Ganz ohne Fußball geht es nicht I
sein war es genau während der Meisterschaft. Meine gesamte Familie war zum Finale gefahren um die Mannschaft anzufeuern, nur ich durfte nicht mit weil ich mich schlecht benommen hatte, um genau zu sein hatte ich meinen fast einjährigen kleinen Bruder mit einem Fußball spielen lassen und war mit dem Baby, soweit es das vermochte im Garten herumgetollt, mit dem Ball versteht sich. Mein Vater war fürchterlich wütend auf mich weil ich mit einem Ball spielte und meine Mutter konnte ihn nicht beruhigen, und so hatte ich Hausarrest. Nur das ich einen Schlüssel hatte, meine Mutter hätte es nie zugelassen das ich wirklich eingeschlossen würde, und das Haus jederzeit verlassen konnte, wenn ich das nur wollte. Und ich wollte, denn mein Vater hatte den Strom abgestellt und ich konnte mir das Finale nicht einmal im Fernsehen anschauen. Ich war furchtbar wütend auf meinen Vater und bin bestimmt erst einmal quer durch ganz Nankatsu gelaufen bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte und merkte das ich genau vor dem Haus der Wakabayashis stand. Ich zögerte. Ich war nicht gerade oft hier gewesen, Genzo hatte mich ein- zwei Mal mit genommen und dann nie wieder. Ich denke er hatte gemerkt das mich der Reichtum seiner Familie doch einschüchterte. Und nun stand ich alleine hier und wusste nicht was ich tun sollte.
Schließlich überwand ich meine Zweifel und klingelte. Eine freundliche Frauenstimme erklang und fragte was ich wolle. Ob wohl sie sehr nett klang war ich einen Moment versucht weg zu laufen, doch dann riss ich mich zusammen.
„Guten Tag, ich bin Tsukino Fujieda und ich möchte gerne Genzo besuchen.“ Ich muss furchtbar naiv gewirkt haben, aber wie ich später feststellte, war das genau der richtige Ton um mit Momoko, dem Hausmädchen zu reden. Momoko kannte mich nicht, aber sie ließ mich hinein und brachte mich ins Wohnzimmer.
„Ich werde dem jungen Herrn Bescheid sagen, er ist gerade bei Training, sicher kommt er gleich.“
Ich nickte höfflich und fühlte mich einfach nur grauenhaft fehl am Platz. Es hatte die letzten Tage geregnet, ich war in einer Pfütze ausgerutscht und dreckig, hatte auch ein wenig geweint und sah jetzt bestimmt schrecklich aus. Und so saß ich hier, im Haus der Wakabayashis, im Ordentlich aufgeräumten und gut sauber gehaltenen Wohnzimmer und wartete. Bestimmt hatte ich nicht besonders lange gewartete aber mir kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, bis sich endlich die Tür öffnete und ein streng aussehender Mann den Raum betrat. Ich kannte ihn nicht und hatte das Gefühl unter seinem Blick noch ein paar Zentimeter kleiner zu werden. bevor er aber irgendetwas sagen konnte hörte ich eine bekannte Stimme.
„Ein kleines Mädchen?“
„Ja, gnädige Frau,“ antwortete Momoko draußen im Eingangsbereich, „Sie wartet im Wohnzimmer.“ Im nächsten Moment wurde der streng aussehende Mann bei Seite geschoben und Frau Wakabayashi betrat den Raum. Bei meinem zweiten Besuch hier hatte Genzo mich nur mitgeschleppt damit ich seine Eltern kennen lernte, ich hatte beide recht nett gefunden und war jetzt einfach nur froh ein bekanntes Gesicht zu sehen, das mich auch noch freudestrahlend an sah.
„Tsukino, Kleines, wie schön dich zu sehen!“ rief Genzos Mutter überschwänglich und Umarmte mich ungeachtet der Tatsache wie ich aussah. Ich war höflicherweise aufgestanden als der Fremde eingetreten war und erwiderte die Umarmung zaghaft.
„Herr Mikami, das ist Tsukino, sie haben hier ja schon das eine oder andere über sie gehört.“ Stellte sie mich dem Fremden vor.
„Tsukino, das ist Herr Mikami, er trainiert Genzo seit einiger Zeit.“ Sie sagte noch etwas dazu, doch das bekam ich schon nicht mehr mit, mir hatte es die Sprache verschlagen. Ich hatte mich über das vergangene Jahr natürlich auch über Fußball weitergebildet und da kam man an dem Namen Mikami einfach nicht vorbei. Immerhin war er Jahre lang Torwart der Japanischen Nationalmannschaft gewesen.
„Aber Kind, wie du aussiehst!“ holte mich Frau Wakabayashi aus dem Staunen zurück und musterte mich kritisch.
„Das bringen wir jetzt erst einmal in Ordnung, Genzo muss sich nach dem Training auch erst einmal umziehen und dann könnt ihr euch gleich gemeinsam das Finale der Junioren Nationalmeisterschaft ansehen.“ Dabei zwinkerte sie mir verschwörerisch zu und ich konnte nicht verhindern das ich über das ganze Gesicht strahlte.
Es dauerte Ewig bis sie mit mir fertig war, hatte sie es sich doch nicht nehmen lassen mich erst einmal in die Badewanne zu stecken und richtig sauber zu machen. Letztlich hatte das Finale bereits begonnen als ich in ein paar alten Klamotten von Genzo wieder in das Wohnzimmer kam, wo eben dieser und Herr Mikami bereits auf dem Sofa saßen und zum Fernseher schauten.
„Jetzt beeil dich, die erste Viertelstunde hast du schon verpasst!“ rief Genzo mir zu als er mich bemerkte.
Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen und saß im nächsten Moment neben ihm auf dem Sofa.
