Fanfic: Seelenschlaf
vielleicht mit Cecilia? Zum Glück holt sie heute Tim von der Schule ab…“, resignierte Rosalind gequält und ließ ihren Kopf auf die Tischplatte sinken. Die Küche war ziemlich klein, es passte gerade noch so ein Tisch mit Stühlen hinein, jedoch war sie sehr gemütlich.
Ava hörte ihr zu, rührte mit ihrem Löffel in der Teetasse herum, auf der I’m a donkey! stand und erwiderte: „Halb so schlimm wie mein Aufenthalt im Reich der Sterblichen!“ Ihr Gegenüber starrte sie kurz erstaunt an und hakte sogleich nach: „Ich wusste, dass es einen guten Grund geben musste, damit du dich hierher begibst. Welcher ist es denn?“ Ava seufzte fast unmerklich auf.
„Ich soll Aoife’s Reinkarnation finden…“, antwortete die Weißhaarige schließlich. „Sie wurde also wirklich wiedergeboren? Ihr Tod war ein Shock für uns alle.“, meinte Rosalind und fügte noch hinzu: „Wo ist denn Liam? Ich denke ihn interessiert es sehr, Aoife’s Reinkarnation zu finden…“
Der Blick der Weißhaarigen war schwer zu deuten, denn einen kleinen Augenblick lang sah sie verletzt aus, dann jedoch spiegleten sich in ihren Augen Emotionen wider, die für die Braunhaarige zunächst unverständlich waren. Bis zu Ava’s Auskunft: „Weg…Er ist weg.“ „Wie meinst du: weg?“, wollte Rosalind verwirrt wissen. Weshalb sollte Liam weg sein? Er hatte die beiden doch immer sehr gemocht.
Doch Ava schwieg.
„Aber…“, begann die Darcy. „Das geht dich nichts an!“, fuhr Ava scharf dazwischen. Sie ertrug es nicht, noch länger über Liam zu sprechen.
Rosalind biss sich auf die Unterlippe. Die Spannung lag in der Luft, elektrisierte sie. Beide schwiegen nun. Für eine Weile herrschte Stille, keine der beiden Frauen sprach. Ava, weil sie es nicht für nötig hielt und Rosalind aus Scham zu weit gegangen zu sein.
„Ich denke, ich sollte jetzt weitergehen…“, setzte die Weißhaarige an. „Warte, Ava…Bitte, bleib.“, bat die Braunhaarige eindringlich. Ava wollte schon ablehnen, doch aus unerfindllichen Gründen tat sie es nicht: „Gut.“ Fürs erste hatte sie also eine Unterkunft.
„Cecilia ist noch arbeiten und Timothy ist auch noch in der Schule. Cilia holt Tim heute ab.“, teilte die Darcy Ava mit. Sie würde also noch mehr Leute kennen lernen…“Was ist mit diesem…E…wie hieß er gleich noch? Edding? Was ist mit dem?“, erkundigte sich die Weißhaarige beiläufig, da sie sich wieder ein wenig gefangen hatte. Über Rosalinds Gesicht huschte ein Schatten, bevor sie entgegnete: „Eric…ist vor acht Jahren gestorben. Bei einem Arbeitsunfall.“ „Oh…“, war alles was Ava dazu einfiel. Die Braunhaarige stand kopfschüttelnd auf und holte verschiedene Lebensmittel hervor. „Es braucht dir nicht leid zu tun. Ein Stahlträger fiel auf ihn herab. Eric war sofort tot…Aber ich weiß immerhin ja, dass er nun im Reich der verlorenen Seelenlebt, bis er eines Tages wiedergeboren wird…Vielleicht treffe ich ihn dann ja…“ Rosalind holte zwei Töpfe aus einem Küchenschränkchen. Offensichtlich bereitete sie das Abendessen vor.
„Wenn du pinkeln musst, das Bad ist den Gang runter die dritte Tür von links. Das Gästezimmer, folglich nun deines, liegt direkt gegenüber. Such dir aus meinem Schrank ein paar Klamotten raus. Mein Zimmer ist das erste von links.“, informierte die Braunhaarige Ava.
