Der Augenblick ist Zeitlos
Türchen IV. Mama, die Hammer Mama
„AUAAATSCH – AAAAAAARG!“
Wie ein geprügelter Hund stieg ich von der Leiter. Mist, verdammter – mein Daumen war lila – noch einmal raufkloppen und er wäre platter als eine Flunda. Frustriert kämmte ich mir mit den wundervoll manikürten Fingernägeln durchs wirre Haar. Meine Wangen waren sicher mehr als rosig und wenn mich dieser Aufwand nur annähernd so viele Kalorien wie Nerven gekostet hatte, war ich jetzt sicher um einige Pfund leichter. Bei dieser Gelegenheit waren meine Schweißdrüsen ganz selbstlos und hatten ihr Übriges dazu beigetragen, dass meine Kleider klamm waren, mir die Haare an der Stirn im Gesicht klebten und ich mich generell wie auf heißen Kohlen fühlte.
„Wofür mache ich das noch mal?!“
Weil ich in Mutter Thereses Fußstapfen treten wollte? Ja genau. Das war aber nur die halbe Wahrheit – vielleicht sogar ein bisschen weniger als das. Die Wahrheit war lächerlich unoriginell und peinlich unspektakulär. Ich traute mich nicht, mir einzugestehen, dass ich gewaltig irrte.
„OKAY! ICH WERF’ DAS HANDTUCH – VERDAMMT NOCH MAL!“
Mir missfiel mein niederes Motiv für den nun blutenden Finger. Ich lerne aus Fehlern, deshalb mache ich immer wieder neue. Aus diesem Grund hatte ich wieder zum Hammer gegriffen, war die Leiter hoch getrippelt und wollte die schiefe Deko wenigstens versuchen nicht[!] wie eine billige Kopie des ‚schiefen Turms von Pisa’ aussehen zu lassen. Doch nichts half. Weder mein Bitten und Flehen an irgendeinen in Rente gegangenen Weihnachtselfen – von den im Allgemeinen sehr gemächlichen Rentieren wollte ich gar nicht erst anfangen – noch mein exzessives Verlangen, mir urplötzlich und unwahrscheinlich Geschicklichkeit und das Talent fürs Werkeln für mich zu entdecken. Dummheit lässt grüßen – Intelligenz vergnügt sich gerade mit ihrer Lästerschwester, der Vernunft, auf den Bahamas bei einem Schirmchencocktail, einem Sonnenbad und jeder Menge gut gebauter und mit goldbraun gebrannter und Sonnenmilch weicher Haut von schätzungsweise tausend Surferboys. Hach, ich wär’ so gerne Millionär.
„Soll ich dir… helfen?“
„NEEEEIIIN!“, keifte ich wenig damenhaft von meinem hohen Ross und wurde prompt dafür bestraft. Mit samt Leiter – die Arme wild fuchtelnd – machte mir das blöde Gesetz der Schwerkraft einen gewaltigen Strich durch meine Rechnung. Das war das Ende von dekorativem Gemeingefühl zur beseligen Weihnachtszeit.
MEINE Lästerschwester mit untypisch weichen Gesichtszügen und zuckersüßem Baby-Grübchen-Lächeln haute sich gerade vor Lachen auf die unverschämt gut proportionierten Schenkel. Sie machte sich über mich lustig – über MICH! „Ich habe dir ja helfen wollen, Tsunade…“, haltlos machte sie weiter, ohne Punkt und Komma, ohne Halt vor MEINER verloren gegangenen Ehre, „aber nein! Du wolltest es ja besser wissen – als wäre dir der Beruf der Zimmerfrau wie auf den Leib geschneidert…“
Yirayah nahm sich ein weiteres Vanillekipferl und grinste breit vom einen zum anderen Ohr. „So ist sie, unsere liebe Tsunade – bestrebt wie kein anderer und gewillt, das Problem auf ihre Art und Weise zu lösen – natürlich immer mit der Risikobereitschaft, die Schäden selbstlos auf sich zu nehmen…“
Ich murrte vor mich her. „Haltet die Klappe und schenkt mir nach! Was meine gebrochenen Rippen jetzt brauchen ist purer Sake – Sake vom Allerfeinsten, versteht ihr das?“
Kakashi hinter seiner Maske konnte ein leises Auflachen nicht länger zurückhalten.
„Na wenigstens hat’s nicht die Leber erwischt…“, fiel Gai gleich mit der Kirche ins Dorf.
Ich stöhnte. „Ich glaube, eines Tages wird sie sich heimlich aus dem Staub machen – ohne Zettel oder so – weil ihr einfach eine Zumutung, eine lebenslängliche Bestrafung seid…“
Rauchschwaden stiegen von Asumas halb aufgerauchtem Glimmstängel empor. „Dir kann man echt nicht mehr helfen, Tsunade…“, kommentierte er nüchtern.
Kurenai lächelte mir wohlwollend zu.
Seltsamerweise hatte sich Anko ganz aus der Affäre gezogen, war stattdessen ganz verbissen auf das Mau-Mau-Spiel mit Iruka und Genma. Irgendwas in ihren Augen sagte mir, dass es sich bei dem Kartenspiel um alles andere, aber um kein schnödes Mau-Mau handelte.
Ich musste bei dem Gedanken, sie könnten Poker spielen, schmunzeln. Dann nahm ich das Glas Sake zu mir, dass Shizune mir reichte und glitt friedlich in den Schlaf. Weihnachten konnte von mir aus kommen... Mit Leber oder ohne Rippen…