The way I love you

Treffen nach Jahren

Die Rothaarige hatte ihre Hand auf den kalten Boden gelegt. Es tat ihr gut, etwas kühlendes für ihre pulsierende Hand gefunden zu haben.
Sie hatte geweint und dann aufgehört. So viel hatte sie geweint, dass selbst ihre Tränen versagten und ihren Dienst nicht erfüllten.
Sayo hatte sich nach vorne gebeugt und atmete nur leise und flach. Sie musterte wieder und wieder ihre Hand und schniefte. Den Anblick von Blut kann sie sehrwohl ertragen, doch nicht, wenn es ihr eigenes Blut ist und ihre eigene Wunde.
Sie kniff kurz ihre Augen zu, öffnete sie wieder und alles schien sich geändert zu haben.
Sie kniete auf dem Boden, vor einigen Häusern und das eine Weile. Ihre Gedanken setzten aus und nur noch ihr Verstand war anwesend. Und plötzlich schien es für sinnlos zu sein. Unnötig und unlogisch. Und unverständlich, als hätte das alles gar keinen Grund.
Das verletzte Mädchen hustete einpaar mal, ehe sie sich auf richtete und aufstand. Seelenruhig ging sie weiter und übersah ihre Schmerzen, wozu sie sich auch Mühe gab.
Sayo wollte stark sein und in die Zukunft blicken. Sie wollte tapfer sein und nicht an sich und an ihren Gefühlen zweifeln müssen. Doch es waren nicht mehr als Wünsche. Das wusste sie, doch es war schön an eine fantastische, unbeschwerte Zukunft zu glauben. Mit einer ganzen Familie, mit Freunden.
Sie räusperte sich und bog in die nächste Straße ab, die sie direkt zu einem Park brachte. Sie mochte diesen Park. Sie mochte es, auf der Bank zu sitzten und über etwas nachzudenken. Es tat gut, alleine zu sein. Sie merkte es, sie wusste es, sie fühlte es.
Seufzend ließ die Grünäugige sich auf die schwarze Bank fallen und sah skeptisch auf ihre Hand, die sie mit ihrem Taschentuch verband, was es vorübergehend halten sollte.
"Alles gut.", flüsterte sie danach nickend und sah wieder auf.

Ich würde gerne etwas suchen. Etwas, wo ich mich freuen würde, wenn ich es gefunden hätte.
Es ist mein Schatz. Ich habe ihn ausgegraben und ihn wieder versteckt, damit man ihn mir nicht nimmt.
Doch kaum hatte ich ihn wieder versteckt, warst du weg. Hattest ihn mitgenommen.
Ich will aber wieder haben. Er bedeutet mir viel und ich will ihn zurückholen.



Seufzend schloss Sayo die Augen und lauschte der Stille. Angenehm. Ruhig. Nicht sehr irritierend. Einfach perfekt.
Sie lehnte sich zurück und genoss die stillen Minuten vollkommen. Ohne jegliche Gedanken zu verschwenden, ohne Erinnerungen aufzurufen und ohne an ihre unendliche Liebe zu denken. Selbst in ihrem Kopf herrschte eine solche Ruhe, dass es ein einfacher Mensch nicht ausgehalten hätte. Aber sie war daran gewöhnt und konnte damit bestens klar kommen.
Von weitem hörte sie Wasser platschen. Es platschte nicht, es peitschte gegen Häuser, Bäume, gegen den Boden. Ein Sturm war im Anmarsch, doch das Sayo relativ egal.
Das rothaarige Mädchen sah es locker und streckte sie schmatzend. Es gab also doch Momente, an denen sie ihre Ruhe hatte und es genießen konnte.
Der Sturm kam näher und machte sich auch bemerkbar. Blitze schlugen ein und Donner polterten überall. Der Regen hatte Sayo mittlerweile erreicht und ließ sie kalten Wassertropfen spüren. Die kleinen Regentropfen prasselten auf ihre Haut und hinterließen eine eine leichte, nasse Spur.
"Der Herbst kommt.", brummte sie angewidert, öffnete die Augen und stand auf.
Ihre rechte Hand steckte sie sich in die Seitentaschen ihres schwarzen Kleides und die Linke ließ sie im Takt mitwippen. Für sie war alles gut. Sie sah es locker.
Sie schritt mehr oder weniger schnell wieder die lange Straße entlang, bis sie wieder stehen blieb. Sie runzelte die Stirn und nahm sich tief im Inneren vor, nun keine Schwäche zu zeigen.
Mutig musterte sie die alten Häuser und sah plötzlich die alten Bilder vor sich.
Im Sonnenlicht hatten die Fenster gestrahlt und in der Nähe hatten sie immer gespielt. Doch das alles schien wie ausgelöscht zu sein, denn ihr kam es so vor, als wäre sie die Einzige, die sich daran erinnern würde.
Sayo entschied, eine Abkürzung zu nehmen. Wahrscheinlich, weil sie diese Gegend noch einmal sehen wollte. Vielleicht wollte sie aber auch nur schneller zu Hause sein. Den Grund kannte sie nicht genau und wollte ihn auch gar nicht kennen.
Also drehte sie sich schnurstracks um und lief die dunkle Gasse entlang.
"Man sieht hier ja gar nichts.", brummt das Mädchen enttäuscht und seufzte.
Sie drehte sich wieder um, der beleuchtete Weg war ihr deutlich lieber. Zwar fühlte sie sich sicher, würde den Weg selbst im Dunklen finden, doch wenn sie nichts sehen konnte, obwohl sie alles erkennen wollte, warum dann weitergehen? Es deprimiert einen doch nur mehr.
Sie kniff die Augen zusammen, als eine Gestalt vor ihr auftauchte. Ob Frau oder Mann, sie erkannte es nicht. Doch das einzige, was sie sah, war, dass der Fremde sich umsah, aber nicht so wie ein Fremder.
Ihre Schritte verlangsamerten sich, sie lief an der Person vorbei, an dem Ende der Gasse blieb sie zögernd stehen und fuhr herum. Ein Gedanke, der Sayo plötzlich so erschreckte, hatte sie das machen lassen.
Ihre Augen öffneten sich überrascht und sie wollte etwas sagen, aber es kam kein Laut raus. Plötzlich hatte alles an Wert verloren, er war nämlich hier.

Nach Jahren, Monaten, Tagen, Stunden, Minuten, Sekunden. Nun stehst du vor mir.
Ich komme mir so unterlegen vor? Warum ist da ein Druck in meiner Brust? Alles zieht sich zusammen.
Freude, weil du vor mir stehst.
Trauer, weil ich dich gar nicht gesucht habe, sondern du einfach aufgetaucht bist.
Wut, weil du damals weggegangen bist.
Hass, weil ich alleine war.
Ein schönes Gefühl, weil es so lange her ist.


******************

Zweites Kapi: Fertig! Jetzt aber!^^
Danke für die zwei, lieben Kommis! :D
Es freut mich, dass es doch einigen gefällt! ^.^

Lg Light
Suche
Profil
Gast
Style