten und Zuflucht in dem Rauschen des Flusses zu suchen, dessen Wasser seelenruhig an ihr vorbeifloss und wie eine Beruhigungstablette auf sie wirkte.
Die Flasche, deren alkoholischer Inhalt schon zur Neige ging, baumelte dieses Mal nicht in ihrer Hand, die sich sonst – trotz, dass die rosahaarige Frau tief und fest schlief - fest darum gewickelt hatte, sondern lag auf dem Boden und ein kleiner Kreis der durchsichtigen Flüssigkeit war auf dem Boden verteilt.
Der Fernseher flimmerte und wurde nur gelegentlich von den Schnarchern der schlafenden Frau übertönt und in den Hintergrund gedrängt. Sakura war zur Salzsäule erstarrt und durchbohrte den ruhigen Körper ihrer Mutter mit einem undefinierbaren Blick, bestehend aus Abscheu, Enttäuschung und eben dieser Trauer, die sie mit Worten nicht zu beschreiben vermochte. Sie hatte lediglich ihre Tasche ablegen wollen, hatte es auch getan und nun hing sie an dem traurigen Bild ihrer Mutter fest, wusste nicht, wie sie sich wieder losreißen konnte. Neben dem Bild des Todes ihres Vaters, war dieses genauso... schmerzhaft, hatte sich in ihren Kopf gebrannt. Schmerzhaft, weil sie wusste, dass sie ihrer Mutter nicht mehr helfen konnte, weil der Alkohol sie vollkommen beherrschte und taub für jedes vernünftige Wort machte. Tränen stiegen in ihr hoch und der Kloß in ihrem Hals, der die meiste Zeit über kaum zu bemerken war, wurde dicker. Wie sich ihr Leben nur so Kopf gestellt hatte. An einem Tag war sie ein glückliches Mädchen gewesen, hatte beste Freundin und einen Freund besessen und eine glückliche Familie gehabt, doch der Tod ihres Vater hatte wie der Wind das Blatt gewendet. Und obwohl ihre Beine zitterten, riss sie sich zusammen und drehte sich um. Im Grunde konnte sie sich sicher sein, dass ihre Mutter bis zum späten Abend schlafen würde, denn so war es immer, doch ein leicht beklommenes Gefühl blieb dennoch in ihr.

Unruhig saß Sakura auf dem umgefallenen Baum und starrte auf das Wasser, auf dessen Oberfläche eine Ente mit ihren Junges schwamm. Das Rauschen beruhigte sie tatsächlich ein wenig, doch ihre Gedanken schienen nur um ihre Mutter zu kreisen. Es war, als wäre sie ein Magnet, der jeden ihrer Gedanken unweigerlich auf sich zog. Wie immer, wenn sie zu viel Zeit zum Nachdenken besaß, beschlichen sie die dümmsten Gedanken und absurdesten Vorstellungen, wie ihr Leben weiterhin verlaufen würde. Ab und zu fürchtete sie sich tatsächlich vor dem Morgen, traute sich nicht, die Augen zu schließen, aus Angst, einem Albtraum begegnen zu können.
Auf einmal hörte sie das Rascheln von Gras, weshalb sie sich umdrehte und auf die zierliche Gestalt ihrer ehemaligen besten Freundin blickte.
„Hallo, Ino“, sagte sie nur mit traurigem Blick, denn noch immer bedauerte sie sehr, wie ihre gute Freundschaft so entzwei gespaltet werden konnte.
„Karin hält Sasuke gerade auf und vermutlich wird er gleich hier eintreffen, deshalb lass es uns schnell hinter uns bringen, Sakura Haruno.“ Die Tatsache, dass Ino ihren kompletten Namen benutzte, trug nicht gerade dazu bei, dass in ihr die Hoffnung auf ein Happy End ihrer Freundschaft wuchs. Ino hielt es offensichtlich nicht einmal mehr für nötig, ihr ein höfliches „Guten Tag“ entgegenzubringen, sondern fing direkt mit dem Kernpunkt an, weshalb sie sich auf eine Unterhaltung mit ihr einließ. In gemächlichem Schritt lief sie auf Sakura zu und lächelte ihr lieblichstes Lächeln. Sakura merkte sofort, dass sie eine Maske aufsetzte und versuchte, so nett wie möglich zu sein und wie immer gelang es ihr, eine perfekte Illusion zu erschaffen, denn wie Sakura verstand auch sie sich sehr gut im schaupsielerischen Bereich.
„Du erinnerst dich, nicht wahr? Der Brief von Naruto? Das war eigentlich Sasuke, der mit dir reden wollte, doch er hat den Brief von Naruto verfassen lassen, um auf Nummer sicher zu gehen, aber Hinata hat sich mal wieder als vertrauenswürdige Quelle meinerseits herausgestellt und mir alles gesteckt, was hier abgehen soll und deshalb... rate ich dir, dich ganz schnell vom Acker zu machen!“ Sakura, die vollkommen überfordert war mit dieser Situation, unterstrich ihre Unwissenheit mit einem verwunderten Blick.
„Ich versteh nicht so recht...“, murmelte sie verwirrt.
„Süße, verschwinde! Sasuke gehört jetzt mir! Du hattest deine Chance und hast sie... weggeworfen!", giftete Ino und verschränkte die Arme wie ein kleines Kind vor der Brust, schob die Unterlippe nach vorne und schmollte. Des Öfteren benahm sie sich so, wenn sie nicht das bekam, was sie wollte oder wenn ihr etwas nicht gefiel und dabei sah sie aus, wie
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