Revived
Gitter!“, befahl einer von ihnen. Als Nabu nicht sofort spürte, zog der Wärter einen Art Stock und richtete ihn auf den Prinzen. Nabu erkannte noch rechtzeitig, dass es sich um einen Speer handelte. Panisch wich er zurück. Jemand packte ihn an der Schulter und drückte zu. Nabu wendete sich und erblickte einen zitternden Nait. „Sie werden uns nichts antun…“, wollte er ihn beruhigen. Nait schien dies nicht zu beruhigen. „Der Typ hat den Prinzen mit einem Speer attackiert!“, rüttelte er ihn wach. Das Gitter wurde geöffnet und zwei Wärter traten ein. „Wer hat die Kinder gefangen genommen?“, fragte einer nach hinten. Er erhielt entweder Kopfschütteln, oder gar keine Reaktion. „Das…ist ein Versehen!“, beeilte sich Nait zu sagen. „Wir sind durch ein Portal hierher gelangt!“, sprach er. Die Wärter sahen ihn schräg an. Sie glaubten ihm kein Wort. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, was er mit Portal meinte. Nun versuchte Nabu sein Glück. „Ich bin Nabu! Prinz von Babylon!“, redete er auf die Wärter ein. Diese verzogen keine Miene. „Prinz? Das hättest du wohl gern. Und was soll dieses Babylon sein?“, fragte einer erwartend. Nabu stutzte. Kannten diese Kerle die Hauptstadt tatsächlich nicht. „Nehmt sie mit!“, rief nun plötzlich der alte Mann. Die Wärter würdigten ihn keines Blickes. „Dein Glückstag.“, kicherte schließlich der Anführer der Wärter. „Nehmt sie mit.“, befahl er. Die übrigen Wärter stürmten in die Zelle und versuchten die Jungen zu packen, welche ängstlich zurückwichen. Aber der einzige Fluchtweg wurde von fünf starken Kriegern versperrt. Die Jungen beschlossen sich nicht zu wehren, als sie an den Armen gepackt und hinausgeschleift wurden. Der alte Mann grinste triumphierend. Die Jungen hatten sein Leben um vielleicht eine weitere Woche verlängert.
Nabu und Nait bildeten das mittlere Glied der Kette. Vor ihnen marschierten drei der Krieger und hinter ihnen zwei. Eine Flucht nach hinten wäre noch am möglichsten, doch gab es einen weiteren Ausgang aus diesem Gebäude? Oder würden sie nur wieder in ihre Zelle laufen? „Sie mal!“, machte Nait seinen Freund auf etwas aufmerksam. Nabu reckte seinen Kopf und blickte in Richtung Wand. „Schriftzeichen.“, staunte er. „Die kenne ich nicht.“, fügte Nait hinzu. Nabu musste zugeben, dass er sie ebenfalls nicht lesen konnte. Vielleicht hatte Adad diese Zeichen einmal erwähnt, aber Nabu hatte es schlichtweg vergessen. Die Zeichen bestanden größtenteils aus Bildern, schienen aber dennoch lesbar zu sein. Waren sie überhaupt noch in Babylonien? Waren sie in ein anderes Land transportiert worden? Oder etwa gar in eine andere Welt? Nabu und Nait erkannten das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels. Der Ausgang rückte näher und somit auch die Fluchtmöglichkeit. Entweder die Wachen kannten Nabu wirklich nicht, oder sie waren Feinde Babylons und hielten den Prinzen für wichtig. „Kannst du das wirklich nicht entziffern? Wofür studierst du diese ganzen Papyrusrollen?