Das Tagebuch der Soraya
Kathedrale zu geistern?“
„Wie oft denn noch? Lass mich einfach in Ruhe, lass mich in meinem Leid allein und verschwinde!“
Robin schüttelte den Kopf, „hast du jemals in Erwägung gezogen, dass dir jemand helfen will. Das nicht Alle nur wollen, dass du leidest. Ich habe keine Ahnung, was mit dir passiert ist, doch ich kann sehen dass es dir Leid tut und du endlich erlöst werden willst. Hast du nach 100 Jahren Einsamkeit immer noch nicht gelernt, vertrauen zu haben?“
Die Schwarzhaarige wartete nicht auf eine Antwort, sie klemmte sich einfach wieder das Buch unter das Kinn und stieg die Leiter nach unten, ohne noch einmal zu Don Alonso zu blicken.
„Robin, was ist los?“, Nami hatte den merkwürdigen Blick der Archäologin schon entdeckt als diese, die Leiter hinunter stieg.
„Nichts“, sagte sie und schlug das Tagebuch auf. Wieder leuchtete es und neue Buchstaben wurden geschrieben.
~
Wer auch immer du bist,
du willst die Geschichte meines Liebsten erfahren.
Ein letzter Zeuge dieser Tragödie,
kann dir weiterhelfen.
Auch wenn es unglaublich klingt,
so glaube ihm doch.
Denn das, was eigentlich hätte Mein sein sollen,
wollte die Spuren der Wahrheit verwischen.
~
„Ein Zeuge?“, brachte Robin nur überrascht heraus. Wenn sie Don Alonso Glauben schenken konnte, dann lag diese Tragödie schon über 100 Jahre zurück, wie sollte es da noch einen Zeugen geben können?
„Wie sollen wir den finden?“, meinte Nami nur und sah dabei zu, wie die Buchstaben verblassten.
„Nun ja, diese Person müsste schon über 100 Jahre alt sein.“ Robin blieb skeptisch, sie konnte sich nicht vorstellen, dass es hier Menschen gab die so lange leben konnten.
„100 Jahre!“, Namis Atem stockte leicht. Wie sollten sie so einen nur finden?
„Ich würde sagen, wir gehen in ein Altersheim und suchen dort“, Robin musste lächeln und ging schon mal voraus.
Nami zog die Mundwinkel nach unten. „Am Friedhof wäre mir lieber“, sagte sie frustriert und ging der Schwarzhaarigen nach.
Verwundert blickte eine alte Pflegerin zu den zwei jungen Frau die vor der Tür standen.
„Guten Tag, ich würde gerne meinen Opa besuchen“, sagte Nami liebreizend.
„Wie heißt ihr Opa denn?“, fragte die Pflegerin nach.
„Äh, das hab ich vergessen.“
Skeptisch blickte die Frau zu Nami, ihr Blick verriet deutlich, dass sie ihr kein Wort glaubte.
„Das haben Sie vergessen. Sicher.“
Nami lächelte peinlich berührt, „das ist leider so bei mir, manchmal vergesse ich sogar was ich suche während ich es suche.
Die Frau schien verwirrt zu sein, aber sie blieb stur und lies sie nicht hereinkommen.
Robin sah sich gezwungen, einzugreifen. „Hören sie, wir haben eine lange Reise hinter uns und wir müssen unbedingt zu ihrem Opa.“
Die Pflegerin blickte von Nami zu Robin und wieder zurück.
„Und wer sind Sie? Etwa ihre feste Freundin?“, sprach sie abwertend aus. Aber gleichzeitig etwas neugierig.
Robin wollte gerade widersprechen, als Nami einfach ihre Hand nahm.
„Ist sie, haben sie etwas dagegen?“, fragte sie schroff nach und bekam ein Kopfschütteln der Frau.
„Also, können wir jetzt zu meinem Opa?“ Nami schlug einen harten Ton an. Der zeigte seine Wirkung und die Frau trat einen Schritt zur Seite.
Im Inneren war es stickig und es roch nach alten Leuten.
