Regenkuss

Wollte er, dass sie wieder ging?

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, fing er sich wieder. Er hörte auf damit, sie anzustarren und meinte nur: „Was willst du denn hier?” Sein Verhalten hatte Temari verunsichert, weshalb sie sich schnell eine Ausrede überlegte. Sie grinste ihn frech an. „Oh man, du hast es vergessen. Wir müssen die Chunin-Auswahlprüfungen vorbereiten, du Genie. Klingelt da was?” Hoffentlich hatte das jetzt überzeugend geklungen….

Wieder folgte Schweigen, das die Blonde durch ein Seufzen beendete. Was soll’s, dachte sie sich. Temari nahm ihren Mut zusammen und verkündete ihr wahres Anliegen: „Na ja, eigentlich wollte ich dich fragen, ob du was mit mir essen gehen willst, aber du bist ja anscheinend nicht gerade erfreut über meinen Besuch.”

Jetzt war es raus. Temari wurde etwas rot um die Nase. Solche Dinge fielen ihr nicht leicht, das hatte sie schon bemerkt. Sie hatte hier eindeutig die schwierigere Aufgabe, deshalb verstand sie nicht, weshalb Shikamaru wieder nicht antwortete. Langsam ging es ihr richtig auf die Nerven. Sie stand hier vor seiner Tür und lud ihn zum Essen ein und er glotzte einfach nur. Hatte er etwas das Sprechen verlernt, oder warum antwortete er nicht? Etwas in Temari wollte schreien. Sie wollte ihn anschreien, bis er redete, aber das schlug sie sich schnell aus dem Kopf. Wenn sie hier ausrasten würde, ständen ihre Chancen bei ihm noch schlechter.

„Hast du’s jetzt mal? Wenn du nicht willst, dann sag’s einfach.” Sie schaute ihm beleidigt ins Gesicht. Shikamaru sah aus, als wäre er überhaupt nicht anwesend. Manchmal war er echt nicht zum Aushalten. Als er ihren Blick bemerkte, wirkte er plötzlich hoch konzentriert. Der Typ hat Stimmungsschwankungen, dachte Temari.

„Was? Nein, ich kann nu-” Der Nara konnte seinen Satz nicht mehr beenden, da eine andere Stimme den Abend durchdrang.

“Shikamaruuuu! Ich bin da!!”, rief sie.

Temari und Shikamaru wendeten sich voneinander ab und sahen auf die Straße. Beide waren nicht begeistert von dem, was sie da sahen. Eine hübsch angezogene Ino rannte zu ihnen. Von nahem konnte Temari erkennen, dass sie sich die Haare aufwendig hochgesteckt hatte. Ihr Gesicht war Temaris Meinung nach etwas zuviel geschminkt. Das Schlimmste aber war, dass Shikamaru sie überrascht, aber begeistert ansah.

„Oh, hallo Temari. Mit dir hab ich ja nicht gerechnet!”, kicherte Ino. “Kommt sie etwa auch mit Shikamaru?”

Temari verspürte den Anflug brodelnder Eifersucht, was aber eigentlich gar nicht angebracht war. Schließlich hatte sie kein Recht dazu. Hieß das jetzt, dass er mit Ino zusammen war? Waren sie ein Paar? Shikamaru ließ seinen Blick einmal komplett über Ino wandern.
„Du hättest dich nicht so schick machen müssen Ino.” „Gefällt es dir? Ich dachte wenn wir schon mal ausgehen, dann aber richtig.” Sie drehte sich um sich selbst, als wolle sie ihr Outfit präsentieren.
Das gefiel Temari überhaupt nicht. Sie bemerkte wie Shikamaru ihr einen flüchtigen Blick zu warf.

„Ach so, jetzt versteh ich das. Du hättest mir gleich sagen können, dass du keine Zeit hast”, sagte die Sabakuno an den Jungen gerichtet. Sie grinste ihn frech an. Innerlich war sie aber gekränkt. Wenn er in Ino verliebt war, dann brauchte sie sich keine Hoffnungen mehr machen. Ihr Herz schmerzte bei diesem Gedanken sehr.

