Fanfic: Jeder hat sein Päckchen

könnten." Ihr Kollege setzt hinzu: "Dein Fahrrad packen wir einfach in den Kofferraum."
Ich weiß, mir fällt nichts mehr ein, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, jetzt heißt es also Augen zu und durch. Im Auto versuchen sowohl Frau Koch als auch Herr Petersen mich zum reden zu bringen. Ich mache meinem Ruf als stets schweigende wieder alle ehre, denn ich schaffe es auf alles nur mit nicken und Kopfschütteln zu antworten. Manchen mag es affig vorkommen, dass ich nicht vernünftig antworte, aber nur wenige wissen, alles was ich mache hat einen Grund.
Endlich bei mir zu Hause angekommen ist es kurz nach halb elf, dementsprechend überrascht ist meine Mutter, als ich vor der Tür stehe, und dann noch nichteinmal allein. "Eva? Ist etwas passiert?" Nach einem kurzen Kopfschütteln überlasse ich meiner Begleitung das reden. Meine Mutter bittet sie herein und schwatzt ihnen einen Kaffee auf, das tut sie immer bei Besuch.
"Sie ist in der Schule zusammengebrochen, haben sie eine Idee warum?", fragt Frau Koch.
"Eva, hast du mal wieder vergessen was zu trinken?" Streng sieht sie zu mir herüber. Dankbar für diese Erklärung bestätige ich das. Die beiden sehen nicht sonderlich glücklich aus, mit dieser Erklärung, geben sich dennoch geschlagen. Bevor sie wieder gehen, reicht mir Frau Koch eine Visitenkarte. "In Ordnung. Wenn etwas ist, kannst du uns jederzeit anrufen." Ernst sieht sie mir in die Augen, ich sehe ihr an, das sie sich sorgen macht.
Diesesmal schaffe ich es nicht heimlich in mein Zimmer zu verschwinden, meine Mutter hält mich an der Schulter zurück. "Dein verhalten in letzter Zeit ist unmöglich. Was ist los mit dir?" Ihr wütender Ton lässt mich zusammen zucken. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten, entweder ich renne hinauf in mein Zimmer und sie wird Stinksauer werden, oder ich rede mit ihr, oder tue zumindest so. "Ich bin in letzter Zeit halt etwas gereizt. Tut mir Leid. Sonst ist nichts. Wirklich. Ich nehme mir was zu trinken mit und lerne dann, ja?" Mit einem lächeln versuche ich sie zu überzeugen, tatsächlich komme ich damit durch.
Vielleicht sollte ich die spontane freie zeit zum schlafen nutzen, wenigstens etwas positives an dem Vorfall.
Gegen Mittag werde ich von dem rufen meiner Mutter geweckt, die verkündet, dass es Essen gibt. Ich habe gar keinen Hunger, doch wenn ich mich weigere etwas zu essen, werde ich wieder angemeckert, also zwinge ich mich ein paar Happen runterwürgen.
Am nächsten Tag kommen Frau Koch und Herr Petersen in der Pause auf mich zu. "Geht es dir wieder besser?" Zurückhaltend nicke ich, sie sind doch wohl nicht nur deswegen gekommen, oder? "Gut, da bin ich ja erleichtert, aber sonst, ist alles mit dir in Ordnung?"
"Ja, alles in Ordnung.", bestätige ich. Ihre Augen fixieren mein Gesicht, als wollten sie herausfinden ob ich lüge. "Du bist ziemlich dünn. Machst du viel Sport?" Reflexartig sehe ich an mir herunter, so dünn finde ich mich garnicht. "Nein, eigentlich kaum." Herr Petersen schaltet sich ein, und erklärt, dass sie nur nach mir schauen wollten, und sind recht schnell wieder verschwunden.
Nicht verschwunden ist das ungute Gefühl, welches mich durch das kurze Gespräch begleitet hat, Frau Kochs zweifelnder und schon fast wissender Gesichtsausdruck. Ob sie tatsächlich etwas ahnt?
Als ich nach Hause komme, es ist Donnerstag, ist mein Vater es, der mir die Tür öffnet. Ich beruhige ihn nocheinmal wegen meines Umkippens gestern, bevor ich in die Küche gehe. "Was hast du zu ihm gesagt?", fragt meine Mutter sofort. Innerlich beginnt die Wut in mir zu kochen, ein teil von mir sagt, dass es sie nichts angeht, doch äußerlich bleibe ich wie immer. "Wegen gestern." Entgegen meiner Hoffnung bohrt sie weiter nach. "Und was hat er gesagt?"
"Nichts." Ich beeile mich zu verschwinden, ich hasse es, mit ihnen reden zu müssen. Es gibt in solchen Gesprächen nämlich anscheinend lediglich die Optionen falsch und falsch.
"Eva, warte mal bitte!" Heute ist Freitag und überrascht muss ich feststellen, dass die beiden Schulsozialarbeiter wieder in meiner Schule sind. "DU bist gerade auf dem Weg nach Hause, oder? Hast du kurz Zeit? Wir wollen mit dir reden, dauert wirklich nicht lange.", bittet Herr Petersen.
"Dann muss ich eben zu Hause Bescheid sagen." Die beiden sind einverstanden und ich schreibe schnell eine SMS an meine Mutter, damit sie sich keine Sorgen macht. Die beiden dirigieren mich in ein leeres Klassenzimmer, und ich komme mir etwas in die Ecke gedrängt vor. Es klingt kindisch, doch sind sie im vorteil, sie blockieren den Fluchtweg, ich kann nicht weg. Weglaufen würde ich sowieso nicht, dafür habe ich viel zu viel angst vor den daraus resultierenden Konsequenzen, was andere danach von mir denken. Leider ist mir die Meinung andere noch immer sehr wichtig.
