Fanfic: Doppelleben - Kapitel 10 - Teil 1
Jetzt aber viel Glück!“, fuhr der Engel fort, während seine Stimme immer leiser wurde.
„Warte…“, rief Lars, doch er spürte bereits ein eigenartiges Gefühl. Es schien ihn mal fast zu zerreißen, im anderen Augenblick wieder zu zerquetschen. Dann wurde er ohnmächtig.
Kurze Zeit später saßen Ryoga und Ukyo am Frühstückstisch und fütterten sich liebevoll gegenseitig mit Toast. Plötzlich seufzte Ryoga auf. Verwundert sah Ukyo ihn mit großen Augen an. Sie strich ihm mit der Hand über die Wange und fragte sanft: "Was hast du denn, Tigerchen?" Ryoga lächelte leicht und sah sie an. "Es ist nur...ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich bin nur so unendlich glücklich, endlich eine Freundin zu haben. Und obendrein noch eine, die ich wirklich und aus ganzem Herzen liebe! Ich war noch nie so wunschlos glücklich."
Ukyo sah ihn ob des plötzlichen Gefühlsausbruches verwundert an, im Inneren durchströmte sie aber ein Gefühl höchsten Glückes. Wortlos warf sie sich dem verblüfften Ryoga in die Arme und drückte ihn fest an sich. Mit geschlossenen Augen hauchte sie leise auf seinen Hals: "Mir geht es genauso! Ich will immer bei dir sein, egal, was mit dir geschieht!" Dann hob sie lächelnd und mit Tränen in den Augen ihren hübschen Kopf. Erstaunt sah Ryoga sie an und küsste ihr eine Träne von der Wange. "Du weinst ja!" Ukyo sah ihm direkt in die Augen, Ryoga hatte das Gefühl, darin zu versinken. "Ich bin nur so glücklich!", flüsterte sie.
Dann legte sie eine Hand in seinen Nacken und zog Ryogas Kopf zu sich heran. Verlangend und leidenschaftliche knabberte sie an seiner Unterlippe. Ryoga war zuerst völlig überrascht, ging aber schnell auf Ukyos Kuss ein, als ihn dieses wunderschöne, kribbelnde Gefühl durchfuhr.
Eine halbe Stunde später waren sie schon fleißig damit beschäftigt, weitere Möbelstücke zusammenzubauen. Gegen Mittag machten sie schließlich völlig erschöpft eine Pause. Nachdenklich fragte Ryoga: "Wo bleiben die anderen denn? Sie hatten doch versprochen, uns heute wieder zu helfen!" Ukyo zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung! Lass uns doch mal bei ihnen vorbeischauen, vielleicht sind sie verhindert."
Also machten sich Ryoga und Ukyo auf den Weg. Zuerst gingen sie zu den Tendos. Kasumi geleitete sie, freundlich wie immer, in das Wohnzimmer. Akane sprang erschrocken auf, als sie die Beiden erblickte und rief: "Oh, das habe ich ja ganz vergessen! Tut mir wirklich leid, wir waren nur gerade dabei, den anderen von unserem Abenteuer zu erzählen!" Ukyo meinte freundlich: "Ach, das macht doch nichts! Wir sind auch so ganz gut zurecht gekommen, nicht wahr, Ryoga?" Ukyo sah Ryoga an, der lächelnd nickte. Dann sagte er: "Früher oder später hättet ihr es ihnen eh erzählen müssen! Und da ihr nun einmal angefangen habt, solltet ihr auch gleich fertig erzählen!"
Kasumi fragte freundlich: "Möchtet ihr vielleicht gemeinsam mit uns zu Mittag essen, bevor ihr geht?" Hocherfreut setzten sie die Beiden zu den Tendos und den Saotomes, denn Kasumis köstliche Gerichte wollten sie sich nicht entgehen lassen. Nach dem Mittag verabredeten sie sich mit Ranma und Akane für den nächsten Tag und machten sich dankend wieder auf den Weg.
Dann gingen sie zum Nudelrestaurant, trafen dort aber nur Cologne an. Verwundert fragte Ryoga: "Wo sind denn Lars und Shampoo?" Cologne sah ihn ebenfalls erstaunt an und meinte dann: "Ich dachte, ihr wüsstet das! Die Beiden sind in der Nacht einfach verschwunden, ohne mir etwas zu sagen!" Ukyo runzelte nachdenklich die Stirn. "Das sieht den Beiden aber gar nicht ähnlich.", meinte sie.
Cologne drehte sich um und begab sich in die Küche. "Die werden schon früher oder später wieder auftauchen. Ich muss jetzt weiterarbeiten! Sagt mir bescheid, wenn ihr etwas von den Beiden hört!" Ukyo antwortete: "Natürlich, machen wir! Auf Wiedersehen!"
Damit gingen sie wieder zu ihrem Haus zurück und machten da weiter, wo sie vorher aufgehört hatten.
Lars kam langsam wieder zu sich. Seine verschwommene Sicht klärte sich langsam. Als er sah, wo er sich befand, erschauerte er unwillkürlich.
Er starrte Shampoo an, die sich zu langsam, aber völlig menschlich, als wäre nichts geschehen, zu ihm umdrehte. Mit großen Augen starrte sie ihn an. Dann, langsam aber sicher, hob sie ihren rechten Arm. An mehreren Stellen lösten sich aus dem Shampoo bedeckenden Panzer aus Kabeln und Metall wieder diese spinnenartigen Metalltiere und machten sich an ihrer auf Lars zeigenden Hand zu schaffen. Innerhalb von Sekunden hielt Shampoo eine metallene Armbrust auf Lars gerichtet. Er registrierte, wie die Metallkreaturen wieder mit dem Wirrwarr von Kabeln und Metall verschmolzen.
