Weine nicht
Tagebuch eines Mädchens
Weine nicht
Weine nicht
Liebes Tagebuch,
alles ist wie immer. Die Schule sitzt mir im Nacken damit, mich wieder im Unterricht zu beteiligen, sonst werde ich das Abitur nicht schaffen, sagen sie. Aber ich werde sowieso garnicht erst soweit kommen. Bis dahin sind es immerhin noch 2 Jahre, also noch einige Zeit. Zeit die ich nicht habe.
Liebes Tagebuch,
Es wird immer schwerer, die fröhliche, lockere Maske vor meinen Eltern anzulegen. Jedesmal wenn ich Kinder oder jugendliche sehe, werde ich depressiver. Sie können unbeschwert lachen, zerstören leichtfertig ihr leben. Früher habe ich nie darauf geachtet, aber jetzt scheint jeder Alkohol zu trinken oder Drogen zu nehmen.
Liebes Tagebuch,
Ich habe mich mittlerweile mit meiner Zukunft abgefunden. Es scheint mir, als würde mein leben wieder aufwärts gehen. Der sonst so graue Himmel leuchtet in einem strahlendem Blau, sowieso scheint die ganze Welt viel heller zu sein. Die Last und der Druck in meinem inneren sind verschwunden, und ich fühle mich befreit.
Es ist einfach unglaublich!
Liebes Tagebuch,
sie haben es herausgefunden!
Zwei Jahre lang habe ich es geschafft sie geheimzuhten. Mittlerweile war ich schon so weit, mich in Hoffnung zu wiegen, aber wie sollte es anders kommen, hat mich auf der zielgeraden das Glück verlassen.
Es geschah ganz überraschend, es traf mich völlig unforbereitet als ich heute nach der Schule nach Hase gekommen bin. Mit verschränkten Armen stand meine Mutter im Hausflur. "Was hat das zu bedeuten?" Ihre stimme klang ziemlich ungehalten, doch ich war zu dem Zeitpunkt noch ahnungslos, was denn passiert war. "Was hat das zu bedeuten?", hat sie wiederholt. Da habe ich den Brief auf der Kommode entdeckt. Er war von meinem Onkologen. Er wollte den letzten Termin verschieben. Meine Mutter hat ihn angerufen und es herausgefunden, er hat ihr alles erzählt.
Liebes Tagebuch,
Ich liege im Krankenhaus, bereit zu sterben. Dabei wollte ich doch Zuhause sein. Wäre dieser verdammte Brief nur nicht gewesen! Ich hatte alles geklärt, wie viel zeit habe ich damit verbracht, die Ärzte davon zu überzeugen, meiner Mutter nichts zu sagen?
Alles umsonst. Ich hab versucht ihr das Krankenhaus auszureden, aber sie hat es nicht zugelassen. Sie will mein leben so weit es geht verlängern. Mit Medikamenten und Maschinen. Sie will, dass sie mir die befallene Lunge entfernen, dann müsste ich an eine Maschine angeschlossen sein. Aber wozu? Mein Krebs hat doch schon lange Metastasen gebildet. Es hat keinen Sinn.
Liebes Tagebuch,
Es war ihr egal. Egal, das ich sterben wollte. Sie hat mich operieren lassen. Ich kann ja verstehen, dass sie mir helfen will, dennoch muss sie lernen loszulassen, so wie ich es gelernt habe.
Trotz Op geht es mir schlechter, es ist nur eine Frage der Zeit.
Liebes Tagebuch,
Es geht zuende.
Liebes Tagebuch,
Heute ist mein letzter Eintrag. Ich habe es geschafft eine Patientenverfügung zu bekommen. Auf meinen Wunsch hin werden die lebenswichtigen Maschinen abgestellt.
Ist es egoistisch von mir, dass ich mich darüber freue?
Danke für alles.
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Hallo.
Idee und Anfang sind schon etwas auf dem Handy gespeichert und gerade in der Freistunde Sache ich mit: Warum nicht?
Was das Thema betrifft: Lungenkrebs Stadium 4. Ob man noch was tun kann ist mir fachlich nicht ganz klar. Man möge mir verzeihen. (zugegeben meine Kenntnisse habe ich alle nur aus Greys Anatomy und Dr. House... Von daher)
Hoffe es hat trotzdem gefallen...