Auseinander gelebt

eine lebensgroße Barbiepuppe.
„Stopp, stopp, stopp“, meinte Sakura abwehrend und hob beinahe schützend ihre Hände vom Körper gestreckt, denn Ino ging auf sie zu und mit jedem Satz, der aus ihren rosa geschminkten Lippen kam, wurde sie drohender und auch ihr Gesicht veränderte sich. Auch, wenn Sakura auf Abstand bleiben wollte, schaffte es Ino, ganz nah an sie heran zu kommen, denn hinter ihr war nur Wasser und in das konnte sie schlecht ausweichen.
„Ich wusste gar nicht, dass Sasuke hierher kommen wollte, das musst du mir glauben!“, versicherte Sakura abwehrend, die ihre Hände nun hatte sinken lassen und Ino mit gemischten Gefühlen entgegen sah. Ino ließ sich nicht beirren und glaubte Sakura kein Wort. Ihre beiden Hände legten sich auf einmal ganz flach auf ihre Schultern und ehe sie sich versah, wurde sie von ihr in den Fluss geschubst. Das nächste, was sie spürte, war kaltes Wasser, das zuerst ihren Rücken und dann ihren gesamten Körper umhüllte. Ihr Mund war noch offen und so strömte das Wasser in ihre Lungen, so dass sie ihre Lippen schnell aufeinander presste. Noch immer saß der Schock, über diesen Wendepunkt, in ihren Gliedern und ließ sie für einige Sekunden wie leblos im Wasser `hängen´. Erst, als sie ganz verschwommen die Stimme von Sasuke wahr nahm, die Ino anzubrüllen schien, reagierte sie und brachte ihren Kopf oberhalb der Wasseroberfläche, zumal ihr auch schon der Brustkorb schmerzte, denn das Wasser hatte sich bemerkt gemacht. Als sie auftauchte, spuckte sie alles aus und holte tief Luft. Einzelne Haarsträhnen klebten in ihrem Gesicht, so dass sie sie mit ihren Fingern herausklauben und hinter's Ohr klemmen musste. Und tatsächlich: Als sie ihre Augen richtig öffnete und wieder des Sehens vollkommen mächtig war, sah sie Sasuke, wie er sie ungläubig anschaute und offensichtlich erstaunt war, was sie im Fluss zu suchen hatte. Mit langsamen Schritten kam er auf sie zu und hielt ihr die Hand hin, ohne Zeit mit einer Begrüßung zu verschwenden und dennoch ergriff Sakura sie dankbar.
Als sie wieder komplett an Land war und ein leichter Wind durch die Blätter der dichten Baumkronen und auch durch ihr triefnasses, rosanes Haar fuhr, fing sie an zu frösteln, weshalb sie sich beide Arme um den Oberleib schlang.
„Was machst du hier?“, fragte er verwundert und blickte abwechselnd zwischen ihr und Ino hin und her. Da er Sakura nicht meinen konnte, wenn er der `Auftraggeber` des Briefes war, schien diese Frage Ino zu gelten. Diese schien es auch zu wissen und zuckte mit den Achseln, doch dies war kein Zeichen von Unwissen-, sondern von Gleichgültigkeit.
„Hinata hat's mir erzählt und ich hab mir gedacht, ich statte euch einen Besuch ab.“
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, meinte Sasuke kühl, als hätte er Narutos Worte gehört, um sie nun zu imitieren.
„Ich bin deine Freundin! Natürlich geht es mich etwas an, wenn du dich mit anderen Mädchen triffst!“, erwiderte sie spitz, die Arme noch immer vor der Brust verschränkt, doch ihr scharfer Blick galt nun Sasuke.
„Verschwinde“, sagte er nur, „Was ich mit Sakura zu bereden habe, geht dich rein gar nichts an, also bitte Ino, verschwinde. Wir sehen uns heute Abend sowieso!“, bat er sie und warf ihr unauffällig einen Blick zu, den Sakura nicht sehen konnte. Auf einmal zog er seine Jacke aus und – unter den eifersüchtigen Blicken Inos – legte sie über ihre Schultern, da nun auch er Kenntnis von ihrem Frösteln genommen hatte. Sasuke musste sie noch mehrmals bitten – was eigentlich vollkommen gegen seine Prinzipien verstoß – damit sie endlich verschwand. Zwar schmollte sie und machte ihrem Ärger Luft, aber Sasuke und Sakura waren sie los.
„Na endlich“, seufzte er erleichtert und fügte, an Sakura gewandt „Ich wollte dir etwas sagen.“ hinzu.
„Und was?“, fragte Sakura und zog erstaunt eine Augenbraue nach oben.
Einen Augenblick lang schaute er ihr tief in die Augen, wollte ihr das sagen, was er sich vorgenommen hatte, doch schließlich gab er es seufzend auf. Er schaffte es nicht. Egal, wie sehr er versuchte, die Worte über die Lippen zu bringen, sie kamen nicht. Sasuke konnte seine Gefühle nicht hervorbringen, ohne dabei gezwungen zu klingen und deshalb ließ er es, weil er nicht wollte, dass Sakura sich eine falsche Meinung von ihm bildete. Küssen wollte er sie auch nicht. Sasuke wollte ihr nicht noch mehr zumuten.
„Vergiss es, ja? Ich bring dich nach Hause...“
„Wieso... Das versteh ich nicht... Wieso hast du mich dann hierher bestellt?“
„Ich sag's dir irgendwann, wenn ich dazu bereit bin, in Ordnung? Es geht einfach nicht...“ Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er bereits vor in Richtung Sakuras Haus und ließ sie selbst mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zurück. „Komm schon!“
Langsam setzte auch sie sich in Bewegung und lief schon bald neben ihm her. Wie immer redeten sie nicht viel, doch das Rascheln der Blätter schien die peinliche Stille auszufüllen, so dass keiner es für nötig hielt, dem anderen etwas zu sagen. Sakura wirkte äußerst erstaunt, als Sasuke dann doch das Wort ergriff.
„Was ist eigentlich mit deiner Mutter? Du redest kaum noch über sie. Früher hast du uns ständig über sie informiert... Ist es schlimmer geworden?“ Sakura brauchte einige Zeit, um zu realisieren, dass Sasuke sie tatsächlich etwas gefragt hatte und somit bereit war, auf ein Gespräch mit ihr einzugehen. Zögerlich setzte sie zu einer Antwort an, doch dann konnte sie ihren Redeschwall kaum noch unterdrücken, so befreit fühlte sie sich, endlich mit jemanden über ihre Probleme zu reden. Ernsthaft.
„Es wird alles gut werden“, sagte er schließlich, doch er brachte es nicht über sich, einen Arm um ihre Schulter zu legen und zog es deshalb vor, wieder zu schweigen.

