Das Tagebuch der Soraya
das Buch mit, sicher war sicher.
Draußen schwebte mittlerweile der Schnee in dicken Flocken langsam zu Boden und die Temperatur war massiv gesunken. Robin war echt froh, warme und trockene Kleidung zu haben.
Hoffentlich fanden sie einen Weg, um wieder nach Hause zu kommen, denn Berrys waren hier keine gültige Währung. Das hatte sie schon bemerkt. Nur hoffentlich bemerkte der Wirt, bei dem sie im Moment ein Zimmer belegten, das nicht so schnell.
Sonst würden sie doch im Gefängnis landen.
„Ich seh hier keine Kirche“, sagte Nami nach kurzer Zeit und hängte schnell noch ein zweideutiges:„Dann können wir doch wieder gehen“ dran.
„Es muss hier aber eine geben“, gab die Schwarzhaarige nur lapidar zurück, sie war jetzt schon so in der Stimmung für dieses Rätsel, dass sie sich auf nichts anderes mehr konzentrieren konnte, oder wollte.
„Aber Robin, wie sollen wir eine Kirche oder eine Kathedrale finden? Sowas kann man doch eigentlich nicht übersehen.“
Robin musste nicken, normalerweisen waren Kirchen das höchste Gebäude eines Ortes.
„Besser wir fragen jemanden.“
Ihr Blick schweifte über die verschneiten Straßen und erblickten einen kleinen Jungen der auf sie zuging.
Robin ging dem Jungen entgegen und kniete sich vor ihm hin. Verwundert stoppte der Kleine und blickte Robin Stumm an.
„Hallo, wir sind Fremde und suchen eine Kirche oder eine Kathedrale. Kannst du uns bitte weiterhelfen?“
„Natürlich kann ich euch helfen. Seid ihr auch so Hochnasen die beten wollen?“
„Hochnasen?“, fragte Robin und blickte etwas verwirrt.
Der kleine Junge musste lachen. „Na so alte Frauen die immer so gehen“, er streckte seine Nasenspitze so weit wie möglich nach oben und stellte sich auf seine Zehenspitzen.
Robin musste lächeln „Nein, wir sind keine Hochnasen, bringst du uns trotzdem hin? Bitte, es eilt sehr.“
Der kleine Junge nickte und führte sie.
Robin ging ihm bereitwillig nach und Nami musste, gezwungenermaßen, auch mitgehen.
„Da wären wir“, verkündete ihr Wegweißer stolz.
Nami hob eine Augenbraue an, denn der Turm des riesigen Gebäudes war bis auf einen kleinen, winzigen Rest eingestürzt, welches von einem kleinen Gerüst gerade noch so gestützt wurde.
„Was für 'ne Bruchbude…", murmelte die Orangehaarige.
Deswegen konnten sie den Turm wahrscheinlich nicht gesehen haben, er war schlicht und einfach eingestürzt.
„Was ist denn da passiert?“, fragte die Navigatorin und deutete auf den kläglichen Rest des Turmes.
Der Junge zuckte mit den Schultern, „Das kann ich leider nicht sagen, der Turm ist schon eingestürzt seit ich denken kann.“
Robin nickte, das wirkte auf sie interessant.
Wieso wohl war dieser Turm eingestürzt?
Sie wollte das unbedingt noch herausfinden, doch zunächst sollten sie in das Innere der Kathedrale gehen.
„Warte mal, Robin“, hielt Nami die Schwarzhaarige auf. Danach richtete sie sich an den kleinen Jungen
„Sag mal, wieso bist du nicht im Gottesdienst? Heute ist doch Weihnachten.“
Der Kleine legte den Kopf schief, „morgen ist Weihnachten, immer am Morgen des ersten Weihnachtstages.“
Robin hörte dem gespannt zu, scheinbar war in dieser Welt manches doch anders, aber das war jetzt ein Vorteil. So platzten sie wenigstens nicht in einen Gottesdienst rein sondern hatten die Kathedrale einigermaßen für sich.