“, flüsterte Nabu Nait zu. Dieser strafte ihn mit einem bösen, aber auch ängstlichen Blick. Die Jungen und ihre Begleiter hatten den Ausgang nun erreicht und traten an die frische Luft. Schon bei seinem ersten Schritt spürte Nabu eine Veränderung. Er sah zu Boden und blickte auf etwas Grünes. War das Gras? Und dort vorne…Bäume! Er sah Naits Verwirrtheit und wusste, dass sein Freund noch nie einen echten Baum gesehen haben musste. Sein Onkel hatte ihn einmal zu einer Oase, außerhalb Babylons mitgenommen. Trotz der brennenden Sonne konnten solche Orte entstehen. „Ich glaube…wir sind wirklich nicht mehr in Babylonien.“, sprach Nait leise. Nabu wusste, was sein Freund meinte. Die Oase, in der sie sich befanden musste riesig sein. Bäume und Sträucher erstreckten sich meterweit nach vorne. Nait blickte nach hinten und entdeckte, dass sich ihr Gefängnis in einer Höhle befunden hatte. Sie fanden jedoch keine Zeit zu beratschlagen. Die Wärter trieben sie wieder an und die Jungen konnten noch mehr von der idyllischen Umgebung bewundern. Ihr Staunen sollte allerdings erst seinen Höhepunkt erreichen. Die Gruppe gelangte an einen Felsvorsprung, an dem eine in den Stein gehauene Treppe ins Tal hinunter führte. Was in diesem Tal zu sehen war, raubte dem Jungen den Atem. Zuerst sah es wie ein riesiger, zackiger Berg aus. Schließlich erkannten die Jungen eine Pyramide. „Ägypten! Wir sind in Ägypten!“, stieß Nait hervor. Nabu hielt diesen Gedanken für Unsinn. Ich war noch nie in Ägypten, aber ich weiß, dass es dort sicher keinen solche Umgebung gibt.“, meinte er. Nait musste ihm rechtgeben. In den vielen Schriftstücken, der er Nacht für Nacht gelesen hatte, stand nichts von so einem Paradies. Dafür fiel Nait aber etwas auf. „Die Bilder…von den Pyramiden, die ich bis jetzt gesehen habe sehen völlig anders aus.“, erinnerte er sich. Die Jungen verstanden nun gar nichts mehr. Der Anführer der Wachen hatte ihr Gespräch belauscht. „Wer seid ihr? Und wer hat euch in das Gefängnis gesperrt?“, wollte er nun endlich wissen. Als Nabu dann wieder von dem Portal anfing, würgte ihn der Wärter ab. „Schluss mit euren Märchen. Ihr glaube zwar ihr wisst ganz genau, wo ihr euch hier befindet, aber ich möchte gnädig sein. „Ihr seid in das Reich von Huracan, dem Gott des Sturmes eingedrungen.“, erklärte er den verdutzten Jungen. Diese sahen sich gegenseitig an, kamen aber zum selben Schluss. Sie hatten den Namen dieses Gottes noch nie vernommen. „Ich…habe so ein Bauwerk noch nie gesehen. Nicht einmal der Palast von Babylon ist so beeindruckend. In…welchem Land befinden wir uns? Wer seid ihr?“, wagte Nabu zu fragen. Der Wärter schwang seinen Kopf nach rechts und gab seinen Verbündeten so ein Zeichen. Nabu und Nait wurden wieder zum Gehen gezwungen. Doch der Anführer der Wärter zeigte sich großzügig und beantwortete die Fragen während des Marsches. „Unser Volk nennt sich Mayas. Wie gesagt, dieses Territorium wird von Huracan kontrolliert. Unser Dorf betet ihn an und wird von ihm beschützt. Von eurem ‚Babylon’ habe ich jedoch noch nie etwas gehört.