All I ever wished...
All I ever wished...
Fasziniert beobachtete sie, wie die bunten Herbstblätter fröhlich mit dem Wind spielten, als eine aufgebrachte Stimme sie wieder zurück in den Klassenraum holte.
„Mrs Morgan, könnten sie mir, anstatt das Laub zu beobachten, vielleicht die Wurzel aus ’a’ nennen?“, fragte ihr Mathelehrer gereizt. Annabelle zuckte zusammen und gestand kleinlaut, dass sie die Antwort nicht wusste, worauf der Lehrer, auf die Tafel weisend, erwiderte, sie solle besser aufpassen. Schamesröte stieg ihr ins Gesicht, als sie bemerkte, dass dort, groß und deutlich das Ergebnis stand. Unter dem Spott ihrer Mitschüler versuchte Annabelle sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Vergebens, da ihre Gedanken schon nach wenigen Minuten wieder zu den bunten Blättern abdrifteten. So schwerelos und unbekümmert, dass das bloße Zusehen alle Sorgen verwehte.
Wieder wurde Annabelle, diesmal von der Schulglocke, aus ihren Gedanken gerissen. Seufzend stand sie auf und packte ihre Sachen zusammen. Danach verließ sie die Klasse und machte sich, da sie jetzt Schluss hatte, auf den Heimweg. In den Gängen waren alle Augenpaare auf sie gerichtet. Augen, die ihr mit jedem Blick sagten, wie wertlos sie doch sei. Ihre Fäuste ballten sich.
Annabelle war ein eher unscheinbares Mädchen, weder über die Maßen hübsch, noch schrecklich hässlich. Der Pony ihres langen, schwarzen Haars, hing ihr tief ins Gesicht. Ein Überbleibsel aus Zeiten, in denen ihre Akne besonders schlimm gewesen war.
Dennoch war sie das Lieblingsopfer der Schulschönheit Vanessa Bright. Diese hatte sich gerade vor sie gestellt und spotte grinsend: „Na, Pickelprinzessin, wie geht’s? Hab’ gehört, du hast mal wieder im Unterricht von deinem Prinzen geträumt. Vielleicht hat der ja Clearasil!“ Alle um sie herum lachten und Vanessa genoss sichtlich ihren Triumph. Oh, wie war Annabelle doch diese abwertenden Blicke leid. Erneut ihre Fäuste ballend, versuchte sie einfach weiter zu gehen. Nur weg, raus aus diesem Albtraum! Doch ihre Kontrahentin versperrte ihr den Weg. „Hältst dich wohl für was besseres, du kleine Schlampe.“, meinte Vanessa angeekelt.
Annabelle kam zwar aus einer angesehen und sehr wohlhabenden Familie, schrieb aber weder gute Noten, noch hatte sie irgendwelche Talente. Sie war eher eine Belastung für ihre Eltern. Eine ’Schande’, wie es ihre Mutter auszudrücken pflegte.
Das Blut des Mädchens kochte. Wie gerne wäre ihr doch ihre Hand ausgerutscht! Allerdings waren es zu Viele. Jeder der Umstehenden wäre auf der Stelle der Möchtegern-Barbie zu Hilfe gekommen. Hasserfüllt wechselten die beiden Schülerinnen vernichtende Blicke, als plötzlich eine gerufen wurde.
„Vanessa.“, sagte ein junger Mann mit gleichgültigem Gesichtsausdruck. Sofort kam das Püppchen angedackelt und aller Zorn war vergessen – fürs Erste.
Nun wandten sich auch die Schaulustigen ab, als wäre nichts gewesen. So lichtete sich allmählich der Gang und als Annabelle ihren Retter sah, durchzuckte sie ein dumpfer Schmerz. Jason Karrig, ihr ehemals bester und Vanessas derzeitiger fester Freund. Ihre Lieblingsfeindin war gerade dabei ihn abzuschlabbern. Angewidert wandte Annabelle sich ab und stürmte nach Draußen.
Sie passierte im Schnellschritt den Schulhof und lehnte sich erschöpft an einen Baum am Straßenrand.
Was war nur mit ihr los? Sie hatte die Beiden doch schon öfter knutschen sehen! … Aber um Jason allein ging es eigentlich gar nicht. Es war alles auf einmal. Das Kartenhaus, dessen Träger schon längst nicht mehr standen, brach langsam in sich zusammen.
Annabelle hörte ein sich näherndes Brummen.
Ihr kam das alles so unwirklich vor.
Dies waren ihre letzten Gedanken, während sie sich auf die Straße stellte und den Fahrer traurig anschaute.
Ihre letzten Gedanken, bevor das Auto sie mitriss.
“All I ever wished…is love.”
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mobbing ist ein thema, dass gerne totgeschwiegen wird.
aber wenn nichts unternommen wird, sind die Betreffenden vielleicht bald tot.
und zwar nicht nur die opfer, sondern auch die leute, die ihnen das leben zur hölle machen, denn wie ihr euch bestimmt erinnert, häufen sich die amokläufe.
Ich möchte, dass, falls ihr komentare schreibt, ihr nicht nur kritik, tipps, etc. äußert, sondern auch eure meinung zum thema einfließen lasst.
liebe grüße und danke, dass ihr meinen os gelesen habt
mio-chan