Das Tagebuch der Soraya
für dich wäre“, Robin musste süffisant lächeln, auf so eine Art von Spielchen stand sie.
Don Alonso schnaubte, „ja, ich bin ein Geist. Reicht dir das!“, knurrte er mehr als er sagte.
Robin hob ihre Hand, „sei nicht so unfreundlich“, mahnte sie den Geist.
„Die grausame Welt hat mich zu dem gemacht, ich kann nicht anders“, zischte er.
„Wie meinst du das?“, Robin setzte sich auf den Stuhl der immer noch dort stand und wartete darauf, dass der Geist zu sprechen begann.
„Das geht dich nichts an. Verschwinde einfach und lass mich in Ruhe“, Don Alonso drehte der Schwarzhaarigen den Rücken zu.
„Jetzt warte doch mal, ich will dir doch nichts Böses tun. Vertrau mir.“
Als der Geist das Wort Vertrauen vernahm, wurde er nur noch unendlich Traurig und so unglaublich wütend zu gleich. Dieses Wort löste in ihm ganze Romane von Emotionen frei, und das waren alles nur schlechte Gefühle, kein einziges davon war gut.
So viel Schlimmes verband er mit diesem einzigen Wort.
„Ich habe Vertrauen schon vor langer Zeit aufgegeben“, waren seine einzigen Worte dazu.
Er hoffte nur, diese Schwarzhaarige Frau würde ihm nicht zu sehr mit diesem Wort auf die Nerven gehen.
Robin stand wieder auf und ging langsam zu dem Geist. Ihr gingen wieder diese Worte aus dem Buch durch den Kopf, dass sie das finden würde, was eigentlich Ihr gehören sollte. War er damit gemeint? War dieser Geist mit Namen Don Alonso damit gemeint?
Aber welche Verbindung stellte er dar?
„Kennen Sie zufällig Jemanden mit Namen Soraya?“
Wütend blickte der Mann zu Robin. „Erwähne diesen Namen nicht noch ein Mal“, drohte er ihr mit scharfer Stimme.
Robin hob die Hände, „ich habe schon verstanden.“
Sie ging wieder zu der Leiter und stieg langsam hinab. Noch kurz warf sie einen Blick auf den Geist. Don Alonso hatte sich auf den Stuhl gesetzt und starrte vor sich hin.
Robin bekam plötzlich unendliches Mitleid. Was musste diesem Menschen wohl wiederfahren sein?
Mit gemischten Gefühlen war sie unten angekommen und musste Nami erstmal erzählen, was sie dort oben gefunden hatte.
„Ein echter Geist?“, fragte die Orangehaarige immer wieder neugierig. Das klang ihr wirklich eine Spur zu Abenteuerlich.
„Doch, ein richtiger Geist. Mir scheint aber, dass ihn irgendwas unglücklich gemacht hat. Wenn ich nur wüsste, was.“
„Vielleicht steht das ja in diesem Tagebuch“, Nami schlug wieder das Buch auf und wartete einen Moment.
Wieder leuchtete es auf und gab Buchstaben Preis.
~
Wer auch immer du bist,
du bist klug und ich Hoffe auf dich.
Überzeuge meinen Liebsten,
suche nach 3d45 und das Foto, dass darin versteckt ist.
Denn dass, was eigentlich hätte Mein sein sollen,
versucht mich zu vergessen.
~
„Was ist 3d45?“, Nami konnte sich darauf keinen Reim machen und sie dachte auch nicht daran, dass Robin wusste was damit gemeint sein sollte.
Doch da kannte sie die Schwarzhaarige schlecht.
„Wie müssen in eine Bibliothek“, verkündete Robin wissend.
Nami musste schlucken, das würde wieder Stunden dauern.
„ … 3b, … 3c, … 3d! da ist es“, Freude strahlend ging Robin zu dem großen Regal an der Wand und suchte nach der Nummer 45.