Den ganzen Weg zu ihrem Haus zurück, schwiegen die beiden wieder, waren nichts anderes gewohnt und genossen die Ruhe, die ihnen sonst nicht vergönnt war. Sakura, weil sie zu viele Sorgen hatte, um sich zu entspannen und Sasuke, weil er Ino zur Freundin hatte, die ihn nahezu rund um die Uhr auf Trab hielt.
Endlich kamen die beiden vor ihrem Zuhause zum Stehen und Sakura öffnete die Tür mit zittrigen Fingern. Im Flur konnte man bereits hören, dass der Fernseher noch immer an war.
„Ich bin zurück“, rief sie in die Wohnung und wartete auf eine Antwort, die ausblieb. Normalerweise war das die Zeit, in der ihre Mutter schon wieder wach war oder zumindestens aufwachte, wenn sie nach ihr rief.
„Hallo?“, rief sie noch einmal und lief auf das Wohnzimmer zu, ohne auf die nassen Spuren zu achten, die sie hinter sich her zog, ohne sich auszuziehen. Kurz vor der Tür atmete sie aus irgendeinem Grund tief ein und aus und öffnete sie kurz darauf. Als Sasuke nun ihren Namen vorsichtig murmelte, keine Antwort erhielt und registrierte, dass sie am ganzen Leib zitterte, obwohl sie noch immer seine Jacke um den Schultern trug, ging er auf sie zu und warf ebenfalls einen Blick in das Zimmer. Geschockt weiteten sich seine Augen, als er sah, wie der leblose Körper von Sakuras Mutter an einem Strick hang, welcher an einem Balken des Wohnzimmers befestigt war, der von der Fensterseite zur anderen Wand reichte. Sakura war sprachlos, verlor den Boden unter den Füßen und wurde gerade so von Sasuke aufgefangen. Die Schlüssel, welche sie zuvor noch in der Hand umklammert gehalten hatte, fielen abrupt aus ihrer Handfläche und fielen klappernd zu Boden. Sie war zu geschockt, um weinen zu können und mehr, als ein Wimmern war von ihr nicht zu vernehmen. Wie man atmete, hatte sie vergessen, denn sie saß völlig reglos auf dem Boden, als wollte sie die Luftzufuhr stoppen, um sich selbst das Leben zu nehmen. Sie spürte die Arme Sasukes nicht, wie sie sich von hinten um sie schlangen, sah nur den Körper ihrer Mutter, die Flasche, die nun auf der Couch lag und spürte die Panik, die ihr alles zuschnürte. Es war vorbei. Aus und vorbei. Alle waren weg. Tot. Gestorben. Weg.

„Es wird alles gut werden.“ Lüge. Er hatte es gewusst, denn oberflächliche Wunden konnte man heilen, eine zersplitterte Seele jedoch war irreparabel. Egal, wie sehr man versuchte, ihre Überreste mit Liebe zusammenzuflicken."



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