Dämonenschatten

sie kühl. Die junge Dame schien immer noch nicht ganz zu verstehen.
Amele atmete tief durch. „Komm her“ sie winkte und wusste genau, dass das Mädchen ihre Hände bemerkt hatte.
„Ich leg meine Hand auf deine Schulter und du gehst voraus“ Das Mädchen blieb still, aber vorsichtig nahm sie Ameles Arm und legte ihre Hand auf ihre Schulter.


„Ihr seid spät“ Meinte die Schwester kühl.
Amele sparte sich eine Antwort, hintereinander betraten sie den Raum, wo bereits einige Herren sie erwarteten, man bat ihnen einen Platz an, den natürlich Schwester Enne, die Leiterin der Bibliothek höflich ablehnte.
Amele hörte wie ein Stuhl nach hinten geschoben wurde und sich jemand erhob.
„Werte Schwestern, im Namen des Herrschers von Rezick darf ich Euch willkommen heißen“ Stadthalter Merold war ein kleiner untersetzter Mann, mit faltigem Gesicht und grauen, scharfen Augen. Er war ein strenger, aber fairer Mann, der das Wohl der Stadt fest in seiner Hand hatte. Er war kein Adliger, doch genoss er den Respekt der oberen Schicht, mehr als jeder andere. In jungen Jahren hatte er Handelsbeziehungen zu anderen Ländern erschlossen und durch gute Geschäfte ein Vermögen gemacht. Noch immer galt er als der wohlhabendste Mann im Reich. Selbst, so munkelt man, der Herrscher besäße nicht seinen Reichtum. Und doch hatte er ein bescheidenes Auftreten, der Stadthalter Merold.

Den Geräuschen nach zu urteilen setzte er sich wieder auf seinen Platz und einer der Ratsherren erhob sich.
„Seid etwas mehr als drei Wochen“ Begann der Mann, ohne große Umschweife. Er hatte eine tiefe Stimme. „Werden Menschen krank. Bereits 18 Bürger ließen ihr Leben“
Er zögerte einen Moment und Amele wusste, dass er sie musterte. Sie fühlte sich unwohl in der Stille, wusste was er jetzt sagen würde.
„Die Erkrankten, klagten über Müdigkeit, Probleme mit der Sicht, dann kam bei manchen noch ein Wahn hinzu“ Seine Stimme wurde lauter.
„Es ging soweit, dass sie vor Schwäche nicht mehr das Bett verlassen konnten und ihre Augen wurden trüb“ Wieder diese Stille und nun fühlte Amele es deutlich, dass man sie anstarrte.
„Wie hat man die Betroffenen versorgt?“ Fragte Schwester Enne. Amele war froh, dass ihre Mitschwester die Stille brach. Der großgewachsene, dunkelhaarige Mann musterte noch einmal die blinde Schwester bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Schwester Enne schenkte.
„Sie wurden in das Hospital der Stadt gebracht“ Meinte er stolz.
„Dr. von Gest, würdet Ihr Euch später die Zeit nehmen und uns die Betroffenen zeigen. Auch die bereits verstorbenen, deren Leichen noch nicht bestattet wurden“ Der Mann nickte. Noch einmal streifte sein Blick Amele.
„Nun, wir wollen keine Panik unter der Bevölkerung“ Begann der dritte Herr zu sprechen. Habor von Ohlsorf hatte ein kantiges Gesicht, dunkles Haar, das er streng nach hinten gebunden hatte. Er war der Befehlshaber der Stadtwache und ein hoher Rang im Königlichen Militär.
„Es war meine Schwester, die mir vorschlug die Heilerinnen des Orden zu kontaktieren“ Begann er.
„Ich erinnere mich an Eure Schwester“ Meinte Schwester Melicia mild.
„Es war ein großer Verlust, als sie entschied unsere Gemeinschaft zu verlassen“
„Den werten Schwestern wird jeglicher Zugang gewährt, wenn Ihr etwas braucht, kann man uns zu jeder Zeit erreichen.“ Meinte der Stadthalter freundlich.
„Doch bitte ich zu bedenken, dass die Menschen Angst haben. Schürt diese nicht“ Damit erhob er sich und verabschiedete die Frauen. Andere Termine standen an.
Schwester Enne bedankte sich. Nichtssagende Floskeln adliger Etikette und verließ als erste den Raum, gefolgt von Schwester Melicia, die Ausbilderin der Novizinnen und Schwester Berena, die noch nie ein große Rednerin war.
Als Amele sich langsam umwandte, um ihren Schwestern zu folgen, hörte sie, wie sich jemand erhob und eilig auf sie zu steuerte. Man packte sie grob am Arm und drehte sie vom Eingang weg. Sie zuckte zusammen, was ihren Gegenüber nicht minder störte.
„Dr. von Gest, gibt es ein Problem“ hörte sie Schwester Enne hinter sich. „Diese Zeichnung der Adern“ Er packte Ameles Hände grob.
„Diese Färbung haben die Kranken auch aufgewiesen“ Es war das erste Zeichen, wenn die Adern an den Händen sich blau verfärbten und wie feine Linien sich von der Haut abhoben. Wer am Dämonenschatten starb, hatte ähnliche Zeichnungen auch an Kopf und Brust. Aber bei den Heimkehrern die überlebten, stoppte es. Unter den Schwestern nannte man es die Kralle.
„Dr. von Gest“ Meinte Schwester Enne bestimmt.
„Lassen Sie die Schwester los“ Der Dr. funkelte die ältere Dame an, folgte aber ihrer strengen Bitte.
„Ich will Antworten“ Meinte er gepresst und machte einen Schritt zurück.
„Wir werden Eure Fragen klären, soweit wie wir es vermögen“ Sie nahm Ameles Hand, die reglos mit schmalen Lippen dastand. Sie zuckte leicht unter der Berührung zusammen.
Die Schwestern verließen den Raum. Schwester Enne schien mehr als nur verstimmt darüber zu sein, dass Dr. von Gest Schwester Amele ins Fadenkreuz genommen hatte. Immerhin hatte die Äbtissin als oberstes Gebot verlangt, die Geheimnisse des Ordens zu hüten.
Vor der Türe wartete die junge Hofdame geduldig, die Amele hergeführt hatte. Schwester Enne winkte sie zu sich, drückte Ameles Hand auf die Schulter der jungen Frau. „Bringt Sie zu ihren Gemächern“ Meinte sie bestimmt. „Schwester, Ihr werdet dort warten, bis ich nach Euch schicken lasse“ Damit wandte sie sich ab und verschwand mit den anderen Schwestern.
„Wie ist dein Name“ Fragte Amele leise, als sie von der jungen Frau sicher durch die endlosen Gänge geführt wurde.
„Esther“ Antwortete die junge Frau zaghaft.
Sie blieben stehen und Esther öffnete Amele die Türe. „Danke“ Amele zwang sich zu einem knappen Lächeln und verschwand in ihrer Kammer. Esther atmete tief durch. Die Schwestern waren unheimlich und die Hände der jungen Schwester waren wie die Hände von einer der Hofdamen, die erkrankt war. Sie musste Ciel davon berichten. Auch wenn er ihre Angst nicht teilte. Sie fürchtete sich davor krank zu werden. Und jetzt war sie dazu abgestellt worden, dieser seltsamen Frau zu dienen.
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