Revived

dann sprang sein Sohn dazwischen. „So spricht keiner mit Vater! Wer glaubst du wer du bist?“, hatte er ihn angefahren, obwohl er die Antwort sofort wusste. Nabus Onkel, der in Babylon, als König Schamasch-Mudammiq bekannt war, wollte ihn zurechtstutzen, doch Nabu, der ebenfalls im Raum war, kicherte nur. Er kannte nicht viele Menschen, die sich gegen seinen Onkel auflehnten. Dieser Naid interessierte ihn. Er überredete seinen Onkel nicht so stur zu sein, welcher dann auch schließlich nachgab. Das war auch der Beginn von Nabus und Naids Freundschaft. Der Ort, an dem sie sich trafen, war jedoch auf den Palast beschränkt. Sein Onkel war stets in Sorge um seinen Neffen, und ließ auch nur selten in die Stadt. Und wenn dies erforderlich, besaß Nabu gleich eine ganze Leibgarde. Doch er fand diese Maßnahme unnütz. Die Bürger von Babylon kannten und mochten den jungen Prinzen. Gut, es gab immer wieder einige Leute, die etwas gegen den König hatten und Nabu für ihre Zwecke verwenden wollten. Diese Anzahl von Verbrechern war in Babylon jedoch selten. Nabu sah zu den Stadtmauern und seufzte. Er hatte bis jetzt nur einmal die Hauptstadt verlassen dürfen und dass auch nur für ein paar Tage. Sein Onkel hatte ihn zu einem Ausritt mitgenommen. Als Nabu sich jedoch dumm angestellt und vom Pferd gefallen war, wurde sofort der Rückweg angetreten. Nabu hatte sich zwar nicht wirklich verletzt, aber sein Onkel blieb hart. Nabu konnte ihn verstehen. Immerhin war er der zukünftige König. Neben Adad, der ihn alles Wissenswerte lehrte, besaß Nabu auch einen Trainer, der ihm das Kämpfen beibrachte. Nabu stellte sich dabei zwar noch etwas ungeschickt an, aber dennoch wurde er oft gelobt. Sein Trainer war eindeutig freundlicher als Adad. Oder traute er sich nur nicht, am Prinzen Kritik zu üben? Adad war diesbezüglich offener. Bestimmt fluchte er bereits, dass Nabu sich davongeschlichen hatte. Dieser beschloss sich zu beeilen und Naid noch einen guten Tag zu wünschen und ihm eventuell etwas von seinem Frühstück zu stibitzen.


Als Nabus Onkel den Klassenraum betrat, fand er Adad mit hängendem Kopf vor. Als er seinen Kopf wendete und den leeren Platz vorfand, an dem Nabu noch vor einigen Minuten gesessen war, begann er lautstark zu lachen. Adad fand diese Reaktion unpassend. „Mein König, Euer Neffe hat sich bereits zum dritten Mal meinem Klassenraum geschlichen.“, beschwerte er sich. Der König unterbrach sein Lachen. „Und zum dritten Mal, hast du es nicht bemerkt, alter Freund.“, erwiderte er halb vorwurfsvoll und halb amüsiert. Diesen Schuh musste Adad sich anziehen. Wenn er einmal für Babylons Geschichte und seine Vorfahren vertieft war, schaltete er seine Umgebung komplett aus. „Ich werde mich sofort auf die Suche begeben.“, versprach er. König Schamasch-Mudammiq schien aber nichts davon zu halten. „Lass es gut sein. Er würde dir nur wieder entwischen. Ich werde die Palastwachen anweisen den Prinzen zurückzuholen.