Nami hingegen trottete nur müde nach. Eine geschlagene Stunde sind sie jetzt schon durch diese riesige Räume gelaufen und haben nach dem Regal 3d gesucht. 3d war ein Begriff aus einem Sortiersystem einiger alter Bibliotheken. So konnte man Bücher einfach wieder finden, ohne lange zu suchen. Nur, diese Suche stellte sich als Zeitaufwendiger als gedacht dar, es gab hier einfach viel zu wenig Licht und zu viele Bücher.
Die Dunkelheit hatte schon Besitz ergriffen als sie das Regal endlich fanden.
Nami fragte sich, ob die Anderen sich schon sorgen machten, wo sie so lange wegblieben. Nami seufzte, ihr Schiff war jetzt also in der Hand von Männern. Das konnte ja heiter werden.
„Ich hab’s“, sagte die Archäologin und zog das Buch mit der Nummer 3d45 aus dem Regal.
Eine dicke Staubschicht hatte sich schon auf dem Umschlag gebildet und Robin musste mit aller Kraft pusten, damit das gröbste wegflog.
Schnell hatte sie das Buch aufgeklappt, das sich als Fotoalbum herausstellte.
Nami sah Robin über die Schulter und besah sich die Fotos. Bei den Fotos musste es sich um uralte Aufnahmen handeln. Vergilbt und in Schwarz-Weiß wirkten die Personen auf den Bildern mehr tot als lebendig, wobei sie nicht mehr dachte, dass diese Personen wirklich noch am Leben waren.
„Wir müssen ein bestimmtes Foto finden“, meinte Robin und blätterte eine Seite weiter.
„Wahrscheinlich diese Soraya. Wir haben ja schließlich ihr Tagebuch“, schlussfolgerte die Orangehaarige.
„Wenn wir wüssten, wie sie aussieht, dann wäre es um einiges einfacher.“ Robin blätterte um, zum Vorschein kamen Bilder, die vermutlich an Weihnachten gemacht wurden. Dort standen lachende Leute um ein Klavier und hatten Spaß am Leben. Auf einem anderen Bild waren zwei Kinder zu sehen die unter einem Mistelzweig standen. Mehr zum Spaß gab der Junge auf dem Bild dem kleinen Mädchen einen Kuss auf die Wange. Zu niedlich fand die Schwarzhaarige.
Das nächste Bild war da schon um einiges Romantischer, ein junges Paar war zu sehen, das eng umschlungen tanzte. Robin hielt sich das Bild ganz dicht vor die Nase, irgendwie kam ihr der Mann auf dem Bild bekannt vor.
Ja, das war Don Alonso, der Geist dem sie vorhin begegnet ist. Zufall? Nein, die Frau in seinen Armen musste wohl Soraya sein. Doch nur ihr Rücken war zu sehen, kein Gesicht und keine Vorstellung davon, wie sie einmal ausgesehen haben könnte.
Vorsichtig löste Robin das Bild aus dem Buch und rechte es Nami. Noch schnell sah sie sich die restlichen Seiten an. Wie sie geahnt hatte, war kein anderes Bild mit Don Alonso dabei.
Robin klappte das Album Vorsichtig zu und stellte es wieder an seinen Platz. Sie hatten gefunden was sie wollten, jetzt brauchten sie nur noch zu Don Alonso gehen und es ihm zeigen. Ob dies etwas brachte?
Robin klemmte sich das Buch unter das Kinn und stieg erneut die Leiter nach oben.
Es war verdammt schwierig gewesen, wieder in die Kathedrale zu kommen. Irgendwer hatte abgesperrt gehabt. Doch Nami wäre nicht Nami wenn sie dieses Hindernis nicht Problemlos gelöst hätte. Robin war echt begeistert, wie schnell und selbstsicher die Orangehaarige das hinbekommen hatte.
Wirklich bemerkenswert, doch die Leiter rauf wollte sie immer noch nicht. Sie war halt doch manchmal etwas feige.
Robin hatte zwar versucht, die orangehaarige zu überreden, doch die blieb stur und meinte, es sei besser, wenn unten Jemand schmiere steht.
