In dieser Zeit...
Kapitel 4
Ein helles Licht wärmte für einen kurzen Augenblick ihre rechte Wange, bis es sich flüchtig, sanft wie ein begrüßender Hauch des Windes, von ihr entfernte und die junge Frau hob ihren Kopf.
Zarte, in einer helleren Farbe als das Reich der Göttinnen leuchtende, flatternde Flügel erfüllten die Luft um sie herum mit den glitzernden Schleiern einer frohen und sanftmütigen Macht.
Der Blick der Prinzessin ruhte auf dem kleinen Wesen, welches ihr soeben noch mit nervigen Ansporn um ihre spitzen Ohren herumgeflogen war und sie immer und immer wieder daran erinnerte, dass sie so schnell wie möglich wieder zurückkehrten wollten. Zurück in diese grauenhaft zerstörte Stadt, ihre Heimat, die einst in genauso einer stolzen Herrlichkeit wie diese bunte Blütenpacht zu ihren Füßen strahlte.
In genau diese Blütenpracht hatte sich das magische Geschöpf nun begeben und schwebte aufgeregt um die dünnen Stängel einiger, in goldsilbrigem Gelb leuchtender Blumen.
„Doch nicht mehr in solch bedrängender Eile?“, äußerte sich Zelda über die lustig aussehende, vergebliche Müh ihrer winzigen Begleiterin, die mit ihren kurzen Armen an den Kopf einer dieser Blumen zog und nebenbei gefährlich zu knurren begann.
Die junge Frau kniete sich in das hohe Gras, zwischen buntes Gewächs und auch einigen Kräutern mit heilender Wirkung nieder, wegen denen die blonde Schönheit sich einzig und allein an dieses kleine Stück Wald zwischen dem kleinen Dorf namens Kakariko und den dortigen Friedhof gewagt hatte. Sie war nur wegen ihrer Hilfe für Link hierhergekommen.
Sie streckte ihre Hand aus und die kleine Fee, welche sich von den feingliedrigen Fingern, von denen ein einzelner sogar immer noch ein kleines bisschen größer als sie selbst war, jedoch nicht stören ließ, zog weiter. Und so verlor sie plötzlichen jeglichen Halt, jede Kontrolle über ihren zierlichen Körper und gab einen überraschten Schrei von sich, als sie mit den hellen Blüten in ihren Armen rücklings durch die Luft kullerte und eine Spur magischer und glitzernder Funken versprühte.
„Oh, entschuldige Navi.“, sagte Zelda, mit der Hoffnung das kleine Wesen nicht erzürnt zu haben, da die Fee keine verräterische Äußerung oder Regung von sich gab, sondern nur stumm auf den kleinen, braunen Beutel aus festen Leinen zuflog, welchen die Prinzessin um ihre Taille gebunden hatte.
Sie wusste zu gut um Navis hitziges Gemüt, welches sich schon durch Kleinigkeiten öfters gern entfachen ließ. Sie hatte es nicht nur aus den Mund des Helden der Zeit gehört, sondern es sogar einige Male, als sie Link und seiner Begleiterin in der vergangenen Zeit dunkler Tage immer mal begegnete, selbst erfahren dürfen. Nur knapp hatte sie sich damals vor den fiesen Folgen des Kontakts mit der pulverartigen Substanz einer Frucht aus den heiligen Wäldern, welche selbst den steinhärtesten Goronen aus der Haut fahren lassen konnte und mit der die, in Rage geratene Fee sie beworfen hatte, retten können...
„Ist diese Pflanze für etwas bestimmtes gut?“, wollte Zelda in Erfahrung bringen, während sie das dünne Band um den Beutel lockerte, sodass Navi ihre Errungenschaft mit zu den wenigen Kräutern tun konnte, die sie zuvor selbst gepflückt und hineingetan hatte.
„Oh ja… der sündhaft süße Geschmack dieser Blüten verführt mich immer wieder… Sie ist eine Verlockung für die Sinne jeder Fee wie mich… Eine nicht in Worte zufassende Köstlichkeit, hmhm…“, antworte das kleine Geschöpf und lächelte, sich im Himmel einer leckeren Träumerei befindend.
Darauf zog die hübsche Thronerbin an den dicken Stoff der dunklen Kutte, die sie über das spärlich wärmende, weiße Gewand trug, als ein kalter Luftzug sie in der kühlen Brise des Morgens leicht frösteln ließ. Ihr Blick richtete sich gen den, hinter einem trüben Grau verborgenden, weiten Firmament.
„Na gut…“, bemerkte die junge Frau und erwiderte das verbleibende, fröhliche und verträumte Grinsen auf dem Gesicht Navis mit einen kurzen Lächeln, sah dann ein weiteres Mal in den wolkenverschleierten, dunklen Himmel auf.
„Wir sollten uns nun dennoch auf den Weg machen. Wenn wir uns beeilen… vielleicht haben wir Glück und geraten nicht inmitten einer launischen Gewalt der Himmelsgeister.“
Ein kräftiger Windzug sauste munter durch die langen Äste der Bäume um sie herum und eine angenehme, summende Melodie erwachte zum Leben, vereint mit den friedvollen Rascheln und Knistern des Waldes, zu der das hohe Gras und die Blumen sich sanft im Takt der Natur zu bewegen schienen.
Und es war nur einige Zeit später, der Moment, an dem Zelda vor der zerbrochenen Zugbrücke zum Tor der noch viel mehr zerstörten Stadt Hyrule stand, in dem unzählige Regentropfen das Wasser in den, um das einst so prunkvolle Königreich, gebauten Graben unruhig aufpeitschten und zornige Wellen gegen vereinzelte, knirschende Holzstücke schlagen ließ.