„Na ja, das ist etwas kompliziert. Ich wusste ja nicht-”
„Nein schon gut! Ist okay. Ich lass euch zwei dann mal alleine. Viel Spaß noch”, unterbrach Temari ihn. Sie sah Ino an, die etwas verwirrt wirkte. Das war ihr aber gerade ziemlich egal.

Temari drehte sich um und verließ zügig das Anwesen. Wenn Shikamaru nicht an ihr interessiert war, dann musste sie sich das auch nicht antun. Sie hatte gewusst, dass sie verletzt werden würde. Das war der Beweis dafür, dass sie recht hatte…


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„Was war das den gerade?“, fragte Ino. Sie sah Temari nach, als diese fort lief. Shikamaru wollte ihr hinterher rufen, sie aufhalten, aber er tat es nicht. Jetzt hatte er seine Chance verpasst. Wahrscheinlich hatte er sie sogar verletzt, so wie Temari wirkte.

Ino sah ihm verständnislos ins Gesicht, bis sie sich plötzlich die Hand vor die Stirn schlug.
„Shikamaru!“, rief sie vorwurfsvoll aus. „Was sollte das?!“
Ino stellte sich ihm mit verschränkten Armen gegenüber. Sie sah ein wenig überrumpelt aus, aber sie schien wütend zu sein.

„Was meinst du?“, wollte der Nara wissen. Warum regte sie sich denn jetzt so auf?
Die Blonde stieß ein verächtliches Schnauben aus. „Was ich meine?! Du bist der größte Idiot der Welt! Ich weiß nicht, warum mir das nicht schon vorher aufgefallen ist! Wahrscheinlich bin ich ein noch größerer Idiot. Shikamaru!“

„Wovon redest du bitte?!“ Er stand der blonden Furie geschockt gegenüber. „Ach komm! Tu nicht so! Ich hab dich durchschaut, mein Lieber“ Ihr Gesichtsausdruck wechselte zwischen beleidigt und belustigt. Shikamaru verstand Ino ja nie besonders, aber jetzt war sie ein Buch mit sieben Siegeln. Alles wozu er fähig war, war ein ziemlich dämlicher Gesichtsausdruck.
Er hatte keine Ahnung wovon sie da redete.

Ino wirkte in der Dämmerung unheimlich. „Gut, dann werde ich dir wohl auf die Sprünge helfen müssen. Du-bist-in-Temari-verli-e-b-t!“ Sie zog die einzelnen Worte auseinander, als würde sie mit einem Schwerhörigen reden.
Augenblicklich, noch bevor er richtig realisierte was sie da gesagt hatte, schoss ihm die Röte ins Gesicht. Es war, als würde die Welt still stehen. Er konnte sich nicht bewegen, konnte nicht denken. Nur der eine Satz hallte in seinem nun leeren Kopf wieder.

Ino beobachtete ihn genau. Jede Winzigkeit wurde wahrgenommen, um es später gegen ihn zu verwenden. So wie sie ihn kannte, würde er es sicher gleich abstreiten, aber Ino wusste, dass es stimmte. Sie hatte genau ins Schwarze getroffen.
Im Inneren freute sie sich wie ein kleines Kind. Oh, sie liebte es, die Kupplerin zu spielen. Die Yamanaka überlegte sich schon Strategien, wie sie die Beiden am Besten zusammenbrachte.

