Fanfic: Seelenschlaf

Kapitel: Vergangenes und Gegenwärtiges

Kapitel 2: Vergangenes und Gegenwärtiges

Von weitem konnte Ava schon die Spitze des Weltentors erspähen.
Automatisch schritt sie etwas größer aus. Es waren noch circa eineinhalb Kilometer bis zum Weltentor. Letztendlich hatten sie sich anscheinend doch dazu durchgerungen das Weltentor außerhalb Morgentaus zu errichten. Nach der Katastrophe von damals…

Sie war sich nicht sicher, ob sie schon wieder im Vollbesitz ihrer gesamten Kräfte war, um Magie anzuwenden. Aber sie hatte keine Lust sich Blasen an den Füßen zu holen. Sollte sie oder sollte sie nicht?
„Versuchen kann man es ja.“, sagte sie zu sich selbst und verlangsamte ihre Schritte, bis Ava schließlich zum Stillstand kam. Die Weißhaarige atmete tief ein und aus, schloss die Augen, konzentrierte sich und riss sie Sekunden später wieder auf. Kurz schien es, als würde ihr Körper flimmern, doch zu spät, Ava war nicht mehr zu sehen. Sie stand oder eher lag vor dem Weltentor. Leise fluchte die Weißhaarige vor sich hin und richtete sich auf. Schon konnte sie das belustigte Glucksen von Lord Dorchadas vernehmen. Verärgert runzelte sie die Stirn und klopfte sich den imaginären Staub aus den Kleidern.
„Es sieht so aus, als seist du ein wenig aus der Übung, Ava.“, erklang die Stimme ihres Herrn. Ein fast schon animalisches Knurren entrang sich der Kehle der Weihhaarigen. „Unterstehen sie sich ihren Spott!“, keifte Ava Lord Dorchadas an und ihre Aura verdunkelte sich, sie wirkte erbost.
„Ist ja schon gut, Kindchen.“, sprach Lord Dorchadas und hob abwehrend seine Hände, gleichzeitig eine Geste der Entschuldigung. „Verwende deine Magie erst wieder, wenn du richtig genesen bist. Ava, ich denke, dass du die Konsequenzen gut kennst.“, fuhr der Rothaarige fort und blickte Ava eindringlich an.
„Bevor ich es vergesse: Hier, das kannst du gebrauchen!“, mit diesen Worten warf der Lord ihr ein schwarzes, rechteckiges Ding zu. Die Weißhaarige fing auf und beäugte es misstrauisch. „Was bei allen drei Reichen ist denn das?“, entfuhr es Ava und sie blickte ihren Herrn hilfesuchend an. Dieser ließ sich zu einem leichten Grinsen herab und gab ihr zur Antwort: „Das, Kindchen, nennt man Geldbörse. Darin ist die gültige Währung der Sterblichen enthalten. Schließlich kann ich es schlecht verantworten, dass du überhaupt nichts isst.“