„Ich muss dann mal los. Viel Freude beim beten!“
Damit verabschiedete sich der kleine Junge und rannte weg.
Nami sah dem Kleinen noch ein wenig hinterher, sie konnte den Nervzwerg schon jetzt nicht leiden und sie wusste noch nicht mal, warum.
„Lass uns gehen“, sagte Nami und sah sich um. Ein Seufzer entwich ihr.
Robin hatte sie allein gelassen.
Schnell ging sie selbst die vereiste Treppe hoch und trat in das Innere der Kathedrale.
Schnell hatte sie die Schwarzhaarige entdeckt, stumm stand diese vor einer Leiter.
Nami trat an Robin heran und blickte in ihr blasses Gesicht. „Robin, alles in Ordnung?“
Ein Kopfschütteln war die Antwort, „nein, hier stimmt etwas nicht.“
Nami wusste nicht, was die Schwarzhaarige meinte. Sie berührte das Holz vor ihr, das schien eine ganz normale Leiter zu sein.
Plötzlich ging eine alte Frau zu ihnen. „Guten Abend“, grüßte sie und ging einfach durch die Treppe hindurch. Als wäre sie gar nicht da, als wäre die Leiter Luft.
Nami bekam jetzt auch etwas Angst. Hier stimmte wirklich etwas ganz und gar nicht.
Ihr Blick ging nach oben, sie wollte wissen wohin diese Leiter führte.
Die Kathedrale hatte eine gewaltige Kuppel als Dach und lag in extremer Höhe.
Wandmalereien von Engeln und schönen Menschen zierten jeden Zentimeter der Wand.
Doch dort wo die Leiter endete, war eine kleine Ebene aus Holz zu sehen. Die Ebene wirkte nicht gerade stabil, eher wie ein kleines Baumhaus, doch wieso war so etwas in einer Kathedrale gebaut worden?
Robins Finger zitterten leicht als sie beide Hände um die Seiten der Leiter schloss und einen Fuß auf die erste Sprosse ablegte.
„Du willst doch nicht da hoch“, Namis Stimme klang warnend und besorgt.
„Was soll schon passieren“, meinte Robin nur trocken und stieg die Leiter langsam nach oben.
„Du könntest runterfallen“, rief Nami. Schnell blickte sie sich um, hoffentlich war Niemand mehr hier.
„Ach was, komm mit“, Robin blickte über ihre Schulter nach unten und lächelte zu Nami. Selbst wenn sie runterfällt, ihre Teufelskraft würde sie ohne weiteres verwenden können um sich zu retten.
„Vergiss es! Ich klettere da bestimmt nicht hoch!“, stur wie sie eben war stellte sie sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust.
Robin war das auch recht, dann würde sie halt als einzige sehen, was auf dieser Ebene war.
Es waren gut und gerne noch zehn Meter bis zu der Holzebene doch das war jetzt schon verdammt hoch oben. Immer wieder schwankte die Leiter gefährlich und Nami musste sie festhalten, worüber Robin ihr mit einem Lächeln dankte.
Die Schwarzhaarige stieg die letzten Meter eilig nach oben, je eher sie auf dieser Ebene war desto besser.
Die Augen der Archäologin schweiften interessiert über die kleine Holzebene. Es stand nur ein alter Stuhl in der Mitte, sonst nichts. Aber dieser Ort strahlte etwas Ungewöhnliches aus.
Moment, da war doch etwas.
„Nami“, rief sie nach unten.
„Ja?“
„Schlag mal das Buch auf“, forderte Robin von der Orangehaarigen.
Diese nahm das Buch vom Boden und schlug es auf. Einige Zeit passierte nichts, doch so plötzlich wie auch die letzten Male begann es hellblau zu leuchten und wieder wurden Buchstaben geschrieben.
~
Wer auch immer du bist,
du musst nach dem suchen was Mein ist.