Sie war inzwischen völlig durchgeweicht, der dünne Stoff ihres weißen Gewands klebte unangenehm auf ihrer Haut und der schwarze, nasse Umhang lag schwer über ihren Schultern. Durch die düsteren Wolken brach ein grelles Licht, verfolgt von bedrohlichem Grollen, der vergänglichen Wut der heiligen Gottheiten, welche in dieser Welt herrschten. Eine magische Welt, in der die Prinzessin, sie als Weise einen vorherbestimmten Platz besaß. In einem Königreich, das noch immer in ihren Erinnerungen weiterlebte. Ein Ort, den sie zu seinem wunderschönen Glanz zurückverhelfen und neu aufleben lassen würde.
Sie spürte den aufheiternden Anflug einer reinen Energie, welche sanft die weiche Haut ihrer nassen, rechten Wange streifte, eine gut gemeinte Geste, welche sie vorantrieb. Und so machte die blonde Schönheit einen Schritt, begleitet von kurzem Zögern, ehe sie entschlossen über die Überreste der Brücke stolperte, das tobende Wasser zu ihren Füßen überquerte. Sie schritt über die mit Steinen ausgelegten Straßen, welche sie, ihr Herz, an einen vergessen Ort führten.
Es war die Erinnerung an das pulsierendes Leben, freudiges Gelächter und laute Stimmen, welche in den Gängen zwischen den vielen, eng aneinander gereihten Häusern und auf dem großen Marktplatz, dem bunten Herzen dieser Stadt, umher hallten. Ein stetig frohes Treiben, von dem doch jetzt nur noch das Schweigen der Ruinen und der traurige Geruch nach Asche zeugten.
Zelda ließ ihren Blick aufmerksam in der Gegend umherschweifen, bis sie neben Asche, Zerstörung und Tod plötzlich eine warme, ihr wohlvertraute Aura wahrnahm. Sie hörte einen unverhofften Laut, welchen die Fee neben ihrem Ohr vor Schreck hervorstieß.
Ein glockenhelles ‚Oh nein‘ durchbrach das erbarmungslose Prasseln des Regens und die Augen der jungen Frau folgten Navi, die aufgebracht davon flog und entdeckten dasselbe, erschreckende Bild wie die des magischen Geschöpfes.
„Link!“
Ein aufgeregter Schrei stahl sich aus den Mund der Thronerbin und ihre Beine fingen sich zu bewegen an, sie lief, doch blieb sie einen kurzen Augenblick später wieder verwundert stehen, kniff die Lider ihrer blauen Augen ein kleines bisschen zusammen, versuchte durch den dichten Regenschleier besser zu erkennen.
Sie spürte eine unheimliche Gegenwart, die ihr einen unangenehmen Schauder durch jeden ihrer Knochen jagte, und doch nichts. Sie sah die existenzlosen Konturen etwas Abscheulichen, und doch konnte sie nicht das Geringste erblicken oder erkennen. Auch als sich die Prinzessin von Hyrule wieder zu regen begann und sie sich ein wenig den, leblos auf den Boden liegenden, jungen Mann näherte, bemerkte sie keine gruselige Macht, keine Kreatur bösartiger Natur, die in der Lage wäre, das königliche Blut in ihren Venen so gefrieren zu lassen. Es war, als wäre nichts hier, anscheinend nichts geschehen und doch…
Sofort galt ihre Aufmerksamkeit wieder Link und sie ließ sich, neben dessen ruhenden Körper, auf ihre Knie, auf den harten und nassen Boden gleiten.
„Was ist denn nur geschehen? Link!“, rief Zelda verzweifelt, als sie die schwache, rosafarbende Spur des Blutes entdeckte, welches von der reinigenden Masse des Regens fast gänzlich fortgespült wurde.
Ihre Hände legten sich um seine ebenfalls völlig durchweichten Oberarme, fassten nach ihn und mit den Aufbringen einiger Kraft, hoben sie den Körper ein Stück in die Höhe. Mit ihrer rechten Hand klopfte sie ruhelos auf eine Wange des besinnungslosen Helden, worin auch seine kleine, treue Begleiterin ihre ganze Mühe steckte, doch ließ er sich nicht wecken, sondern gab nur ein paar gequälte Laute von sich. Dennoch nahm sie eine kleine Regung, eine Rührung der linken Hand des jungen Mannes wahr, sah, wie ihre Finger sich einige Male unkontrolliert verkrampften.
„Link…“, flüsterte Zelda leise und handelte ohne zu zögern, umklammerte die Schultern des jungen Kämpfers und schleifte den, für die Prinzessin etwas zu schweren Körper über den harten, nassen Boden.
Erstmal ins Trockene. Zurück in das verwüstete, dennoch den langen Krieg gut überstandende Haus, in welchen sie für den verletzten Helden einen sicheren Unterschlupf fand. Dieses befand sich direkt in ihrer Nähe und sie riss an dem übriggebliebenen, kleinen Stück einer zertrümmerten Holztür, verschwand hinter der Weiche eines verdreckten, dunklen Stoffs.
Mühevoll schleppte sie den ohnmächtigen Kämpfer durch den schmutzigen, teils zerstörten Raum und ließ den mitgenommen Körper auf einigen Decken zur Ruhe kommen. Die blonde Schönheit stieß einen müden Seufzer durch ihre hübschen Lippen und ließ sich achtlos auf den staubigen Boden fallen und ihr Blick galt der besorgten Fee, die sich auf die auf die durchnässte Schulter Links setzte und wenige, helle Lichtfunken auf den schmutzigen Stoff seines weißen Hemdes hinterließ. Ein trübsinniger Ausdruck lag ihren zauberhaften Gesichtszügen, welcher Zelda