Kazumi
Das goldene Auge
Der Schatten
Prolog
Die Nacht war kühl und lag wie eine schwere Decke über der Landschaft. Ein starker Wind fegte umher und entlockte den Bäumen ein geisterhaftes Rascheln. Die Musik der Nacht. Ein Schatten huschte durch den Wald. Geschmeidig und lautlos bewegte es sich wie eine Raubkatze und passte sich präzise an seine Umgebung an. Vor einer Lichtung blieb es stehen, gut geschützt von den Bäumen, sodass es vor den unerwünschten Blicken anderer verborgen war. Die Lichtung lag still vor ihr. Nur die Grashalme wiegten sich im Wind hin und her und bedeckten den offenen Platz mit ihrem immerzu anhaltenden rauschen. Das knacken eines Zweiges bestätigte ihre Vermutung, dass sie nicht alleine war. Von ihrem Platz aus konnte sie sehen, wie sich ein großer, breiter Schatten aus der Dunkelheit löste und auf die Lichtung trat. Auch ihr gegenüber wusste, dass er nicht alleine war. „ Willst du dich verstecken?“, fragte er mit kalter Stimme in ihre Richtung. Mit leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln löste sie sich aus dem Schatten der Bäume und trat ebenfalls auf die Lichtung. Ihre Bewegungen waren fließend, ihre Körperhaltung elegant und aufrecht. „ Wohin des Weges so alleine und mitten in der Nacht?“, fragte er höhnisch. Das Mädchen blieb stumm und sah ihren Gegenüber uninteressiert an. Dann setzte sie sich in Bewegung und ging elegant an ihm vorbei. Der Youkai sah ihr perplex hinterher. Binnen kurzer Sekunden wandelte sich seine Überraschung in Wut und es sprang dem Mädchen in den Weg. „ Wie kannst du es wagen mich Tsuyoshi , den mächtigen Youkai dieses Waldes, zu ignorieren“, zischte es mit vor Zorn geröteten Augen. Das Mädchen blieb einige Schritte vor ihm stehen. „ Geh mir aus dem Weg“. Ihre Stimme war zart, dennoch war der feste Unterton nicht zu überhören. „ Du wagst es mir Befehle zu erteilen?! Du ein einfaches, unwürdiges Menschenweib. Ich werde dir Respekt lehren“! Der Youkai bäumte sich zu seiner vollen Größe auf. Sein boshaftes Lachen erklang in der ganzen Nacht. Die Bäume um die Lichtung herum bogen sich bei den zum Vorschein tretenden Energiemengen. Unbeeindruckt blickte das Mädchen zu ihm hoch. „ Ich sage es noch einmal. Geh mir aus dem Weg!“; sagte sie ruhig. „ Was wenn nicht? Was willst du Menschenweib schon anstellen“, höhnte der Youkai. „ Ich habe dich gewarnt,“ sagte das Mädchen leise. Dann zog es blitzschnell einen Hand großen Stab aus dem Halter an ihrem Bein. „ Hahahaha. Dieses Holzstück kann ich als Zahnstocher benutzen nachdem ich dich verschlungen habe“. Das Mädchen ignorierte seine Worte und drehte den Stab einmal um die eigne Achse. Sofort erschien ein leicht helles Licht und umhüllte den wachsenden Stab. Plötzlich erlosch das Licht und das Mädchen stand mit dem gewandelten Stab wieder in der Dunkelheit. „ Genug der Zaubertricks. Mach dich bereit zu sterben“, schrie der Youkai und setzte zum Angriff an. Ein Adrenalin stoß packte das Mädchen und sie grinste. Mit einem Sprung war sie über dem Youkai und holte mit ihrem Stab aus. Ihr Schlag traf den Youkai an der Schulter und ein Blitzschlag erhellte die Lichtung. Der Youkai schrie schmerzhaft auf. „ Du Miststück. Das wirst du mit deinem Leben zahlen,“ zischte er und setzte zu einem neuen Angriff an. Erneut wich das Mädchen seinem Angriff aus und traf ihn am Bein. Der Youkai brüllte auf und holte mit seiner Faust aus, um ihren Kopf zu treffen. Schnelle parierte sie den Schlag und verletzte den Youkai an weiteren Stellen. Die Luft roch langsam nach dem verbrannten Fleisch des Youkai , der mit dem letzten Angriff des Mädchen auf den Boden gesunken war. Schwer Atmend stand er auf und sah das Mädchen mit seinen roten, zornigen Augen an. Aus seinem Mundwinkel tropfte Speichel, den er mit seinem Ärmel wegwischte. Sein ganzer Körper zuckte noch von dem letzten Blitzschlag. Taumelnd versuchte er sein Gleichgewicht zu finden. „ Ich... ich... werde dich umbringen“. Kam es röchelnd aus seiner Kehle. „ Ich habe keine Zeit für Spielchen“, zischte das Mädchen. Dieser Youkai wurde von mal zu mal lästiger. Mit einem weiteren Schlag traf sie den Youkai, der erneut aufschrie. „Stirb endlich“, fügte sie laut hinzu und verpasste ihm einen Kräftigen Schlag gegen den Magen. Unter einem grellen Blitz löste sich der Youkai, mit schmerzerfülltem Schrei, auf. Einzig seine Asche blieb übrig, die vom Wind in alle Himmelsrichtungen verstreut wurde. Das Mädchen ließ ihren Stab seine übliche Form annehmen und packte ihn weg. Dann legte sie die Hände zusammen und verneigte sich höflich aber kurz vor dem letzten Aschenhaufen vor ihr, bevor sie sich wieder auf den Weg machte und die Lichtung verließ.