Das größte Tabu

nicht einmal annähernd Glauben zu schenken. Dies bemerkte aber niemand.
Plötzlich stürmten die Dorfbewohner auf Edward zu, der im ersten Moment sehr perplex drein sah.
"Was soll der Mist?!", gab der Blonde von sich, ehe er sich aus den Griffen befreite – hatten doch zwei Männer seine Arme gepackt.
"Nii-san!"
"Keine Sorge, Al! Die bekomm ich schon gebacken." Selbstsicher lächelte der 15-Jährige. Mit etwas Mühe konnte sich der Fullmetal Alchemist befreien und hatte nun genug Spielraum, um seine Handflächen zusammen zu fügen. Die Kraft des so entstandenen Transmutationskreis bündelte er auf dem Boden. Hell leuchtete es auf.
"Was?!", schrie der Bürgermeister und trat dabei einen flüchtenden Schritt zurück.
Während eine große Lanze aus dem Boden stieg, machten sich alle Anwesenden zu einem Kampf bereit.
"Eure letzte Chance! Gebt Al frei, oder ich wende Gewalt an!"
"Uh~", brachte der alte Mann, von der Lanzenspitze bedroht, hervor. "Niemals!"
"Gut. Wie Ihr wollt" antwortete ihm Edward darauf leise, senkte für einen Moment seinen Kopf.
"Worauf wartet ihr? Na los! Greift den Zwerg endlich an!"
"...Zwerg...?" Jetzt war der Fullmetal Alchemist nicht mehr zu bremsen. Er hasste es einfach, als Kleiner bezeichnet zu werden. "Nenn mich nicht Gartenzwerg!"
Wie wild schlug der 15 Jahre alte Junge nun um sich. Nach nur wenigen Minuten stand keiner der Anwesenden mehr auf seinen Beinen.
"Du gute Güte...", murmelte der einzige, noch stehende Mann leise. Der Anblick seiner Gefolgsleute schien ihm schwer zu schaffen zu machen. Er war sichtlich entsetzt und erstaunt über die Kraft dieses Kindes.
Mit langsamen Schritten kam Edward nun auf den Bürgermeister zu. "Was ist nun? Ergebt Ihr euch?" Zornig sah der Fullmetal Alchemist drein – wollte er doch endlich weg von hier.
"...Nhn! Niemals!" Der alte Mann hatte Angst, dass sah man ihm an. Wie hatte er auch ahnen sollen, dass so ein kleiner Junge zu solchen Taten imstande war? "Gib mir meine kleine Enkelin zurück!"
Doch dass das nicht ging, wusste hier jeder. Besonders Ed und Al waren sich dieser Tatsache sehr genau bewusst. Sie wollten damals nur ihre Mutter wieder lächeln sehen. Und dafür brachen sie das größte Tabu der Alchemie. Die menschliche Transmutation.
Für einen kurzen Moment war der Bürgermeister unbeobachtet gewesen. Der Schwarzhaarige griff zu einer Waffe, welche er an einem Halfter an seinem Rücken versteckt hatte.
"Vorsicht Ed!", rief der junge Elric-Bruder, doch zu spät.
>PENG< machte es nur und eine der Kugeln flog direkt auf Edward zu. Der Rauch, der aus der Pistole kam, stieg langsam auf. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Älteren.
"Ahn~" Die blutende Schulter des Blonden verriet, dass die Kugel ihn tatsächlich getroffen hatte. Ed hielt sich die schmerzende Schulter, doch wirklich helfen tat das nicht.
"Nii-san...", brachte Alphonse besorgt hervor, während er versuchte, den Fesseln zu entkommen.
"Hahaha! Das war's wohl, was Fullmetal Alchemist? Spüre den Schmerz, den du uns zugefügt hast!"
Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte der junge Mann aufrecht stehen zu bleiben. So schnell würde er nämlich nicht aufgeben! Niemals.
Mit letzter Kraft transmutierte er seinen Arm, um diesen als nächstes einzusetzen. Schnell hatte er
sich bewegt und hielt die Klinge nun an den Hals des Entführers.
"Du...verdammter Rotzbengel", keuchte der bedrohte Mann, ehe er sich verzweifelt auf die Knie warf.
"Uhu~! Shelly!" Tränen stiegen auf, die der alte Mann nicht zu unterdrücken versuchte. "Es tut mir Leid! Ich... konnte dich nicht Rächen!"
Edward sah diesem Häufchen Elend nur kurz zu, widmete sich dann aber seinem Bruder.
"Halt still!" Und schon waren die Seile, die Al an den Pfeiler fesselten, zerschnitten. Endlich war er wieder frei.
"Danke, Nii-san!"
"Bitte. Und nun raus hier!" Edward lächelte – trotz seiner Verletzung.
"Nii-san... Wer...?" Doch zu Ende sprechen konnte der Jüngere nicht. Schnell war Edward aufgestanden und hatte dem Mann einen mitleidvollen Blick entgegen gebracht.
"Lass uns gehen, Al", gab der Fullmetal Alchemist leise von sich und verließ zusammen mit seinem Bruder das dunkle Kellergemäuer. Der Bürgermeister Wools saß noch ein paar Stunden dort unten und trauerte um die verlorene Rache.