“, gestand er. Nabu und Nait waren für einen Augenblick baff. Dann drang eine Idee in Nabus Kopf ein. Wollten sie im Prinzip nicht hier her? Sie waren auf der Suche nach einem Gott, der Marduk im Kampf gegen Nergal beistand. Diese Krieger, die sich Mayas nannten, wollten sie zu ihrem Gott Huracan bringen. Zugegeben, sie hatten noch nie etwas von diesem Gott gehört und es war inzwischen klar, dass sie sich in einem anderen Land befanden. Der Umgebung nach…vielleicht sogar auf einem anderen Kontinenten? Vielleicht würde Huracan sie anhören und sie zurück nach Babylon bringen. Nabu wusste, dass sie eine sehr blauäugige Sichtweise war, aber der Versuch musste unternommen werden. Naits Gedanken drehten sich inzwischen mehr um Flucht. Aber auch er wusste, was von ihm und Nabu abhing. Sie hatten das Ende der Treppe erreicht und standen nun in dem Tal, in dem das Dorf der Mayas lag. Erst jetzt konnten sie erkennen, wie hoch sich die Pyramide wirklich erstreckte. „Unglaublich.“, staunte Nait. „Es ist etwas anderes solche Dinge in echt zu sehn.“, meinte er. Nabu konnte sein Entuisasmus nur zur Hälfte teilen. „Es wäre unglaublicher, wenn wir keine Gefangenen wären.“, äffte er. Aber Nait hatte Recht. Die Pyramide war wirklich eine Sehenswürdigkeit und die Wärter blieben extra stehen, damit die Jungen sie bestaunen konnten. Sie schien ihr ganzer Stolz zu sein. Im Vergleich zu ihr verblassten die übrigen Bauten, die wohl zum wohnen gedacht waren. Obwohl sie nicht mehr auf dem Felsvorsprung waren, konnten Nabu und Nait das gesamte Dorf überblicken. Immer wieder spazierten Dorfbewohner aus ihren Häusern, blickten die Fremden Jungen kurz an und setzten ihren Weg fort. Ihr Ziel war immer das Selbe. Die Spitze der Pyramide. Nun verlangten auch die Wächter, dass Nabu und Nait diesen Weg einschlugen. „Huracan erwartet euch bereits.“, säuselte ihr Anführer. Während Nait diese Aussage gruselte, hoffte Nabu mit dem Gott reden zu können. Die Treppe der Pyramide hinauf zu steigen erwies sich als Tortur. Sie hatten kaum die halbe Strecke absolviert, da sahen sie schon wie die Dorfbewohner auf sie herabblickten. Die Wächter zwangen sie die übrige Strecke zu bewältigen. „Keine Spitze.“, sagte Nait verwundert. „Es gibt also Unterschiede zwischen den Pyramiden in Ägypten.“ Nabus Gedanken drehten sich im Moment um etwas anderes. Gleich würde er dem Gott gegenüberstehen, der Babylon entweder retten oder im Stich lassen konnte. Diese Reise durfte nicht umsonst gewesen sein! Marduk hatte seine letzte Kraft in sie investiert. Außerdem war es merkwürdig, dass sie die Sprache dieser Mayas verstanden und umgekehrt. Nabu vermutete, dass Marduk auch dies arrangiert hatte. Sie waren nun oben angelangt und standen der Gruppe Mayas gegenüber. Diese machten jedoch sofort Platz, als die Wärter auf sie zuschritten. Nabu und Nait entdeckten nun ein kleines Becken, mit trübem, grünem Wasser. Die Wächter drängten sie so lange, bis sie direkt davor standen. Nabu konnte nicht einmal sein Spiegelbild erkennen, als er hineinschaute. „Ihr wurdet auserwählt.“, sagte nun eine Stimme. Nabu und Nait blickten sich um entdeckten einen merkwürdig aussehenden Mann mit Federn auf dem Kopf. Sie spekulierten, dass es sich um eine Art Priester handeln könnte. Der Anführer der Wachen schien etwas sagen zu wollen, ließ es dann aber bleiben. Wahrscheinlich wollte er vom Portal berichten, glaubte aber ausgelacht werden zu können. „Wir möchten zu Huracan.“, sagte Nabu entschieden. Nait war inzwischen noch immer vom Wasser fasziniert. Vom ihm ging der Geruch des Todes aus. Der Priester begann zu schmunzeln. „Eure Seelen werden bald bei ihm eintreffen.“, erklärte er. Nabu sah ihn fragend an. Nait tat einen