Ein einsamer Stuhl symbolisiert den Tod,
und ein Engel steht für Unsterblichkeit.
Verbinde den Tod und die Unsterblichkeit,
dann findest du, was eigentlich hätte Mein sein sollen.
~
Nami las die Worte laut vor und Robin hörte aufmerksam zu.
Sie wusste anfänglich nichts damit anzufangen, doch sie würde das Rätsel lösen.
Robin ging zu dem Stuhl und betrachtete ihn. Ja, so ein einsamer Stuhl vermittelte wirklich etwas von einem Tod.
Aber was war mit dem Engel gemein?
Wieder ließ sie ihren Blick schweifen. Hier musste irgendwo ein Engel sein.
Robin erblickte einen, an der Wand von der Kuppel über ihr gemalen.
Es war ein einfacher, aber wunderschöner Engel. Der Engel hatte lange Blonde haare und hielt in der Hand eine Fackel mit einem Feuer. Das musste das Zeichen für Unsterblichkeit sein. Doch wie sollte sie da ran kommen, es stand ganz klar etwas von Verbinden da.
Robin überlegte Angestrengt, was könnte das nur für eine Bedeutung haben?
Der Stuhl und der Engel an der Wand, sie musste diese beiden Dinge Verbinden.
Robin kam plötzlich eine Idee, sie nahm den Stuhl und stellte ihn unter die Engelsmalerei.
Als nächstes stellte sie sich selbst auf den Stuhl der gefährlich knarzte und drohte, unter ihrem Gewicht zusammenzubrechen.
Der Engel war nun erreichbar, sie musste nur die Hand ausstrecken.
Tief atmete sie noch ein bevor sie die Flamme an der Engelstatue berührte.
Eine wahre Flut von Freude und Trauer durchströmte sie. Ein wahrer Kampf schien in ihr ausgefochten zu werden. Ein Kampf ohne Ende. Der Tod und die Unsterblichkeit waren ständige Konkurrenten, wobei aber meistens der Tod gewann.
Robin ließ von der Statue ab. Nein, sie wollte nicht länger im Kampf zwischen Leben und Tod stehen.
„Ein kluges Mädchen bist du.“
Robin blickte sich um, da war jemand. Ein Mann, wie sie an der Stimme erkennen konnte.
Erst als sie sich umdrehte erkannte sie diesen Mann.
Ein Mann mit leichtem Bart und strubbligen, braunen Haaren. Sein Gesicht war voller Falten und ließen ihn Alt wirken. Aber was Robin am meisten stutzte, war die Tatsache, dass dieser Mann halbdurchsichtig war.
Ein Geist?
„Wer sind Sie?“, fragte sie forsch nach. Dieser Mann machte auf sie keinen freundlichen Eindruck.
„Ich bin Don Alonso, und du bist die jenige, die gleich merken wird, was es heißt mich sichtbar zu machen!“, er stapfte zu Robin und blickte sie wütend an.
Der Schwarzhaarigen wurde mulmig als sie in das wütende Gesicht blickte, das vor voller Hass und Unzufriedenheit nur so gezeichnet war.
Das machte ihr dann schon etwas Angst, zumal dieser Don Alonso noch so eine tiefe und angsteinflößende Stimme hatte.
Der Geist streckte eine Hand aus und griff nach der Schwarzhaarigen, doch sein Griff ging einfach durch sie hindurch und Robin spürte noch nicht mal ein Kitzeln.
Fies musste Robin grinsen, der Kerl konnte ihr also nichts anhaben.
„Bist du ein Geist?“, fragte sie.
„Was geht dich das an“, seine Stimme klang gequält, leicht ungläubig. Als konnte er nicht glauben, das ihn das jemand fragte, ihm diese Frage aber trotzdem nicht gefiel.
„Naja, wenn ich dich also sichtbar gemacht habe und du das nicht willst. Was würde dann passieren, wenn ich jedem von dir erzähle? Ob das besser