“, erwiderte er. Adad, der noch immer ein schlechtes Gewissen besaß nickte verständnisvoll. König Schamasch-Mudammiq war ein gutmütiger Mensch. Das Einzige, was ihn von einer Vergebung Adads abhalten konnte, war wenn Nabu etwas zustoßen sollte. Aber wahrscheinlich sorgte sich der Herrscher ganz umsonst. Die Feinde Babylons lauerten außerhalb der Stadt und nicht im Inneren. Nabu würde unversehrt zu ihm zurückkehren. Eines bereitete ihm allerdings besonders Sorgen. Die Feinde, die Babylon bedrohten kamen nicht nur aus anderen Ländern, sondern aus Babylonien selbst. Anderen Herrschern passte Schamasch Regierung und seine Sanftheit nicht. Dennoch würden diese Feinde nie einen Angriff wagen. Babylon stand unter dem Schutz des Hauptgottes Marduk. Im Gegensatz zu seinen Sgleichen, ließ dieser die Hauptstadt des Babylonischen Reiches nie aus den Augen. Ihm waren die Menschen des Landes ebenso wichtig wie Schamasch. Das war wohl auch der Grund, warum dieser ihn so schätzte und verehrte. Aber da gab es noch einen Grund. Und dieser betraf Nabu und dessen Herkunft. Der König ließ den bedrückten Adad zurück und marschierte in Richtung Treppe. Zwei Wachen standen davor, die ihren König zuerst musterten, bevor sie ihn passieren ließen. Dies hatte den Grund, dass sie nicht direkt Schamasch-Mudammiq unterstanden, sondern Marduk. Wenn sich dieser nicht gerade in den göttlichen Sphären aufhielt, dann in seinen Räumlichkeiten des Babylonischen Palastes. Heute war einer dieser Tage, an dem der König die Gottheit dort vorfinden würde. Der König stöhnte hörbar, als er die lange Treppe nach oben stieg. Man konnte ihn eher als gewichtig oder korpulent beschreiben. Am oberen Ende befanden sich zwei weitere Wachen. Sie hatten den ausdrücklichen Befehl nur den König vorbeizulassen. Nicht einmal Prinz Nabu hatte die Erlaubnis zu passieren. Trotz ihrer Zugehörigkeit grüßten sie den König und verbeugten sich. Einer der Wachen öffnete die Tür, durch die Schamasch-Mudammiq verschwand. Die Räumlichkeiten dahinter erinnerten an die göttlichen Sphären. Die Wände schimmerten himmelblau und es lag ein Duft im Raum, den man wahrscheinlich nirgends sonst auf der Welt vernehmen konnte. Außerdem war es still. Der Turm, in dem sich Marduk befand war der höchste Punkt der Stadt und blieb vom Straßenlärm unberührt. Nur der Wind war zu hören, der gegen das einzelne Fenster im Turn peitschte. Durch dieses Fenster beobachtete Marduk seine Stadt und wachte darüber. Zumindest fand ihn der König meistens in dieser Position vor. Auch Heute. Der König unternahm einen Versuch sich zu verbeugen, doch Marduk stoppte ihn. „Das hast du nicht nötig, alter Freund.“, beeilte sich der Gott zu sagen. Schamasch-Mudammiq klopfte sich die Knie und stand wieder aufrecht. „Verzeiht, dass ich Euch störe, aber…“, begann er zu erklären, doch Marduk schnitt ihm das Wort ab. „Nabu ist wieder einmal fortgelaufen.“, setzte er für den König fort. Noch bevor sich dieser wundern konnte, erinnerte er sich, dass er einem Gott gegenüber stand. Die Erklärung für Marduks Wissen war allerdings eine andere. „Ich habe ihn beobachtet, wie er den Palast verlassen hat.“, erzählte er. Babylons König zeigte sich überrascht. „Ich beobachte ihn des Öfteren.“, erklärte Marduk. Ein Lächeln huschte über das Gesicht beider Männer. „Er ist groß geworden.“, meinte Marduk leise. Schamasch-Mudammiq pflichtete ihm bei. „Meine Schwester hätte sich gefreut ihn so zu sehen.“ Dieser Satz ließ Marduk seufzen. „Mit Sicherheit hätte sie das.“, sagte Marduk nur. Schamasch-Mudammiq kämpfte mit sich. Schließlich gab er seinem Drang nach. „Ich möchte Euch etwas fragen.