Auch Herr und Frau Wakabayashi leisteten und Gesellschaft, so lange und oft sie konnte, denn immer mal wieder kam Momoko und meldete ihnen das sie am Telefon verlangt wurden.
In der Halbzeit stand es zwei zu eins für den FC Nankatsu und bei uns war die Freude
natürlich groß. Ich war besonders stolz auf meine Brüder, beide Tore waren von Haru geschossen worden und Natsu hatte mehrere Torschüsse der Gegner verhindern können.
Als die Halbzeit begann zog Genzo mich sofort in den Garten, hier hatte sich nicht viel verändert, nur war jetzt alles auf ein professionelles Torwarttraining ausgerichtet. Einige Minuten trainierten wir schweigend, er stand im Tor, ich schoss. Allerdings brach Genzo das ganze schnell ab.
„Du schießt ja grauenhaft, das konntest du früher aber besser.“
„Ich komme ja nicht mehr zum Trainieren seit einem halben Jahr.“ Rechtfertigte ich mich.
Genzo sah mich verständnislos an.
„Ich bin doch jetzt auf der Shirahara Schule, da hab ich ganztags Unterricht, am Vormittag ganz normal Schule, dann Mittagspause in der ich nach Hause kann und dann kommen noch vier Stunden AG dazu, das heißt Chor und Querflöte für mich.“
„Heißt das du machst keinen Sport mehr?“ fragte er mich geschockt und ich konnte es ihm nicht verdenken.
Ich schüttelte betroffen den Kopf, war mich doch noch gar nicht aufgefallen das es genauso war.
„Nicht so wirklich, immer nur ein bisschen Training, wenn Natsu zu Hause ist und Papa nicht.“ Jetzt sah auch Genzo betroffen aus, doch bevor wir und weiter mit diesem Thema auseinander setzen konnten rief Herr Mikami uns wieder in das Wohnzimmer, da das Spiel weiter ging. Das Spiel sahen wir schweigend an, doch ich kannte Genzo immer noch gut genug um zu wissen das es hinter seiner Stirn arbeitete, ich war mir nur nicht sicher über was er nachdachte.
Der FC Nankatsu gewann, meine Brüder hatten beide noch mehrere Glanzleistungen vollbringen können und letzten Endes mit fünf zu zwei gewonnen.
Anschließend an die Übertragung wurde ich zum Abendessen eingeladen und sah dem weitern Training von Genzo zu, ich musste zugeben, nicht einmal der Torwart vom FC Nankatzu war so gut wie mein bester Freund, und der war schon in der sechsten Klasse. Bestimmt würde Genzo bald in der Schulmannschaft spielen, auch auf ihn war ich mächtig stolz.
Schließlich musste ich nach Hause, auch wenn meine Familie erst spät wieder da sein wollte, ich wollte doch gerne vor ihnen zu Hause sein. Meine Mutter hätte es vermutlich nicht gestört das ich nicht Daheim war, nur das ich keinen Zettel da gelassen hatte wo ich hin wollte, dafür könnte es Ärger geben aber mein Vater wäre sicher wütend auf mich, immerhin entzog ich mich so doch seiner Strafe.
Meine schmutzigen Sachen waren gewaschen worden und bereits Trocken, Momoko gab sie mir in einer Tasche und Genzo kam dazu, seinen alten Kinderfußball unter den Arm geklemmt.
„Ich bring Tsukino noch nach Hause.“ Verkündete er einfach und zog mich wieder aus dem Haus. Ich konnte gerade noch ein „Auf Wiedersehen“ über die Schulter rufen und dann waren wir schon außer Hörweite. Bis zum nahe liegenden Park zog mich Genzo mit sich und ich ließ es widerstandslos geschehen. Dort angekommen ließ er mich los und begann den Ball vor sich her zu dribbeln. Irgendwann passte er ihn zu mir und nun lief ich einige Meter mit dem Ball bevor ich zurück passte.
„Du bist auf der Shirahara weil du nicht Fußball spielen darfst, richtig?“ fragte Genzo mich als wir den Park hinter uns gelassen hatte, den Ball spielten wir uns immer noch zu.
Auf seine Frage nickte ich nur als Antwort.
„Und heute bist du nur hier und nicht in Tokio weil du trotzdem Fußball gespielt hast.“ Das war diesmal mehr eine Feststellung als eine Frage.
„So ungefähr.“ Murmelte ich und passte gerade den Ball zurück, wir waren jetzt nicht mehr weit von dem Haus entfernt in dem ich wohnte und Genzo stoppte den Ball mit dem Fuß.
„Eigentlich hab ich nur ein wenig mit meinem kleinen Bruder Gespielt, und das mit einem Ball.“ Erklärte ich.
„Dein Vater wird auch immer anstrengender.“ Meinte er nur kopfschüttelnd.
Ich wusste nicht was ich darauf erwidern sollte, also schwieg ich, bis mir einfiel das ich ja im Haus sein musste wenn meine Eltern kamen.
„Ich muss jetzt rein.“ Sagte ich deshalb und sah Genzo unsicher an. Er war einen halben Kopf größer als ich und musterte mich Kritisch.
„Ich hol dich morgen von der Schule ab.“ Verkündete er dann entschlossen, „das ich ja wohl absolut kein Zustand.“
„Wirklich?“ fragte ich überrumpelt, in dem Moment konnte ich mein Glück gar nicht fassen.
„Natürlich, du weißt doch wenn ich etwas sage mache ich es auch, Mondkind.“ Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer als ich den vertrauten Spitznamen hörte, nur Genzo nannte mich so, außer meiner Mutter wusste noch nicht einmal einer von diesem Spitznamen, den Genzo mir einmal gegeben hatte als er