Robin blickte sich um, sie konnte keinen sehen der für ein Alter von über 100 Jahren in Frage käme.
„Also gut, wen suchen sie denn jetzt?“
Robin drehte sich zu der Pflegerin um. „Meine Freundin hat mir erzählt, ihr Opa sei über 100 Jahre alt.“
Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht der Pflegerin. „Sie meinen Juan, da wird er sich aber freuen. Folgen Sie mir.“
Die beiden kamen in eine Art Gemeinschaftsraum, wo die Alten zusammen Brettspiele mit Murmeln und Holzwürfeln spielten.
„Warten Sie bitte“, gab die Pflegerin ihnen Anweisung.
Nami und Robin blieben stehen.
„Wir können noch verschwinden“, flüsterte die Orangehaarige.
„Nicht bevor wir nicht wissen, was mit Don Alonso ist.“
„Robin, ich bitte dich. Er ist ein Geist, wie willst du dem schon helfen?“
Die Schwarzhaarige lächelte, „mit der Hilfe eines anderen Geistes.“ Sie deutete auf das Tagebuch das Nami noch in der Hand hielt.
Die Pflegerin kam wieder und hat einen gebrechlichen Mann im Schlepptau.
„Und seien sie brav zu ihrer Enkelin, nicht beißen“, ermahnte sie den Mann und ging dann.
Nami bekam eine leichte Gänsehaut, diesem Opa wollte sie nicht im Dunkeln im Wald begegnen.
„Und wer von euch zwei hübschen ist meine Enkelin?“, fragte der Mann mit schwacher Stimme.
„Die“, Nami deutete zu Robin und ging einen Schritt weg.
Der Mann blickte durch seine Brillengläser zu Robin und musterte sie von oben bis unten.
Die Schwarzhaarige ließ sich diese Prozedur gefallen, solange der Opa nicht verrat, dass er sie gar nicht kennt.
„Hübsches Mädchen bist du, was wollt ihr zwei von mir?“
Robin nam Nami das Tagebuch aus der Hand und hielt es dem Mann entgegen.
Der beugte sich vor und mustert das Buch.
„Ach ja, das sollte das Weihnachtsgeschenk für Soraya werden. Nicht wahr?“
Die Beiden nickten.
„Können sie uns darüber etwas erzählen?“, fragte Robin mit freundlicher Stimme nach.
Tiefe Falten bildeten sich auf dem Gesicht des alten Mannes als er lächelte.
„Kommt mit.“
Er führte die Beiden gemächlich in einen Nebenraum und setzte sich auf einen Stuhl.
Nami und Robin ließen sich auf dem Boden vor dem alten Mann nieder.
„Hört gut zu. Soraya war die Verlobte von Don Alonso. Alonso war wirklich sehr glücklich mit ihr, sie war ein wirklich aufgewecktes Mädel. Nervend und frech aber sehr liebenswürdig, sie konnte keiner Fliege was zu Leide tun. Alonso war anders, er war, wie soll ich sagen, … nicht immer vornehm, aber er meinte es eigentlich nie böse.“
Robin hob eine Augenbraue an, ihr kam Don Alonso nicht wie jemand vor, der es eigentlich gar nicht so meinte. Dazu war der zu unfreundlich gewesen.
„Jedenfalls stand Weihnachten vor der Tür. Die beiden haben ein fest gegeben, zuvor ging Don Alonso noch mal ins Waisenhaus um mich abzuholen. Wisst ihr Kinder, ich war als Kind sehr krank und Soraya und Alonso haben mich immer mal wieder mitgenommen, wir gingen Fischen und spielen und …“
Robin unterbrach den Mann, „bleiben Sie bitte beim Thema.“
Der Alte seufzte, „also schön. Jedenfalls gingen ich und Alonso zurück zu der Feier und ich unterhielt mich mit den Anderen Gästen. Plötzlich hörten alle ein lautes poltern und wir sahen, dass ein toter Mann die Treppe hinunter gefallen war. Ich wusste damals noch nicht, wer das war. Erst später hatte ich erfahren, dass es der Bruder von Don Alonso war.