Stumm folgte die Weißhaarige die durch die Blume ausgesprochene Bitte zu gehen. Ava betrat Rosalinds Zimmer und schenkte der Einrichtung keine große Aufmerksamkeit, sondern öffnete die Schranktüren aus Erlenholz. Wahllos griff sie hinein und nahm ein paar Kleidungsstücke heraus.
Das war also schon einmal erledigt.
Leise aufseufzend blickte sie in den Spiegel, starrte das bleiche Gesicht an. „Du bist so dumm, Ava. So dumm.“, sagte sie zu sich selbst. Soeben wollte sie ihren Blick schon abwenden, als ihr plötzlich Aoife’s halbtotes Gesicht entgegen starrte. Ava hielt abrupt inne und keuchte verhalten auf. Das konnte nicht wahr sein!
„Ava….Liebes…hör zu.“, hauchte Aoife’s Stimme. Die Weißhaarige erblasste.
Angst überrollte sie. Panisch rief sie dem Bildnis im Spiegel entgegen: „Geh weg, verschwinde! Hau ab! Lass mich in Ruhe! Du bist nicht echt!“ Der liebevolle Gesichtsausdruck Aoife’s verschwamm. Sie sah nun eine Aoife,die nicht Aoife sein konnte und es doch war. Surreal. Das Wort traf einzig und allein zu.
„Na warte! Was glaubst du eigentlich?“, spie Aoife’s verzerrtes Spiegelbild mit blecherner Stimme, „Das wird nicht das letzte Mal sein!“ „Du bist nicht Aoife! Verzieh` dich!“, kreischte die Weißhaarige. „Stirb, Unwürdige!“, zischte Aoife mit abermals blecherner Stimme. Unvermittelt streckte die „Spiegel-Aoife“ ihre Hand nach Ava aus. Die Hand kam aus dem Spiegel! „Nein.“, sprach Ava mit erstickter Tonlage. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Ihr Körper begann zu zittern. Doch sie musste sich zusammenreißen.
Blind griff sie hinter sich, bekam etwas zu fassen und schmetterte so einen Schraubenschlüssel nach vorn. Schrill klirrte es, als der Spiegel in unzählige Scherben zerbarst.
Ava atmete schwer. Der Spuk war vorbei.
Sie trat, wie in Trance, ein paar Schritte zurück und stieß gegen einen Gegenstand. Ihre Beine zitterten so stark, dass sie sich einfach an dem Gegenstand herabgleiten ließ und wie paralysiert den, in Scherben zerbrochenen, Spiegel fixierte. Ava hatte keine Ahnung, wie lange sie diesen Spiegel nun schon anstarrte, als es an der Badezimmertür klopfte. „Ava?“ Geht es dir gut?“, vernahm die Weißhaarige die besorgten Worte der Darcy, wie aus weiter Entfernung.
Die Decke war kalkweiß und wirkte eintönig. Uninteressant und doch studierte Ava sie ununterbrochen.
Das fahle Mondlicht, das durch die Vorhänge lugte, erleuchtete nur einen schmalen Streifen, der sich durch die Hälfte ihres Zimmers zog. Obwohl die Heizung aufgedreht war und Ava eine warme Decke besaß fror sie. Was war das im Bad gewesen? Aoife’s Geist war es nicht, konnte es nicht sein. Denn ihre Seele war wiedergeboren worden. Was oder wer war es gewesen? Sie kannte niemanden der Illusionen hervorrufen konnte.
„Komm schon, Ava!“
„W-was? Wo…bin ich hier?“, verunsichert drehte die Weißhaarige ihren Kopf hin und her, versuchte ihre Umgebung wiederzuerkennen.
„Ava, wird’s bald? Wir müssen noch Aoife abholen!“, erklang die ungeduldige Stimme wieder.
Nun erkannte sie ihre Umgebung. Ihr Anwesen etwas abseits von Morgentau.
„Ja~ha! Bin schon da, Liam! Nur keine Hektik.“, sagte ihr schwarzhaariges Ich und kam herbeigeeilt.