Bewegungsunfähig, völlig gelähmt von diesem faszinierenden und zugleich abschreckenden Anblick starrte Lars Shampoo einfach nur an. Erst war er sich nicht sicher, aber dann sah er es: In ihren Augen stand das blanke Entsetzen geschrieben. Eine Träne lief ihre Wange hinunter. Leise, so leise, dass man es kaum verstehen konnte, flüsterte Lars:
"Nein..."
Er hatte diese Szene schon einmal erlebt und wusste daher genau, wann sie abdrücken würde. Sekundenbruchteile vorher ließ er sich nach hinten fallen. In Zeitlupe sah er den Pfeil auf sich zufliegen. Im letzten Augenblick warf er den Kopf im Fall noch weiter nach hinten, so dass der Pfeil nur wenige Millimeter über sein Gesicht an hinweg flog.
Lars rollte sich nach hinten ab, drehte sich ohne Nachzudenken um und rannte los. An der Treppe angelangt sprang er mit einem gewaltigen Satz hoch und seitlich an die Wand und lief mehr oder weniger an ihr weiter. Hinter sich hörte er das metallene Klappern. Pfeile zischten knapp unter seinem schräg in der Luft hängenden Körper vorbei und bohrten sich mit gewaltiger Kraft in die Wand am Ende der Treppe.
Dann holte die Schwerkraft Lars ein. Er drückte sich noch einmal von der Seitenwand ab und flog direkt auf die Wand, in der die Pfeile steckten, zu.
Sobald er sie mit dem Fuß berührte, drückte Lars sich wieder ab und flog seitwärts ins Wohnzimmer. Gehetzt sprang er auf und rannte los. Keinen Augenblick zu spät, denn hinter ihm ertönte ein zischendes Geräusch. Fast gleichzeitig zersprang hinter ihm die Stehlampe in tausend Scherben.
Fast zeitgleich spürte Lars einen heißen Schmerz im Rücken. Doch er dachte nicht darüber nach, sondern ignorierte ihn einfach und rannte weiter. Schwankend kam die Haustür in sein Sichtfeld, während hinter ihm irgendwo wieder Glas splitterte.
Lars hatte gerade noch Zeit, sich zur Seite zu werfen, als aus der dunklen Nische der Haustür ein weiterer Pfeil auf ihn zugerast kam. Er fing sich mit einer Hand auf und schlug ein Rad, wodurch er geschickt einigen weiteren Pfeilen auswich, die eine kleine Metallkreatur von der Treppe aus auf ihn verschoss.
Als Lars das Rad abgeschlossen hatte, befand er sich genau auf der Höhe des Wohnzimmerfensters. Er schlug einen Flickflack nach hinten und brach dann mit einem weiteren halben Flickflack durch das Fenster. Überall um ihn herum flogen glitzernde Glasscherben.
Lars fing sich mit beiden Händen auf und rollte sich dann ab. Ohne sich noch einmal umzublicken hechtete er über den Gartenzaun und rannte davon. Er rannte und rannte, bis er sich irgendwann in Sicherheit wähnte. Keuchend blieb er stehen und lehnte sich gegen einen Laternenpfahl.
„Guck mal Mami der Junge da!“, ertönte irgendwo eine Kinderstimme. Die Mutter des Mädchens nahm es bei der Hand und warf Lars einen eigenartigen Blick zu. „Guck da nicht hin!“, sagte sie und zog ihr Kind schnell mit sich davon.
Als Lars sich langsam einigermaßen erholt hatte, bemerkte er erst, dass er aus mehreren kleinen Wunden blutete. Er biss sich auf die Zähne und zog vorsichtig einen Glassplitter aus seinem Fleisch. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ er ihn fallen.
Dann rappelte er sich auf und machte sich auf den Weg, um einen Arzt zu suchen. Nach einiger Zeit des Herumirrens erspähte er schließlich ein Schild mit der Aufschrift „Doktor Repening“. Lars atmete erleichtert auf und drückte die Klingel. Einige Sekunden später ertönte ein Summen. Lars drückte die Tür auf.
Er stieg die Treppen bis ins dritte Stockwerk hinauf und betrat die Praxis. Er meldete sich an und setzte sich dann in das gut gefüllte Wartezimmer. Seufzend setzte Lars sich auf einen Stuhl. Es würde wohl einige Zeit dauern, bis er an die Reihe kam. Einige der Wartenden warfen ihm neugierige Blicke zu.
Ein Mädchen, das wohl etwas jünger war als er, schaute auffallend oft zu ihm herüber. Lars guckte zu Boden. Er hasste Wartezimmer. Darin fühlte er sich immer den Blicken aller ausgesetzt.
Ein kleiner Junge rutschte auf dem Hosenboden durch das Wartezimmer und schob seine Eisenbahn durch die Gegend, wobei er die Geräusche natürlich nicht vergaß und lautstark nachmachte. Mit quäkender Stimme rief er an eine junge Frau gewandt: „Guck mal Mami, der Zug kommt am Bahnhof an!“
Die leicht genervt wirkende Mutter tat, als interessiere sie, was ihr Sohn tat. Dann widmete sie sich wieder ihrer Frauenzeitschrift. Diese Sachen nahmen Lars so in Anspruch, dass er den Schmerz fast ganz vergaß.
Eine Schwester kam herein und rief einen alten Mann auf, der ihr schlurfend folgte.
Gelangweilt sah Lars dem Jungen dabei zu, wie er anscheinend ein Eisenbahnunglück nachspielte und dabei seinen Spaß hatte. Doch auch das war nicht wirklich spannend.
Aus lauter Langeweile formte er mit den Händen einen imaginären Ball. Ihm wurde bewusst, dass er wirklich äußerst gelangweilt war, da er so was