Wir hörten von oben einen heftigen Streit zwischen Don Alonso und Soraya. Es endete, indem Soraya weinend und völlig geschockt aus dem Haus rannte.
Don Alonso kam zu uns und sagte, dass wir alle gehen sollten. Er sagte das wirklich mit einer sehr harten Stimme und keiner wagte es, ihm zu widersprechen.
Ich ging auch den weiten Weg zurück und habe mir eine Lungenentzündung geholt.“
Nami blickte den Mann an, „aber was ist jetzt mit dem Buch?“
„Ach ja, das Buch“, blitzartig fiel es ihm wieder ein. „Jaja, das Buch. Glaubt ihr Mädels wirklich, das euch dieser Teil der Geschichte nicht Angst macht?“
Nami schüttelte den Kopf. Also wirklich, sie und Angst.
„Wie ihr meint, ich ging zwei Tage später wieder zu dem Haus von Don Alonso, ich wollte einfach wissen, ob sich die Beiden wieder vertragen hatten.
Jedenfalls stand ich da und plötzlich sehe ich Alonso wie er diese Leiche aus dem Haus schleift. Ich versteckte mich hinter einem Baum uns sehe dabei zu, wie er ein Loch gräbt.
Als er meint, dass es tief genug ist, wirft er die Leiche hinein und nimmt etwas vom Boden, das dort lag.
Ein Buch, nämlich das Tagebuch, das du gerade in der Hand hältst.“
Nami verzog das Gesicht und legte das Tagebuch auf den Boden.
„Jedenfalls hat er es angesehen und gesagt, dass es nie auch nur ein Wort von Soraya jemals enthalten wird. Er warf es schließlich mit ins Grab und schaufelte es zu.“
Robin musste nicken, doch eine Frage hatte sie noch. „Woran ist Don Alonso gestorben?“
Der Alte sah zu ihr auf und musste ein bisschen überlegen. „Ich war selbst nicht dabei, aber man hat mir erzählt, er sei am Weihnachtsmorgen in der Kathedrale gefunden worden, von einem riesigen Kreuz erschlagen. Wisst ihr, nachdem Sreit mit Soraya wurde er zu einem grausamen Mann, er hatt alle nur noch rumgeschubst und ist auch nicht mehr zu mir gekommen. Er wollte wahrschienlich in die kathedrale gehen um Buße zu tun, doch einem solch grausamen Mann wollte niemand verzeihen. Als das kreuz auf ihn gefallen war, stürzte auch der Turm ein. Und niemand wollte ihn wiederaufbauen. Schlimm soetwas zu erzählen, zumal er mit dem kreu beerdigt werden musste, so tief hatte es sich in ihn gebohrt.“
Robin und Nami verzogen geschmerzt das Gesicht, das hörte sich eklig an.
Immer noch ein bisschen angewidert stand Robin auf und nahm das Tagebuch, „vielen Dank für Ihre Hilfe.“ Vornehm verbeugte sich Robin und ging schon mal vor.
Unsicher sah Nami zu dem alten Mann, „von mir auch vielen Dank“, sie winkte und wollte gehen.
„Warte Mädchen.“
Nami drehte sich zu ihm um, „was ist?“
Der Mann deutete mit dem Finger auf seine faltige Wange, „ein Abschiedsküsschen wäre nett.“
„Sag mal spinnst du!“, wetterte Nami los und ballte die Hand zu einer Faust.
„Lass Nami, ich geb ihm einen“, Robin ging an Nami vorbei und drückte dem Mann einen kurzen Schmatzer auf die Wange.
„Nach 107 Jahren wurde ich endlich geküsst“, freute sich der Alte.
Nami schaute verwirrt drein, wurde aber schon von der Schwarzhaarigen mitgezogen.
Der Schnee knirschte unter ihnen und man musste wahnsinnig aufpassen, wohin man trat.
Es war mittlerweile zwei Uhr in der Nacht und