Die beiden Elric-Brüder standen nun wieder vor dem Uhrenturm. Die Sonne schien auf sie herab.
"Wie das blendet", meinte Edward nur und hob seinen Arm an. Dabei fiel Alphonse die Verletzung wieder ein.
"Schnell Ed! Wir müssen deine Wunde versorgen!"
Der Angesprochene blickte aber nur verdutzt auf die Streifwunde. "Ach was! Das ist doch nicht schlimm!" Er spiele es runter – wie immer eigentlich.
"Aber...! Nii-san!" Al mochte das gar nicht. Warum war sein Bruder nur so?
Ed seufzte nur. "Ist ja gut!" Ohne weiter darüber nachzudenken riss der Ältere ein Stück seines roten Mantels ab und gab es weiter. "Hier! Binde das einfach ab. Verheilen wird das auch von allein."
Auch wenn der Jüngere diese Achtsamkeit nicht sehr schätzte, so blieb ihm nichts anderes übrig. Er nahm dieses Stück Stoff und band es Vorsichtig um die Wunde. Sie war wirklich nicht tief.
"Aber du gehst später zu einem Arzt!", meckerte die Rüstung abermals.
"Ja!" Ob Ed wirklich ging, war fraglich.
Alphonse konnte das einfach nicht verstehen. Auch nicht, was da bis eben vorgefallen war. "Nii-san?"
Inzwischen waren sie ein paar Schritte weiter gegangen. "Mhm?" Der Staatsalchemist sah aber nicht zu seinem Begleiter auf.
"Was... Was ist denn eigentlich passiert...?" Die Seelenrüstung blieb stehen und blickte besorgt zu seinem Bruder hinab.
"Al... Das..."
"Bitte! Sag mir doch, wenn dich was bedrückt!"
Weit öffneten sich die Augen des Älteren. Al kannte ihn einfach zu gut.
"Ach Al...", flüsterte Ed leise und lächelte seinen geliebten Bruder an.
"Ed...?" Der seichte Blick seines Gegenübers war ein wenig Furcht einflößend.
"Das ganze war nur ein tragischer Unfall...!"
Langsam machten sich die beiden Brüder wieder auf den Weg. Ed sah ernst drein.
"Ich weiß auch nicht mehr, wann genau das war, Hier gab es einen Brand. Das Haus, das dem Kerl von vorhin gehörte, stand unter einer großen Felswand. Die Feuerwehr hatte es nicht geschafft, den Brand zu zähmen, also..."
Alphonse schluckte. Er hatte eine böse Vorahnung davon, was nun kommen könnte.
"Ich hatte keine andere Wahl! Ich transmutierte die Felswand und eine große, erdige Lawine stürzte auf das Haus hinab. Wie... sollte ich denn ahnen, dass da noch ein kleines Mädchen drinnen war?" Ed war den Tränen nahe. Auch wenn es ein Unfall war, so war es dennoch seine Schuld – dachte er zumindest.
"Dich trifft keine Schuld, Bruderherz!"
Konnte Al Gedanken lesen? Erstaunt sah er zu seinem kleinen Bruder auf. "Al..." Sprachlos blickte der Fullmetal Alchemist die Seelenrüstung an. "... Danke."

Während die Beiden die Straße entlang gingen, bemerkte Edward ein kleines Mädchen, welches ihm sehr bekannt vorkam.
"Nii-san?"
Der Angesprochene stockte, lächelte aber. "Ah. Es ist nichts. Keine Sorge."
Der 14-Jährige sah den vorausgehenden misstrauisch an. Er war schon wieder so komisch. Und das Lachen war auch nicht echt gewesen... "Nii-san?", nuschelte Alphonse nur und ging weiter.
In einem kleinen Gasthof machten die Gebrüder Elric rast. Dort würden sie auch die Nacht verbringen, da ihr eigentlicher Auftrag ja noch zu erledigen war.
"Ah! Bin ich müde..." meinte Edward Elric nur und ließ sich Rücklings auf die Matratze fallen.
Sein kleiner Bruder Alphonse saß ihm Gegenüber auf einem Stuhl und dachte nach. Einige Zeit später meldete er sich dann zu Wort. "Nii-san. Ich..." Der Jüngere, wessen Seele an eine Rüstung gebunden war, sah kurz auf. Doch der, mit dem er zu reden versuchte, schlief. Seelenruhig lag er da – alle Viere von sich gestreckt und mit entblößtem Bauch.
"Ach Nii-san..." nuschelte Al noch, ehe er beruhigt seine Augen schloss.


Fortsetzung folgt in Kapitel 2
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