House of Vampires [MM-FF]

Rückstand war aber nicht einfach nur angetrocknet. Nein. Der Rückstand bröselte leicht von den Seiten des Glases ab hinab auf den Boden des Glases.
Aurélie nahm eine Praline in ihre zierlichen Hände und hielt sich diese vor ihren Augen ins Licht des Kronleuchters hinein. Es dauerte eine Weile bis das junge Vampirmädchen sich die weiße Praline in den Mund schob. So wiederholte es Aurélie mehrere Male, wobei sie hin und wieder auf die Wanduhr über ihrer Tür starrte.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Mit kühlem Blick richteten sich Aurélies Augen zur Tür.
„Wer ist dort?“, fragte sie mit leicht angehobener Stimme.
„Grace Miller“
Aurélie schien zu überlegen, doch nach leichtem Zögern entgegnete sie ein kurzes „Kommt herein“
Es öffnete sich die Tür und das Mädchen mit den dunkelroten Haaren betrat das Zimmer.
„Ich hoffe du kannst dich noch an mich erinnern“, sprach das Mädchen leicht zurückhaltend und mit einem milden Lächeln.
Aurélie schloss ihre Augen und ließ ebenfalls ein Lächeln über ihre Lippen laufen.
„Natürlich“
Aurélie deutete mit offener Hand auf den Hocker ihres Schminktisches.
„Setzt Euch“
Grace nickte leicht und zog den Hocker näher an den Kaffeetisch heran bevor sie sich setzte.
„Ihr esst wahrscheinlich keine Pralinen“, sagte Aurélie.
Grace lachte kurz auf. „Nein. Tut mir Leid. Ich esse lediglich Schokokekse“, entgegnete sie.
Ein kurzes Schweigen schlich durch den Raum bis Aurélie wieder ihre Stimme erhob.
„Wart Ihr bereits bei Eurer Prüfung?“
Grace nickte wild. „Und du?“, fragte sie leise.
Sie schüttelte ihren Kopf leicht. Ein kurzes Wispern kam über Grace’ Lippen, so dass Aurélie sie fragend anblickte. Da Grace jedoch nicht reagierte, griff Aurélie nach einer Praline.
„Ich darf dich doch duzen, oder?“, wollte das rothaarige Mädchen plötzlich wissen.
„Ihr duzt mich doch schon von Anfang an“, entgegnete die Weißblonde kühl.
„Ich weiß, aber es ist nur so, dass du mich mit Ihr bzw. Euch anredet“
„Ich persönlich duze oder sieze nie jemanden. Es gab immer nur eine Ausnahme. Das heißt aber nicht, dass Ihr mich nicht duzen dürft. Und selbst wenn, dann hätte ich Euch schon in Kenntnis gesetzt“, antwortete Aurélie, wobei sie das Mädchen warm anlächelte.
Grace schaute auf das Weinglas, welches sich auf dem kleinen Tisch befand, während Aurélie scheinbar in die Leere starrte.
„Diese Ausnahme...“, sagte Grace, „Diese Ausnahme war doch dein Schöpfer, oder?“
„Valére Ledoux“, wisperte Aurélie.
Ein Schweigen machte sich im Raum breit. Es dauerte eine ganze Weile bis eine Stimme den Raum wieder erhellte.
„Welche Fähigkeit besitzt Ihr eigentlich?“, fragte Aurélie.
„Ich kann durch meine Querflöte Menschen hypnotisieren“, erwiderte Grace mit erwartungsvollem Blick.
„Ich kann spüren wie sich andere Menschen und Vampire sich fühlen. Ich bin selbst in der Lage unterdrückte Gefühle zu spüren“, erzählte die Weißblonde.
„Selbst bei Vampiren?“
Aurélie nickte.
„Auch meine Gefühle?“
Aurélie nickte erneut.
„Ich muss bedauern, aber ich muss Euch aus mein Zimmer entfernen“, sprach Aurélie.
