Mephisto
Würden sie ihn als den Versager sehen, der seinen Beruf trotz absolvierter Polizeischule hingeschmissen hatte? Oder den armen Tropf, dessen Familie umgebracht wurde und der ständig alle wegen Hinweisen nerven würde? Chris malte sich bereits Jägers Gesicht aus. Er würde ihn für keine Hilfe, sondern für eine Last halten. Ein Frack, dass mehr Schaden als Nutzen anrichten würde.
„Du hast wie immer Recht. Das geht mir langsam auf den Sack.“, entgegnete Chris. Damir grinste.
„Ich mach das ja nicht zum Eigennutz. Ich darf unsere Superfälle ja dann ganz allein bewältigen.“, erinnerte er. Chris stimmte ihm zu. Dafür war er vielleicht noch weniger zu beneiden. Er telefonierte mit Sebastian und nahm das Angebot an. Sebastian schien wenig überrascht über den Anruf, als ob er ihn bereits für früher datiert hätte. Chris legte den Hörer auf und lehnte sich zurück. Noch immer suchte er nach einer Ausflucht. Er wünschte sich bereits Reimer zurück, der sich eine Neue geangelt hatte und sie überprüfen lassen wollte. Doch es klingelte nicht. Kein dringender Fall. Chris fuhr nach Hause, schüttete sich noch einen Cognac ein und aß die halbe Wurstsemmel auf, die er seit der Mittagspause in der Tasche hatte. Er schlief ungewohnt schnell ein. Als ob er es schnell hinter sich bringen wollte. Die neuen Informationen blieben natürlich alles andere als traumlos. Ein Stier rannte auf Chris zu, der sich unerwartet aufbäumte und sich als Teufel mit langen Hörnern entpuppte. Mephisto. Er hielt plötzlich eine Klinge in der Hand, mit der er Chris attackierte. Dieser hatte keine Chance zur Flucht mehr. Mephisto hatte sich auch noch den Rest der Familie geholt. Chris wachte auf und starrte auf seinen Wecker, der im Dunkeln leuchtete. Fünf Uhr. Früh genug, für Polizeibedienstete. Chris stand auf, tuschte sich, schnappte sich eine Flasche Eistee und bestieg seinen Wagen. Er fuhr ohne Umwege zur Dienststelle.
Kapitel 6
Wieso fällt es uns so schwer an Gott zu glauben, wo wir doch bereits die Existenz des Teufels bewiesen haben?
„Hartmann, was stehen Sie da draußen herum, wie bestellt, aber nicht abgeholt?“, fuhr ihn Jäger an, der Chris vor der Tür erblickte.
„Guten Tag.“, konnte Chris nur erwidern. „Glauben sie nicht, wir warten auf Sie. Also bewegen Sie ihren Arsch rein und suchen sie sich einen Stuhl aus.“, drängte er. Chris trat ein und stand kurz darauf vor mehreren zusammen geschobenen Schreibtischen und einem Gewirr aus Telefonkabeln. „Chris! Ich darf, Sie doch Chris nennen?“, wurde dieser von der Seite angesprochen. Neben ihm hatte sich ein rundlicher, aber stämmiger Kerl aufgebaut. Grauer Anzug und Rote Krawatte schmückten ihn aus. Chris nickte und reichte ihm die Hand, die kurz darauf geschüttelt wurde. „Johannes Berger, ich habe bereits viel über Sie gehört.“, erklärte er. Chris wusste nicht wie er diese Worte und vor allem Bergers Auftreten einordnen sollte.
„Schon gut, Hannes, für sowas gibt’s die Pausen.“, schien Jäger all seine Untergebenen so steif zu behandeln.
„Da unser Ehrengast nun anwesend ist, zurück zum Tagespunkt.“, ergriff er das Wort. Berger bot Chris einen Stuhl an, den dieser annahm und bei dieser Gelegenheit seine neuen ‚Kollegen’ musterte. Außer Jäger und Berger waren noch zwei Männer und zwei Frauen anwesend. Eine der Frauen, Chris schätzte sie auf dreißig trug einen weißen Kittel, weswegen zu vermuten war, dass sie in der Forensik tätig war. Die Männer trugen wie Berger einen schicken Anzug und die zweite Frau einen typischen Anzug mit Faltenrock.
„Da Pajak bereits so freundlich war Ackermanns Sekretärin einzuladen wird er sie auch verhören. Braun und Schlager sehen sich nochmal die Tiefgarage an. Sofern sie dort etwas finden, sofort ab damit in die Forensik zu Frau Kohl und ihrem Team. Das wäre erstmal alles.“, beendete Jäger seine Ansprache. Chris staunte. „Ich will mich ja nicht aufdrängen, aber…“, begann er und erntete einen gestressten Blick seitens Jäger.
„Achja, bevor ich es vergesse. Das ist Herr Hartmann. Er dient als Kontakt zur Dienstelle. Falls er Fragen haben sollte, beantworten Sie ihm diese schnell und arbeiten Sie weiter.“, brachte es Jäger hinter sich. Doch so ließ Chris nicht mit sich umspringen. Er hatte sich doch nicht dazu durchgerungen hierher zu kommen, nur um Jäger schöner Stimme zu lauschen. „Ehrlich gesagt habe ich erwartet zu allererst ins Bild gesetzt zu werden. Ich denke, Sie alle haben Informationen, die mir leider fehlen.“, setzte sich Chris zu wehr. Die Mitarbeiter der SOKO, vor allem die Frauen musterten ihn. Scheinbar kam es nur selten vor, dass sich jemand Jäger entgegenstellte. Dieser verschränkte die Arme und verzog die Mundwinkel.
„Wir haben es hier mit einem Psychopathen zu tun, der mordet, wenn ihm gerade langweilig ist. Denken Sie wir haben Zeit auf Sie Rücksicht zu nehmen?“, fiel es Jäger schwer sich zu beherrschen. Nun schritt auch Berger ein. Chris’ Auftreten schien ihn animiert zu haben.
„Ben, er kann für die SOKO von großer Hilfe sein. Im Moment brauchen wir jeden Mann!“, sagte er. Jäger schien nichts anderer von Berger erwartet zu haben.
„Wie du meinst, Hannes. Dann stelle ich ihn ab sofort in deine Obhut. Du verschaffst ihm alle nötigen Informationen, die er braucht. Herr Hartmann, Sie halten sich ab sofort an Herrn Berger und belästigen keinen anderen der Ermittler.“, bestimmte er. Damit hatte Berger nicht gerechnet