- black chains -

Der Mond verdrängte die Sonne und ließ Schatten und Dunkelheit die Führung. Sofort wurde alles in ein unheilvolles Schwarz getaucht. Selbst die schwachen Straßenlaternen konnten nichts dagegen ausreichen. Ihr gelbliches Licht war viel zu schwach.
Mit zittrigen Fingern strich sie sich über den Stoff ihres neuen Outfits, geschenkt von ihrem Auftragender. Ihre Füße befanden sich auf dem höchsten Punkt eines Hauses, nahe dem metertiefen Abgrund. Doch das konnte sie nicht abschrecken. Es war eher die Kälte, die ihren Körper zu schaffen machte. Ihr Körper war von einem schwarzen, bis zum Knie reichenden, Kleid verdeckt. Darüber trug sie einen weißen Haori mit zartrosa, bestickten Kirschblüten am Ende, welcher aus dem teuersten Stoff hergestellt wurde. Ihr langes, braunes Haar hatte sie zusammengebunden, damit es für ihr Vorhaben kein Hindernis oder Störfaktor waren. Die frische Luft in dieser Höhe brannte in ihrer Kehle, doch hatte sie keine Wahl, es hab kein Zurück. Sie beugte sich etwas nach unten und richtete sich die Stiefel. Beim Aufrichten legte sie eine Hand auf jeden Gegenstand, der in Zukunft viele Leben verlangen würde. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über den eleganten Griff der Waffe gleiten. Es war ein Katana.
Als sie die Klinge aus der dazugehörigen Scheide befreite, reflektierte diese das silberne Licht des runden Vollmondes, welcher sich vor ihr befand und versuchte sie mit seiner Größe und seinem Licht zu beeindrucken. Sie schloss ihre Augen und atmete tief durch. In ihr spürte sie diese antreibende, fremde Kraft. Jene Kraft, die ihr Shiro überlassen hatte. Es war falsch, was sie hier tat und innerlich gab es einen Teil, der versuchte sich mit allen Mitteln zu wehren. Doch dominierte ein anderer Teil. Als ob eine bösartige Energie, die sich fremd und doch gut anfühlte, die Kontrolle über ihren Leib übernehmen wollte. Sie wehrte sich nicht. Sie konnte nicht fliehen.
Ohne Anlauf zu nehmen sprang sie von dem Dach, begab sich in die Lüfte. Ein kurzes Gefühl der Freiheit war zu spüren, jedoch endete es so schnell wie es auch aufgetreten war. Ohne einen Laut von sich zu geben, landete sie sanft auf dem harten Betonboden. Erstaunt über die neuen Möglichkeiten konnte sie sich nicht lange darüber erfreuen. Bereits wenige Meter vor ihr befand sich das gesuchte Ziel. Unwissend lief er die Straße entlang, direkt auf sie zu. Hana wusste genau, was sie zu tun hatte. Der Brief beschrieb jedes noch so kleine Detail genauestens. Nun musste sie sich nur mehr daran halten.
Sie versteckte sich im Schutz der Dunkelheit, die eine der vielen Seitengassen in dieser Umgebung anbot und musste nur mehr den richtigen Zeitpunkt abwarten. Innerlich rang sie mit sich selbst. Sie konnte es nicht. Sie konnte niemanden umbringen. Jedoch flüsterte ihr eine unbekannte Stimme wieder und wieder das Gegenteil ein. Sie MUSSTE es tun. Die Zielperson, er Mann, mittleren Alters, schritt im gelblichen Licht einer alten Straßenlaterne vorbei. Mit einer flüssigen Bewegung stellte sie sich hinter ihn, diente als zweiter Schatten des Fremden. Noch bemerkte er sie nicht. Erst, als das schneidende Geräusch auftrat und er diesen Schmerz in seinem Brustkorb verspürte, bemerkte er, dass etwas geschehen war.
„Vergib mir.“, sprach Hana mit trauriger Stimme und konnte die ersten Tränen nicht mehr halten. Als sie die Klinge aus dem sterbenden Körper entfernte, fiel dieser, ohne weitere Anstalten einer Bewegung, auf den Asphalt.
Sie zitterte überall und konnte gar nicht mehr ruhig stehen bleiben. Was hatte sie nur getan? Wieso hatte sie es getan? Was hatte sie dazu getrieben?

Es waren seine kalten Augen, die diese grausame Aktion beobachteten. Er griff nicht ein, es war nicht sein Befehl gewesen dies zu verhindern. Sie war sein Befehl. Sein Befehl war es, alles Böse dieser Welt zu vernichten. Und sie war böse, denn er wusste wer oder was sie war. Die Marionette eines Dämons, der sie für sein brutales und blutiges Spiel benutzte. Sie trug einen Teil seiner Kraft in sich und wurde somit selbst zur Zielscheibe der Organisation, der er angehörte und treu ergeben war. Dafür wurde er geboren und dafür lebte er. Seinen freien Tag auf diese Art zu verbringen war ihm am liebsten. Er hatte seine Hand um den Griff seines Schwertes geschlungen für den Fall, dass die Braunhaarige ihn bemerken würde. Sein Versteck hatte er gut ausgewählt, versteckt zwischen Dunkelheit und Schatten, im Schutze der mysteriösen Nacht.

Shiro beobachtete die Szene des Mordes amüsiert auf dem flachen Dach eines nahe liegenden Hochhauses. Seine Spielfigur hatte so agiert, wie er es haben wollte und es geplant war. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er eine Schachfigur. Den ersten Bauer in schwarz gehalten. „So fiel der erste Bauer.“, meinte er zu sich selbst und ließ mit einem leisen Lachen die kleine Figur in den Abgrund fallen.
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