„Wenn sie meinen…“, murmelte die Weißhaarige und nickte dem Rothaarigen zu. Sie war bereit. Lord Dorchadas verlor nun keine Zeit mehr, sondern bildete in seiner rechten Hand eine kleine, schwarze Kugel. Eine Dimensionskugel. Man benötigt sie um Weltentore zu aktivieren. Der Rothaarige gab der Dimensionskugel freie Bahn und diese schwebte in die Mitte des Weltentors. Dabei rezitierte Lord Dorchadas: „Oscail an geata. An geata na saol agus iad a thabhairt chuig an áit cheart. Impireacht na éisteacht a ríochta, an mortal agus an réimse na n anamacha caillte. Trua leat.[1]”
Das dreieckige Tor der Welten, begann im Zentrum, in den verschiedensten Farben zu schillern. Langsam formte sich die Kugl zu einem Rechteck und verbreiterte sich. Nach und nach wurde es größer und wandelte sich in ein Dreieck, das schließlich das ganze Weltentor ausfüllte. Jetzt konnte man nur noch drei Farben deutlich erkennen: Schwarz, Rot und Weiß. Der Rest vermischte sich zu verschwommenen, grauen Schlieren.
„Geh, Ava.”, sprach Lord Dorchadas zu ihr und sah sie an. Dieser Blick drückte aus, was er nicht aussprechen konnte: „Viel Glück.“ Die Weißhaarige nickte dankend und schritt durch das Weltentor.
Im Moment befand sie sich noch in einem Gewirr aus irreführenden Farbschlieren. Unwillkürlich spannten sich Ava‘s Muskeln an. Wo sie wohl landen würde? Sie hatte sich nämlich keine Zeit genommen in den Umschlag zu blicken, den sie erhalten hatte.
Noch befand sie sich in einem Gewülst aus Farbschlieren und ungenauen Formen. Allmählich verfestigten sich die Farbschlieren zu einer Umgebung: Die Konturen von Bäumen, einem Wald. Letztendlich stand sie irgendwo neben einem Wald auf einer Wiese, bei der ein Acker lag.
Ava’s Augenbraue zuckte gefährlich und die Weißhaarige holt e betont bedächtig den Umschlag heraus. Sie riss den Umschlag auf, holte den Zettel heraus und stieß einen spitzen Schrei der Empörung aus. Der Wald echote ihren Schrei.
„Dieser komplette Hakuchi [2]! Wenn ich Ihn erwische, kann er was erleben! Baka! Lord Dorchadas, sie können noch `was erleben! Mein Wort!“, brachte sich Ava in Harnisch.
Sie ließ den Zettel achtlos zu Boden segeln, machte kehrt und schritt entrüstet aus. Bestimmt gab es hier eine Straße! Und eine Straße, zeigte einem immer den Weg zur Zivilisation. Die Weißhaarige machte sich keine Gedanken über ihre, für diese Gegend, unübliche Kleidung. Sondern hielt weiter nach einer Straße Ausschau. Ein flüchtiger Blick zurück, fachte ihre Wut auf Lord Dorchadas nur noch mehr an.