"Du, Eva. Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber wir glauben das du Probleme hast. Nach deinem Schwächeanfall, da haben wir etwas herumgefragt. Ein paar deiner Lehrer meinten, du hättest ziemlich viel abgenommen in letzter Zeit.", erklärt Frau Koch mir. "W- was wollen sie damit sagen?", flüstere ich. "Eva, kann es sein, dass du an einer Essstörung leidest?"
Erstmals hebe ich meine Augen vom Boden und starre die blonde Frau an. Schnell balle ich meine Hände zu Fäusten um das Zittern zu verbergen. "Woher?" Auch meine Stimme klingt schwach. "Du hasst schnell viel Gewicht verloren, wahrscheinlich auf ungesundem Weg, deshalb dein Schwächeanfall. Da haben wir den Verdacht gehabt, wir haben gehofft, dass wir falsch liegen." Herr Petersen stimme klingt ernst. Sie haben mich durchschaut. Was werden sie jetzt tun? Ich darf nicht zulassen, dass sie es meinen Eltern verraten.
Hilfesuchend sehe ich zu seiner Kollegin, doch sie besieht mich mit demselben Blick. Ohne etwas dagegen tun zu können, spüre ich, wie meine Augen sich mit tränen füllen, bis ich zwinkern muss und sie mir über das Gesicht laufen. Hecktisch versuche ich sie abzuwischen, doch es will nicht klappen. "Eva." Behutsam streicht mit Frau Koch über den Rücken. "F- frau Koch, ich-", schluchze ich, wie sehr ich mich schäme, nun kann ich es doch nichtmehr abstreiten! "Lass dir Zeit."
Ein teil von mir hasst sich dafür, dass ich meine Probleme nicht habe verbergen können, ein anderer, verspürt eine heimliche Freude, dass ich nicht mehr allein mit ihnen bin, dass mir jemand zuhört.
"Meine Eltern,", beginne ich zögernd "sie streiten so gut wie immer." Vollends überzeugt, ob ich das wirklich verraten soll bin ich nicht. Mama und Papa werden bestimmt sauer sein, wenn sie das erfahren. Davor habe ich schreckliche Angst. "Manchmal schreien sie sich an, manchmal schlägt er sie, glaube ich. Das streitet er hinterher immer ab. Ich versuche mich zwischen sie zu stellen, aber sie streiten einfach immer weiter." Mein Ton ist vollkommen verzweifelt, ich bin ehrlich erstaunt, dass sie meine Wort noch zu verstehen scheinen.
Wortlos warten sie ab, was ich zu sagen habe, sie unterbrechen mich nicht, glauben mir, verstehen den Sinn hinter den Worten und brauchen nicht nachzufragen. wenn alle so gute Zuhörer wären wie die beiden, würde ich viel öfter sprechen.
"Überall, immer wenn sie mehr als ein paar Minuten im selben Raum sind. Einer von beiden fängt an zu provozieren, vorallem beim essen. Deshalb versuche ich so etwas zu vermeiden." Die Hand auf meinem Rücken hält kurz inne. "Du versuchst es zu vermeiden, indem du sagst du hast keinen Hunger?" Ich nicke. "Meistens isst dann mein Vater alleine im Wohnzimmer, sie essen nur in einem Raum wenn ich dabei bin. Irgendwann hatte ich dann nicht mehr so viel Hunger, manchmal esse ich nur mittags ein paar Happen, wenn meine Mutter mit am Tisch sitzt."
Vorsichtig zieht Frau Koch mich in den Arm, bis ich mich beruhige. Die beiden schweigen und wieder erfüllt mich die Furcht. Ich hätte lieber schweigen sollen, was werden sie jetzt über mich denken? Sie werden mich für einen Jammerlappen halten, ich mache schließlich immer nur ärger.
"Wenn ich nicht da wäre, wenn ich nicht ihr Kind wäre, vielleicht hätten sie sich dann schon längst getrennt. Nur weil ich da bin, streiten sie dauernd, weil sie zusammen wohnen müssen. Und dann beschwere ich mich auch noch.", murmle ich. Entschlossen schiebt Frau Koch mich von ihr weg um mir in die Augen zu sehen. "Nein, Eva, so darfst du nicht denken. Es ist nicht deine Schuld, verstanden? Hör zu, wir werden mit deinen Eltern reden, wir versprechen dir, wir bekommen das hin."
Ich glaube ihr, so schwer es mir eigentlich fallen sollte, wenn ich in ihr entschlossenes Gesicht sehe, will ich glauben. Beide schenken mir ein aufmunterndes lächeln, bevor sie mit mir nach Hause kommen. Sie werden mir helfen, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen, davon bin ich fest überzeugt.
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Hallo zusammen. Ich wurde gefragt, ob ich nicht mal eine Schulermittlerff schreiben wolle, das wollte ich sowieso mal machen. Zwar nur ein OS, da ich es nicht künstlich verlängern wollte.
Ich hoffe alle Reaktionen sind verständlich, ich habe mir mühe gegeben es möglichst realistisch zu gestalten.
Das Ende ist halbwegs offen, da ich mich auf die Reaktionen der Eltern nicht festlegen wollte, da kann sich jeder seine eigene Meinung bilden.
Die Rolle der Eva soll niemanden beleidigen der sich in so einer Situation befindet und stellt lediglich meine Vorstellung der Dinge da.
Danke fürs lesen.
Hikari Yumi
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