Grace blickte geschockt zu dem Mädchen. „Habe ich etwa etwas falsches gesagt?! Es tut mir Leid!“, entgegnete sie, worauf Aurélie nur kicherte.
„Aber nein! Es ist bloß Zeit zu meiner Prüfung zu gehen. Ich habe es halt nicht so gern, wenn sich ein Fremder allein in meinem Zimmer aufhält“
„Achso...“, seufzte Grace erleichtert.
Aurélie nahm ihren Zimmerschlüssel und ging mit Grace hinaus in den Flur. Die Weißblonde schloss ihr Zimmer ab und schlenderte mit Grace hinunter in den 2ten Flur. An der zweiten Tür links blieb Grace auf einmal stehen, was Aurélie anscheinend nicht bemerkte, da diese weiterging.
„Es war nett mit dir zu reden“, sagte Grace. Aurélie drehte sich um und lächelte.
„Ich fand es ebenso sehr erfreulich mit Euch zu reden“, entgegnete sie bevor sie den Flur hinunterschlenderte.
Im Aufenthaltsraum ging Aurélie direkt zur Infotafel mit dem Lageplan der Schule. Nach einigen Minuten richtete sich ihr Blick weg vom Lageplan. Sie ließ ihren Blick stattdessen durch den leeren Aufenthaltsraum schweifen hinaus durch das große Fenster in die schwarze Nacht.
Aurélie fuhr ihren Weg fort. Durch eine Art Hintereingang verließ sie das Hauptgebäude der Schule und lief quer über den Hof zu einem anderen etwas größerem Gebäude. Ihr kam gerade ein Mädchen entgegen, welches Aurélie leicht anrempelte, wobei der Weißblonden ihr Zimmerschlüssel aus der Hand fiel. Das Mädchen blieb stehen, während Aurélie sich gerade umdrehte.
„Tut mir Leid“, sprach das Mädchen. Im Licht einer Laterne auf dem Hof konnte man die langen blonden Haare des Mädchens erkennen. Es hob Aurélies Schlüssel vom Boden auf und reichte dem weißblonden Mädchen diese.
„Vielen Dank“, entgegnete Aurélie und nahm die Schlüssel wieder an sich. Das blonde Mädchen schob ihre Brille ein wenig nach oben, drehte sich um und ging weiter.
Aurélie begab sich zum Eingang des Gebäudes. Sie zögerte ein wenig bis sie die große Eisentür öffnete. Hinter der Tür befand sich eine riesige Halle. Das Licht war düster gedämmt. Der Boden hatte dieselben Aufzeichnungen wie ein normaler Sporthallenboden, doch dieser war nicht in einer gelbbraunen Farbe gehalten, sondern der Boden war moosgrün. Die Wände waren gräulich. Auch die Säulen, die sich in den Ecken der Halle erhoben, waren in einem grau gehalten. In der Halle standen weder Sportgeräte, noch war irgendwo ein Basketballkorb angebracht. Lediglich ein langer und schmaler Tisch stand in der Mitte der Halle. Hinter diesem Tisch schien ein Stuhl zu sein, welcher jedoch kaum erkennbar war. Mit kleinen Schritten bewegte sich Aurélie auf den Tisch hinzu, wo Shinja bereits saß und das Mädchen erwartungsvoll ansah. Aurélie sah sich vorsichtig in der ganzen Halle um. Nach einigen Metern umklammerte Aurélie ihre Schultern mit ihren zierlichen Händen. Am Tisch grinste ihr bereits Shinja entgegen.
„Ist Ihnen kalt?“, fragte er mit einem sarkastischem Unterton.
Aurélie löste ihre Arme von ihren Schultern und schaute Saito kühl an.
„Vielleicht“, erwiderte sie.
Shinja erhob sich von seinem Stuhl.