Shikamaru versuchte sich daran zu erinnern, ob er es Ino jemals gesagt hatte. Nein, das war sein großes Geheimnis gewesen. Keinem hatte er es anvertraut, besonders nicht ihr. Er wusste genau, was dann passieren würde. Das, was jetzt passierte.
Natürlich hätte er es abstreiten können, aber dafür hatte er schon zu viel verraten.
Langsam wanderte sein Blick auf das Gesicht der Blondhaarigen. „Ino hör mal. Ich weiß was du jetzt vor hast, aber lass es sein. Bitte! Das bringt nur Unheil.“

Die Angesprochene kicherte leise vor sich hin. Schließlich stieß sie einen lauten Freudenschrei aus und fiel Shikamaru um den Hals. „Ich hab‘s gewusst! Du Charmeur! Und wie willst du ihr Herz gewinnen?“ Der Shinobi versuchte angestrengt aus Inos Klammergriff zu entkommen, aber sie ließ ihn nicht los. Genau aus diesem Grund hatte er es ihr nicht erzählt.

Ino ließ ihn frei und sprang freudig auf der Stelle. Sie benahm sich wie ein kleines Kind, nur, dass sie keines mehr wahr. „Kannst du bitte aufhören, hier so ein Theater zu machen? Meine Mutter könnte dich hören …“ Wieder fing sie an zu lachen. Anscheinend erfreute sie sich daran, wie peinlich Shikamaru das alles war. Dieser wusste nicht was schlimmer war. Die Tatsachen, dass Ino seine Chance auf ein Date mit Temari vernichtet hatte, oder, dass er Temari anscheinend verletzt hatte.

Während seine Teampartnerin sich immer noch über die neu gewonnene Erkenntnis vergnügte, versuchte er herauszufinden, warum die Sabakuno überhaupt so gekränkt gewirkt hatte. Es war seltsam, sie hatte doch überhaupt keinen Grund dazu. Schön, er hatte ihren Vorschlag ablehnen müssen, aber deswegen schaut doch niemand so traurig aus.
Besonders nicht, wenn die Person Temari Sabakuno heißt!
Aber warum sonst? Ihm fiel keine plausible Erklärung ein.

Ino find währenddessen an, Selbstgespräche zu führen:

„Ihr würdet ja so gut zusammenpassen!“
„Warum ist mir das nicht eher aufgefallen?“
„Wahrscheinlich, weil du ein viel zu großer Dummkopf bist.“
„Wenn ihr heiratet, wird unser Bündnis zu Suna enorm stärken!“
„Wenn du Temari verletzt, wird der Kazekage dich wahrscheinlich umbringen …!“

Bei ihrem letzten Satz verstummte sie. So weit würde es hoffentlich nicht kommen, aber Temari war auch niemand, der sich so leicht etwas sagen lässt.
Vielleicht würde sie es ja schaffen, Shikamaru zu motivieren …

Als Ino aufhörte zu reden, wurde der Nara aufmerksam. Durch die Stille hörte er ein Geräusch. Es waren Schritte. Aus dem Haus. Sie kamen immer näher. In ihm stieg die Panik hoch.

Seine Mutter!

Es war wie ein Fluch. Warum passierten nur ihm diese schlimmen Dinge?
Erst der Hausarrest, dann Temari und jetzt das pure Böse in Gestallt seiner Mutter!
Shikamaru hörte, wie sie die Treppe herunter kam, genau auf sie zu!

Seine blonde Partnerin schien währenddessen gemerkt zu haben, dass etwas nicht mit Shikamaru stimmte. Sie sah ihn besorgt an und wollte gerade den Mund öffnen, als jemand ihr zuvor kam.

„Was ist hier los? Shikamaru! Was machst du- oh. Ino, was für eine Überraschung!“, kam es von Yoshino. Innerlich zerbrach in ihrem Sohn das letzte Stückchen Hoffnung. Keiner konnte ihm zumuten, das hier auch nur eine Minute länger zu ertragen.

Wahrscheinlich tat er es aus Verzweiflung. Er stand so kurz vor einem Nervenzusammenbruch, dass er sein übliches Verhalten vergaß und einfach seinen Instinkten folgte.

„Ich muss hier raus!!“, schrie er und rannte davon. Er ließ seine verdutzte Mutter und eine überforderte Ino an der Tür stehen.



„Was hat er denn?“
„Keine Ahnung.“


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Mit Tränen
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