- black chains -

the day after

Kapitel 2: the day after

Ihr regungsloser Körper lag in seitlicher Stellung auf dem weichen Untergrund. Das Zimmer war in kalter Dunkelheit gehüllt, denn die schweren Vorhänge des Raumes ließen keine Sonnenstrahlen durch, hielten diese fern. Ihr langes, braunes Haar verdeckte zum größten Teil ihr blasses Gesicht, doch so erkannte niemand die stetig mehr werdenden Tränen. Sie weinte stumm in der Einsamkeit. Auf dem teuren, weißen Gewand befand sich das Blut eines unbekannten, dessen Leben sie letzte Nacht aus einem Befehl heraus beendet hatte.
Sie zog ihre Beine näher zu ihrem Körper, kauerte auf der Matratze. Starr, mit dem Gedanken einen Menschen umgebracht zu haben, war sie unfähig Ruhe zu finden. Es schien ihr eine unreale Welt zu sein, in welcher sie gefangen war, es gab in dieser Welt keinen Ausgang der sie von dem Wahnsinn retten konnte. Hana öffnete ihre Augenlider etwas mehr und schob ihren Arm etwas, damit die Handfläche ihrem Gesicht gegenüber trat. Die Fingerspitzen zitterten unaufhörlich, doch war es viel mehr die Angst, zu was diese Hand fähig war, die ihr Sorgen bereitete. In dem Moment, kurz vor dem Mord, spürte sie keine Reue, keine Scheu dies zu erledigen. In einer Art Blutrausch war sie besessen den Auftrag zu erledigen. Eine Stimme hatte ihr Innerstes für kurze Zeit übernommen, sie zum Blutbad getrieben. Zu welchem Monster war sie nur geworden?
Die Nacht hatte sie kein Auge zugetan, weshalb sie sich unendlich müde fühlte. Jedoch wagte sie es nicht zu Schlafen. Sie fürchtete, die Bilder des Auftrages wieder und wieder zu sehen, selbst in ihren Träumen, die eigentlich ihr Frieden und Ruhe bringen sollten. Mit jedem weiteren Augenschlag erlangte die Müdigkeit an mehr und mehr Macht, selbst, wenn Hana sich noch so sehr wehrte. Ihre Sicht wurde mit jeder weiteren, verstreichenden Sekunde verschwommener, als würde die Dunkelheit sie holen kommen.
Dann folgte ein kurzer Moment der Schwäche, sodass der Schlaf sie einholte. Als sie ihre Augen wieder öffnete, traute sie ihrem Verstand nicht mehr. Vor ihr befand sich eine Menschenmasse, salzige Luft stieß ihr ins Gesicht. Mit geweitetem und ungläubigen Blick versuchte sie sich zu bewegen, doch hintreten Fesseln ihre Arme daran. Der Untergrund, auf dem sie barfuß stand war hart und uneben, bereitete ihr Schmerzten. Sie versuchte zu sprechen, wollte fragen, wo sie hier war, doch versagte ihre Stimme. Kein Ton entwich ihrer trockenen Kehle. Sie war gefesselt, an einem harten Gegenstand hinter ihr. Vor ihren Füßen befanden sich zahlreiche Menschen, sie alle starrten mit hasserfüllten Blicken auf ihre zerbrechliche Gestalt.
Sie schreckte etwas auf, als sie unter all den Fremden ein bekanntes Gesicht erkannte. Es war Shiro, der in altertümlichem Gewand ein paar Meter vor ihr stand. Neben ihm eine junge Frau. Um ihren Hals trug sie eine gold-schimmernde Kette, doch das Symbol, welches der Anhänger darstellte, war eine Rose. Hilfesuchend sah sie zu ihrem Meister, der jedoch mit kaltem Blick zu ihr blickte.
Hana schloss wieder ihre Augen, wünschte sich, dass es ein Ende nahm. Sie wusste weder, wo sie war, noch was passierte, doch fühlte es sich der Realität so nahe, dass es keine normale Illusion oder Streich ihrer Fantasie sein konnte, so sehr sie es auch versuchte sich einzureden.