„Das liegt daran, dass der Raum so temperiert ist, dass umso näher Sie der Mitte des Raumes kommen umso kühler die Temperatur ist. Menschen sowie einigen Vampiren bereitet dies Angst ein. Es ist eine Art Vortest“, erklärte der Schwarzhaarige und trat vor den Tisch.
Aurélie folgte mit ihren Augen jeden einzelnen Schritt seiner Bewegungen.
„Haben Sie keine Angst Fräulein de Rozier. Nun, könnten Sie mir erzählen, welche Fähigkeit Sie besitzen?“, fragte Shinja.
„Ich kann die Gefühle von Menschen oder auch Vampiren spüren. Egal ob sie diese im Moment zeigen oder schon seit Jahren verbergen“, antwortete Aurélie.
„Wirklich?!“
„Ja. So kann ich auch Menschen und Vampire ausfindig machen bzw. merken wie viele Personen sich z.B. in einem Raum befinden“, sagte Aurélie.
„Dann demonstrieren Sie mal ihre Fähigkeit“, sprach Shinja kühl.
Aurélie lächelte abfällig.
„Zum Beispiel spüre ich Euren Hohn, der höchstwahrscheinlich gegen meine Fähigkeit gerichtet ist“, erwiderte Aurélie.
„War das alles?“, wollte der Rektor wissen.
„Gewiss nicht“
Aurélie zeigte auf eine Säule, welche sich im rechten Eck der Halle befand.
„Hinter dieser Säule ist jemand. Ihr scheint ein inniges Verhältnis zu dieser Person zu haben, aber es ist keine Partnerliebe, sondern eher eine familiäre. Es ist ein Familienmitglied Eurerseits, welches ebenfalls ein Vampir ist“, erzählte Aurélie mit einem gewinnendem Lächeln.
Hinter der rechten Säule kam jemand hervor. Es war ein großgewachsener junger Mann. Sein Haar schien in dem gedämmten Licht schwarz, aber seine eisblauen Augen waren deutlich zu sehen.
„Das ist mein Sohn Kazuo“, sagte Shinja. Der junge Mann trat vor Aurélie. Er nahm Aurélies Hand, beugte sich leicht und berührte mit seinen Lippen sanft Aurélies Handrücken.
Er richtete sich wieder auf und sprach die Worte: „Sehr erfreut.“
Aurélie schien dies nicht wirklich zu beachten und richtete sich Shinja zu. „Ihre Fähigkeit hat tatsächlich mehr Potenzial als ich es anfangs angenommen habe. Aber wie bei jeder Fähigkeit ist es so, dass man diese bestimmt noch ausbauen kann“, äußerte Shinja und setzte sich wieder hinter den Tisch. Er füllte scheinbar einen Zettel aus, während Aurélie geduldig wartete.
„Ich habe eben nicht nur diese Reißzähne“, sprach Aurélie ein wenig abfällig und ließ ihren Blick zu Kazuo hinüberschweifen.
„Ich hätte bei dem Mädchen Valéres auch nichts anderes erwartet“, entgegnete Shinja.
Aurélie schlug auf den Tisch und kam Shinjas Gesicht ziemlich nah.
„Wer hat Euch bitte dazu veranlasst mich Valéres Mädchen zu nennen?! Ihr solltet aufpassen, was Ihr sagt und was Ihr besser für Euch behaltet!“, wisperte sie voller Zorn.
Shinja lächelte.
„Sie sollten aufpassen, dass Sie sich nicht zu weit aus dem Fenster hinauslehnen. Sie können sich dann auch entfernen“, erwiderte der Rektor mit ruhiger Stimme.
Aurélie schritt aus der Halle hinaus auf den Hof in das Schulgebäude zu ihrem Zimmer.
Währenddessen saß Kazuo in der Halle gegen den Tisch gelehnt und grinste hämisch.
„Diese Aurélie ist ein wirklich interessantes Mädchen, meinst du nicht Vater?!“
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