Ava dämmerte es, wie glücklich sie damals ausgesehen hatte. Nein, sie war glücklich gewesen. „Ich erinnere mich…Es war kurz vor meiner Aufnahmezeremonie.“, meinte sie zu sich selbst. „Aber wie geht das? Dreitausend Jahre zurückblicken? So klar?“
Die schwarzhaarige Ava kam auf Liam zugeeilt und lächelte ihn an. „Na endlich! Aber wir werden zu spät sein!“, meinte Liam und sah sie gespielt resignierend an. „Ach Quatsch! Ohne mich geht heute nichts!“, erwiderte Ava, „und außerdem wir werden pünktlich sein…irgendwie eben.“
Die Weißhaarige war näher herangetreten. Beobachtete sich selbst mit Liam vor so langer Zeit. Als noch alles in Ordnung war. Ein Wunder, dass man es mir nicht an der Nasenspitze angesehen hat…“, raunte Ava vor sich hin, als sie sah, wie sie sich strahlend bei Liam unterhakte und per Teleporttation verschwand.
Das Haus lag verlassen da.
„Siehst du, wie schön es war?“, vernahm Ava eine weibliche Stimme. Ruckartigwandte sich die Weißhaarige um und erkannte Lady Solas. „Lady Solas…“, Ava verbeugte sich, „…was ist das hier? Und wie kommen sie hierher?“, wollte sie verwirrt wissen und sah die Besagt fragend an.
„Es ist eine Erinnerung, deinerseits. Dein Geist, deine Seele versucht verzweifelt wieder dieses Glück zu spüren, auch wenn nur hier, an diesem Ort.“, sprach Lady Solas und bewegte sich grazil auf Ava zu. Ihr blondes Haar schien vonselbst zu leuchten und ihr engelgleiches Gesicht mit den mintgrünen Augen zeigten keine große Gefühlsregung. Wie immer., wenn man auf Lady Solas traf.
„Aber weshalb sind sie dann hier?“, widerholte Ava ihre Frage hartnäckig, doch Lady Solas deutete nur ein Lächeln an und löste sich in abertausende Lichtfunken auf.
Die Szenerie veränderte sich. Es regnete. Sie sah zwei Gestalten im Regen sitzen. Wie fremdgesteuert bewegte sich die Weißhaarige auf die beiden Personen zu. Bald schon hatte sie sie erkannt. Es waren Liam und sie selbst.
„Nein! Ich will das nicht sehen! Weg!“, doch ihr tonloser Protest war wirkungslos. Sie konnte Augen und Ohren nicht vor Kommendem verschließen. Die Szene spielte sich erneut vor ihr ab:
„Du..hast sie umgebracht!?“, rief er. Ihr Blick richtete sich auf Liam.
„Liam…“ „Nenn` mich nicht so! Du hast sie umgebracht?!“, brüllte er sie an. „…es tut mir Leid.“, raunte Ava immer wieder. Der Blonde war abrupt aufgesprungen und drehte sich um und ging davon. Ließ sie zurück. Verschwand.
Ihr Oberkörper fiel nach vorn in die aufgeweichte, schlammige Erde. Bevor sie das Bewusstsein verlor besah sie noch einmal Aoife`s Amulett und hauchte: „Es tut mir Leid…Liam, es tut mir so Leid!“ Danach schlossen sich ihre Augen. Ein kleiner, roter See bildete sich unter ihr, der sich allmählich mit dem schlammigen Dreck vermischte…
Sie fühlte Etwas kaltes und glattes an ihrem Hals. Blinzelnd öffnete sie ihre Augen. „Was…was bei Solas Gnade ist das gewesen?“, krächzte sie schweißgebadet. „Das weiß ich nicht. Aber dein Untergang ist nah. Ich bin dein Untergang.“, wurde ihr ins Ohr geflüstert. Und die gefühlskalte Stimme verursachte bei ihr eine Gänsehaut. Nun erst bemerkte sie auch, dass sie nicht in ihrem Bett lag sondern saß.
Die furcht krallte