Als die Lider wieder nach oben wanderten, war der Lärm der Masse verstummt und Dunkelheit umgab sie erneut. Sie befand sich wieder in ihrem Zimmer. Ohne zu zögern stützte sie ihren Oberkörper mit einem Arm und setzte sich auf. Fassungslos starrte sie ins Leere, versuchte zu realisieren was geschehen war. Die logischste Erklärung für sie selbst war, dass es sich dabei um einen Traum handeln musste. Einem ziemlich realen Traum. Die Braunhaarige schüttelte ihren Kopf kräftig um wieder einen klaren Verstand zu bekommen. Sie wollte diese Gedanken regelrecht hinausschleudern. Dennoch bekam sie das Bild des Anhängers – die goldene Rose – aus ihren Erinnerungen. Sie hatte es noch nie zuvor gesehen, dennoch kam es ihr so vertraut vor. Sie hob beide Arme um diese zu betrachten. Neben den Zeichen, die sie seit dem Vertrag erhalten hatte, fand sich nichts Ungewöhnliches vor. Der Vertrag. Sie hatte auch Shiro in diesem scheinbaren ‚Traum‘ gesehen. Innerlich fragte sie sich, ob eine Verbindung mit ihm und der Szene, die sich eben realistisch abgespielt hatte, bestand.
Sie wurde erneut aus ihrer gebildeten Gedankenwelt gerissen als ihr Handy summende Geräusche von sich gab. Sie beugte sich etwas zur Seite, damit sie das hölzerne Nachtkästchen erreichen konnte, und blickte auf den aufleuchtenden Bildschirm. Zögerlich griff sie nach dem Gegenstand, der nachwievor versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit gemischten Gefühlen drückte sie auf den befreienden Knopf und legte das Telefon gegen ihr Ohr. „Ja?“, fragte sie mit heiserer Stimme. Hana erhob sich von ihrem Bett und bewegte sich ein paar Schritte durch den kleinen Raum, der ihr Schlafzimmer war. Dabei entledigte sie sich der blutbefleckten Kleidungsstücke während sie der kalten Stimme zuhörte. Ihr Körper verkrampfte sich mit jeder weiteren Sekunde, die sie dieses Gespräch hatte. Es war Shiro, der ihr neue Informationen über neue Aufträge, somit neue Leute, dessen Leben beendet werden musste, gab. Zudem forderte er ihre Anwesenheit für eine feine Abendgesellschaft – sie sollte an seiner Seite sein. Dabei sollte sie als Bodyguard und weibliche Begleitung zugleich fungieren. Noch bevor die junge Frau Gelegenheit hatte ihr Einverständnis zu geben, wurde die Verbindung getrennt.
Etwas überrascht über diese Aktion verharrte sie Sekunden in ihrer Stellung ehe sie wieder die Kraft zum Atmen gefunden hatte. Sie senkte ihren Arm und blickte erneut auf den Bildschirm. Sie las die Ziffern der Uhrzeit ab – noch hatte sie etwas Zeit, bevor das Treffen mit ihrem Meister anstand. Doch dann weckte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit. Erst jetzt hatte sie eine ungelesene Nachricht ihrer Eltern entdeckt. Sie drückte wieder einen Knopf, sodass sich der darin verborgene Text offenbarte. „Hallo Liebes…machen uns Sorgen um dich…ist etwas passiert.“, Hanas leise Stimme las einige Stücke der Textnachricht vor. Die Finger ihrer freien Hand fuhren durch ihr langes, braunes Haar, strichen eine Strähne zurück hinter ihr Ohr, damit das nervende Gefühl verschwand.