Wieder kam sie auf die Ebene und blickte sich um. Es war hier richtig düster geworden, so kalt und dunkel. Der Engel an der Decke sah nicht mehr friedvoll aus sondern wirkte matt und stumpf. Der Stuhl hingegen wirkte in dieser düsteren Umgebung geradezu Respekteinflößend, er passte einfach perfekt hierher.
„Wieso bist du wieder hier?“
Robin drehte sich noch nicht mal zu dem Geist um. Sie redete einfach ohne ihn anzusehen. „Neugierde hat mich wieder zu dir geführt. Und ich werde erst gehen, wenn ich weiß, was mit dir passiert ist.“
Hinter ihr hörte sie es verächtlich schnauben, „was glaubst du nur wer du bist. Willst du mir wirklich noch mehr schmerz zufügen als ich eh schon in mir herumtrage.“
Robin schüttelte leicht den Kopf und drehte sich zu Don Alonso um, „ich bin nicht hier um dir wehzutun. Aber ich habe ein kleines Problem“, sagte Robin und erzählte dem Geist, dass sie eigentlich gar nicht von hier kamen sondern durch ein Buch hier hergebracht wurden.
Don Alonso legte seine Stirn in Falten, „und das soll ich dir glauben?“
Die Schwarzhaarige nickte und hielt dem Geist das Bild entgegen. „Wer ist das da bei dir?“
Der Blick des Geistes veränderte sich, er wurde sanfter und wirkte irgendwie fern, als würde er ganz weit weg zurückdenken.
„Das ist Soraya, es war unser erstes gemeinsames Weihnachten“, erzählte er mit ruhiger Stimme.
Robins Mundwinkel zuckten nach oben, hatte sie es doch geschafft diesen mürrischen Geist zu beruhigen.
„Nimm es weg“, forderte er von der Schwarzhaarigen.
Robin sah ihn nur an, wieso sollte sie das Bild wegnehmen?
„Nimm es weg hab ich gesagt!“, zischte der Geist mit unglaublich wütender Stimme.
Robin senkte das Bild und blickte verwundert zu Don Alonso. „Wie lange bist du schon ein Geist?“
Don Alonso ballte die Hand zu einer Faust. „Ab Morgen sind es genau 100 Jahre. So lange bin ich schon in dieser Kathedrale gefangen und warte auf den Jüngsten Tag, die einzige Möglichkeit für mich, doch noch meinen wohlverdienten Tod zu finden.“
Robins Blick wurde forschend, die ganze Situation hatte jetzt eine ganz andere Bedeutung. Sie fragte sich, ob dieses Tagebuch sie hier hergebracht hat, um diesen Geist zu befreien.
„Was kannst du mir über dieses Buch sagen“, die Schwarzhaarige hielt dem Geist das Tagebuch entgegen.
„Das ist das Tagebuch, das ich meiner Verlobten zu Weihnachten schenken wollte“, Don Alonso blickte voller Sehnsucht zu dem Buch und seine Stimme wurde ganz klar und sanft.
Doch dieser Blick währte nicht lange, er senkte seinen Kopf und seine Stimme wurde wieder gereizter. „Leider kam sie nie dazu, dort etwas hineinzuschreiben. Drei Tage vor Weihnachten hatte sie sich das Leben genommen.“
Robin musste kurz die Luft anhalten, damit hätte sie jetzt nicht gerechnet gehabt. Das war ja unglaublich traurig und gleichzeitig so erschreckend, kamen diese Hinweise die immer wieder erschienen aus dem Jenseits? Kamen sie von dieser Soraya, die allem Anschein nach die Verlobte von Don Alonso gewesen war? Was wollte sie damit nur erreichen?
„Woher hast du dieses Buch!“, knurrte der Geist mit einem Mal los.
Robin antwortete nicht, sie blickte Don Alonso nur an. „Ich will wissen, woran du gestorben bist. Wieso bist du verdammt bist in dieser