“, begann er. Marduk schien die Frage bereits zu erkennen. Die Antwort jedoch nicht. „Warum ich es ihm nicht erzähle? Er mag vielleicht alt genug sein, um es zu verstehen, aber er ist noch nicht breit dafür. Denke an eines. Wenn deine Zeit vorbei ist, wird es als Herrscher Babyloniens aufsteigen. Und eines Tages…noch weiter.“ Schamasch-Mudammiq starrte ihn unsicher an. „Das heißt…falls Babylon noch so lange existiert.“, sagte Marduk plötzlich und der König zuckte zusammen. „Was wollt Ihr damit sagen?“, fragte er irritiert. Marduk holte tief Luft. „Ein Sturm braut sich zusammen, alter Freund.“, beschloss er ihm die Wahrheit zu sagen. Der König war sich jedoch nicht sicher, was der Gott damit meinte. „Steht Babylon etwa ein Angriff bevor? Welcher Verrückte würde so einen Versuch starten?“ Marduk konnte ihm keine klare Antwort darauf geben. „Jemand der Erneuerung will. Babylonien ist eine alte Zivilisation. Und jede Zivilisation muss eines Tages dem Neuen weichen.“, sagte Marduk streng. Nabus Onkel blickte ihn unwirklich an. „Das kann unmöglich Euer ernst sein.“, sagte er schwach. Marduk erwiderte nichts darauf. „Etwas kommt näher. Ich möchte, dass du Nabu schnell findest.“, trug ihm der Gott auf. König Schamasch-Mudammiq nickte schwach. Marduks Worte hatten ihm Angst eingejagt. Dennoch folgte er dem Befehl, dem ihm sein alter Freund gegeben hatte. Die Wachen brachen auf, um nach dem Ausreißer zu suchen. Schamasch-Mudammiq hatte ihnen einen Rat gegeben, wo sie ihn eventuell finden konnte.


Nabu war berechenbar. Es war klar, dass er Nait aufsuchen würde, wenn er die Gelegenheit dazu fand. Er hatte den Rand der Stadt erreicht und stand vor einem alten, rustikalen Brockhaus. Er beschloss seinen Onkel zu bitten es streichen zu lassen wenn er zurück war. Möglicherweise kam er auch erst in ein paar Tagen dazu, falls sein Onkel zu wütend auf ihn war. Er würde ihm alle Privilegien streichen. Nur der Unterricht bei Adad würde ihm blieben, was eigentlich die schlimmste Folter für ihn war. Nabu wagte es nicht anzuklopfen, da Naits Eltern dem König sicher Bericht erstatten würden. Also kletterte er auf den Brunnen, um einen Blick durch das Fenster zu erhaschen. Trotz dem Risiko entdeckt zu werden blickte er in das Innere und erkannte drei Personen. Es handelte sich um Nait und seine Eltern. Nabu hatte Glück. Die Eltern seines Freundes saßen mit dem Rücken zu ihm. Nabu unternahm Anstallten zu winken, doch Nait war zu sehr in sein Frühstück vertieft. Nabu wagte es auch nicht zu klopfen, da er sonst Gefahr lief entdeckt zu werden. Er beschloss einfach weiter zu winken, bis es Nait einmal in den Sinn kam nach Draußen zu sehen. Nabus Freund hatte gerade ein großes Stück Brot im Mund, als er den Prinzen endlich entdeckte. Er machte große Augen und verschluckte sich fast. Er schlang das Stück Brot hastig hinunter und schluckte dabei. Seine Eltern fragten ob alles in Ordnung sei, doch Nait nickte nur verlegen. Dann meinte er jedoch, dass er kurz auf die Toilette musste. „Ich bin gleich wieder da.“, versprach er. Zuerst zierten sich seine Eltern, stimmten dann aber zu. Nait stürmte auf den Gang und stieß die Tür auf. Nabu wartete brav davor. „Wie kommst du
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