Sie biss sich auf ihre Unterlippe und schmiss das Gerät in der Rechten auf die weiche Decke. Sie schenkte dem keine Aufmerksamkeit, wollte und konnte es nicht. Sie wollte ihre Eltern nicht in eine Sache, die ihr sowieso niemand glauben würde, hineinziehen. Es war zu gefährlich. Sie hob ihren Kopf etwas und sah auf ein eingerahmtes Bild an der Wand, welches sie mit ihrer Familie zeigte. Am Tag, an dem das Schicksal sie in dieses neue Leben stieß, wollte sie ihre Eltern besuchen, doch kam es nie dazu. Ebenso hatte sie sich nicht gemeldet.
Ihre Füße bewegten sich von selbst, führten die verwirrte Gestalt in das Badezimmer. Sie musste nach vorne sehne um nicht dem Wahnsinn zu erliegen.

Nachdem Hana geduscht hatte und nun bequemere Sachen trug, war sie gerade auf den Weg in die kleine, anschließende Küche. Sie war sich sicher, dass ein heißer Tee sie auf andere Gedanken bringen würde, doch dann vernahm sie seltsame Geräusche außerhalb der Wohnung. Sie schlich sich an die Wohnungstür an und legte ihre Hand um die kalte Klinke. Die andere umfasste den kleinen Schlüssel, der reichte um das Schloss zu öffnen. Als sie aufgesperrt hatte, drückte sie die Türklinke nach unten und öffnete das Holz zwischen ihrer Wohnung und dem Gang. Nachdem ein paar Zentimeter geschafft waren, spähte sie hinaus. Es waren einige Männer anwesend, sie alle trugen Kisten, die vor die Tür gegenüber gestellt wurden. Interessiert beobachtete die Takanora das Geschehen. Ein eher schmächtiger Mann trug einen weiteren Karton, der ihm scheinbar zu schwer als. Er plagte sich regelrecht die letzten Stufen in den zweiten Stock, doch bevor sein eigentliches Ziel erreicht war, drohte er umzukippen.
Binnen einer Sekunde schaffte Hana es die Schwelle zu übertreten, die trennenden Meter zu überwinden und schließlich die fallende Kiste aufzufangen, damit Schlimmeres verhindert wurde. Das Erstaunen war ihr sicher, doch versuchte sie die Gesichtszüge ruhig zu lassen, damit das Ungewöhnliche nicht an Bedeutung gewinnen konnte. Der Fassungslose Arbeiter, der in fast schon kniender Position vor ihr stand war verblüfft über das plötzliche Erscheinen von Hana. Sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln, dabei hielt sie die fast gefallene Kiste sicher in beiden Händen. „Wo gehört die hin?“, fragte Hana mit höflicher Stimme und drehte sich um die eigene Achse, doch zuckte ihr gesamter Leib auf einmal zusammen. Sie krallte sich regelrecht an die Kiste, denn die Person, die nur wenige Zentimeter vor ihr stand, hatte sie erschreckt.
„Ich denke, dass sie mir gehört.“, es war eine sanfte Männerstimme, welche sie aufblicken ließ. Sie erkannte einen jungen Mann mit schwarzem Haar. Seine blaugrauen Augen strahlten eine unheimliche Kälte aus, dennoch trug er ein sanftes, freundliches Lächeln. Er nahm ihr das schwere Stück ab, dabei zogen sich seine Mundwinkel noch etwas weiter nach oben. „Danke, in der Kiste sind wertvolle Gegenstände. Ich bin übrigens Haruto Kouhei, der neue Nachbar.“, stellte er sich zum Schluss vor. Trotz des eisigen Blickes wirkte sein Lächeln warm und offen. Es war schwer dies einzuordnen. Dabei verlagerte er das Gewicht des Umzugskartons auf einen Arm, den anderen, der nun befreit war, streckte er aus. Er hielt ihr diesen hin, zur Begrüßung. Irritiert, doch angenehm überrascht tat sie es ihm gleich und schüttelte seine Hand, dabei formten ihre Lippen ebenfalls ein Lächeln, wenn es auch vorerst aufgesetzt war. „Hana Takanora.“, stellte sich die Frau der Höflichkeit
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