Darauf stand:

Land – Irland
In der Gegend um Cork
Lebt in einem Cottage
[3]

Die letzte „Information“, hätte er sich auch sparen können! Ava vermutete nicht, dass Aoife’s Reinkarnation ein Höhlenmensch war.
Ungehalten rannte sie zu der entdeckten Straße, die etliche Schlaglöcher und Risse aufwies. Das war, wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, wie die Sterblichen so schön zu sagen pflegten.
Ava folgte der Fahrbahn gute drei Meilen, als ihr ein fahrendes Etwas entgegen kam. Ein Automobil oder so, soweit sie es noch in Erinnerung hatte. Sie wollte das seltsam anmutende Gefährt gerade dazu bringen, stehen zu bleiben als es eine unnatürliche Seitwärtsbewegung durchführte und zum Stillstand kam. Neugierig näherte sie sich dem Ding insoweit, dass sie noch zehn Meter Abstand zwischen sich und dem Gefährt hatte.
Sekunden später hörte die Weißhaarige eine fluchende, ziemlich laute, Frauenstimme aus dem Auto-dings. Die Frau, Ava vermutete stark dass es sich dabei um eine handelte, machte die Tür auf, kam heraus und stellte sich vor den Wagen. Naseweis trat Ava noch ein paar Schritte näher heran.
Die Frau stieß einige unflätige Worte aus und die Weißhaarige filterte das Wort Solas heraus. So, da zog wohl jemand den Namen Lady Solas´ in den Dreck. „Na der wird ich helfen…“, murmelte Ava erbost und rief gut verständlich zu ihr hinüber: „Zieh` den Namen Lady Solas´ nicht in den Dreck, Mesu[4]!“
Für einen Augenblick war Ava’s Wut auf Lord Dorchadas vergessen, als sich die Frau, es war wirklich eine, zu ihr umdrehte. Ava war schließlich nah genug um das Gesicht der Person zu sehen oder eher gesagt zu identifizieren.
„Rosalind?“, hakte die Weißhaarige vorsichtig nach. Das Gesicht der Frau blieb unverändert. „Wer? Ich?“, stellte die Frau zur Gegenfrage. Ava nickte. War es doch nicht Rosalind? Hatte sie sie mit jemand anderem verwechselt?
Das Gesicht der Frau erhellte sich nun schlagartig. Ihre goldbraunen Augen leuchteten auf. „Ava…? Du bist es wirklich! Was in Dorchadas‘ Namen führt dich hierher?“, erkundigte sie sich noch während Rosalind vollends auf Ava zutrat und ebendiese in eine feste Umarmung zog.
„Eben genau der, Rosalind. Ich werde dir später alles erklären…Du hast dich wirklich verändert!“, gab die Weißhaarige zurück und löste die Umarmung wieder. Rosalind kicherte: „Ich bin eine Sterbliche, Ava. Das ist das vollkommen normal, zu altern. Aber du scheinst dich auch verändert zu haben. Deine Haare sind schneeweiß geworden, wie das einer Oma!“ „Halt den Mund! Ich mag die Haarfarbe!“, wehrte sich Ava gegen die Neckerei, ihrer alten Freundin. „Übrigens…Was ist mit deinem Digs da passiert?“, informierte sie sich und deutete auf das Auto.
Rosalind’s Gesichtsausdruck verdüsterte sich. „Das Rad ist auf der rechten Seite weggeklappt…Dürfte dir herzlich wenig sagen…Ich muss den Abschleppdienst informieren, wenn wir heute noch hier wegkommen wollen…Also wenn du mich einen Moment entschuldigen würdest.“ Danach zog die Braunhaarige ein rechteckiges, stabiles, rotes Ding aus ihrer Jackentasche heraus und hämmerte darauf ein. Es musste wirklich stabil sein...Dann hielt sie es sich an die Ohrmuschel und führte mit dem Kästchen ein Gespräch. Seltsam, diese Sterblichen…
Die ganze Zeit über stand Ava etwas ratlos daneben und fragte sich, wie das wohl funktionierte. Mit einem Kästchen zu reden. Ob das ihre…Geldbörse auch konnte?
Bis ihr wieder einfiel, weshalb sie überhaupt hier, in Irland, war. Dies brachte auch ihre Wut auf den Rothaarigen zurück.
Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrt gemacht, Schloss Morgentau aufgesucht und Lord Dorchadas den Hals umgedreht. Aber leider ging das nicht.
Gerade beendete Rosalind ihr Gespräch mit der kleinen rechteckigen Box und wandte sich Ava zu: „Darf ich jetzt fragen was dich herführt…?“ Ava’s schwarze Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen und sie presste mühsam beherrscht hervor: "Wenn ich nicht mehr den dringlichen Wunsch verspüre Lord Dorchadas den Hals umzudrehen, ja.“ Rosalind grinste und die hervorkommende Sonne bestrahlte ihre kastanienbraunen Schopf.

Etwa zwei Stunden später saßen Ava und Rosalind am Küchentisch von Rosalind‘s Cottage. Sie unterhielten sich mehr oder wenig. Rosalind hatte Tee aufgebrüht.
Nachdem der Abschleppdienst ihr Auto mit in die Werkstatt genommen hatte, hatte der Fahrer sie noch zu Hause abgesetzt Nachbarschaftsdienst, hatte dieser es genannt. Na ja, sie wären ziemlich angeschmiert gewesen, hätte man ihnen diesen Dienst nicht erwiesen.
Denn Rosalind lebte in Bellafeard. Wenn man Bellafeard ein Kaff nennen würde, wäre das zu hochgegriffen. Auch wenn es einen Friedhof hatte. Doch gab es außer Rosalinds Cottage nur noch ein, zwei weitere Häuser, wovon eines eine Tankstelle war.
„Oh man, jetzt kann ich die nächsten Tage sehen, wie ich zur Arbeit komme…
Suche
Profil
Gast
Style