Der Hüter des Schatzes
gönnte er sich eine kurze Rast, ohne wirklich Ruhe zu finden.
Der Gnom sah sich um und sein Blick wirkte dabei fast gehetzt. Doch er konnte keinen Verfolger ausmachen. So stampfte er bald wieder vorwärts, mühte sich einen Pfad empor und da weniger Gebüsch zwischen den Bäumen wuchs, verließ er den Weg und lief quer durch den Wald. Das Moos unter seinen Füßen fühlte sich so weich an, angenehm, fast so wie das Fell seines Herrn. Kurz schweiften seine Gedanken ab, zu dem Hundedämon, und beinahe hätte er den Kessel fallen gelassen, um nach Osten zu eilen, doch die Gier, Hüter des Schatzes zu sein, siegte.
Wenig später blickte er zufällig seitlich und entdeckte bei einem Felsen ein dunkles Loch. Er legte eine Pause ein, ging näher dorthin und untersuchte die Stelle. Es war nicht nur ein Loch, sondern der Eingang zu einer Höhle. Wenn er nämlich die langen Ranken des wilden Weins weit genug beiseiteschob, konnte er mühelos, mitsamt seines Kessels, dort hinein. Die Blätter des Gewächses verbargen die Öffnung und so konnte er sich hier verstecken. Sogleich brachte er die Taler in die Höhle, grub in der weichen Erde ein tiefes Loch und verbarg den Kessel darin. Obendrauf schob er lange begrünte Äste, viel trockenes Laub und sammelte später Moos, polsterte die Stelle, um sich ein weiches Lager darüber zu bauen.
Hier war seine Beute in Sicherheit, so glaubte er.
Mehrmals am Tag öffnete er das Versteck, warf einen Blick in den Kesse,l um seine Ängste zu bekämpfen. Dennoch dauerte es drei Tage bis er eine Feststellung machte. Egal wie viele Taler durch unsichtbare Hände verschwanden, genau um Mitternacht, füllte sich das kupferne Gefäß erneut bis zum Rand. Eigentlich sollte Jaken nun beruhigt sein, doch er nahm seine Aufgabe sehr ernst und verließ seinen Unterschlupf selten. Nun machte er es sich zur Aufgabe herauszufinden, wer ihm die Taler jeden Tag stahl.
Das grünliche Wesen mit dem spitz zulaufenden Mund lief einige Tage später durch den Wald, bückte sich, kroch unter einem hohen Farn hindurch und versteckte sich hinter einem, vor langer Zeit, umgestürzten Baum. Über den moosbewachsenen Stamm hinweg spähte er vorsichtig in eine Richtung und beobachtete das Tun des menschlichen Wesens, welches seit einigen Stunden die Gegend durchforstete.
"Was will sie hier? Sucht sie meinen Kessel?", fragte er sich im Stillen und ließ das Wesen nicht aus den Augen,beobachtete, wie sie mitten auf der Wiese, inmitten des alten Waldes stand, und sie sich versuchte zu orientieren. Während sie überlegte welche Richtung sie als Nächstes einschlagen sollte, dachte sie an den Grund ihres Hiersein. Die Gegend mit ihrer unberührten Natur soll sie nämlich für ihre neue Geschichte inspirieren.
Sie atmete die frische Luft ein, genoss die Stille und setzte ihren Weg fort, während Jaken zu seiner Behausung eilte.
Dieses Menschlein, welches in sein Revier eingedrungen war, erwartend, saß der Gnom in seiner Höhle, den Kopfstab mit seinen beiden Händen fest umklammernd. Gegend Abend vernahm er, wie in der Nähe leise Holz knackte, als ob ein Wesen darauf trat und es unter dessen Gewicht zerbrach. Daraufhin spähte Jaken vorsichtig ins Freie, konnte niemand sehen. Daher blieb er auf der Hut.
Leise kaum vernehmliche Schritte näherten sich dem Eingang.
Mit dem festen Willen, die Taler zu behüten und kein lebendiges Wesen in sein Quartier einzulassen, hob er seinen Stab, aktivierte den Kopf des alten Mannes und ließ ihn Feuer speien.
Sesshomaru, der nach Musashi zurückkehrte, um Ah-Uhn und Jaken abzuholen, erfuhr erst von seinem Bruder, dass sich der Gnom bereits vor etlichen Tagen auf die Reise in den Westen begeben hatte. Das froschähnliche Wesen verschwand in der Nacht, hinterließ nur einen Zettel um seine Abwesenheit kundzutun. Aufgrund eines lang anhaltenden Regens blieb die Suche erfolglos und so schickte Inuyasha einen Boten zu dem Älteren, der erst nach der Abreise des westlichen Fürsten dort eintraf.
Sesshomaru beendete seine Angelegenheit, beeilte sich nach Osten zu gelangen, erfuhr nun von der Abwesenheit seines Dieners und deshalb begab er sich selbst auf die Suche nach Jaken. Seit durchstreifte er die Gegend, hatte dessen Geruch in der Nase und folgte der Spur, doch die Fährte überschnitt sich ständig. Außerdem kreuzten öfters Menschen seinen Weg. Deswegen brauchte er solange um Jaken zu finden.
Nun stand er vor dessen Höhle, rief den Namen des Dieners und sah sich plötzlich einer Wand aus Feuer gegenüber. Instinktiv schützte er sich mit seiner dämonischen Energie, um die Verbrennungen niedrig zu halten. Rußgeschwärzt und sichtlich verärgert griff er mit seiner Klaue zu, entriss dem Gnom den Stab und setzte ihn gegen Jaken ein. Der so attackierte wurde über die kleine Lichtung geschleudert und blieb benommen an einem Baum liegen.
Kaum fand der Kurze seine Sinne wieder, begriff er das Ausmaß seines handelns, warf sich auf die Erde vor die Füße seines Herrn und entschuldigte sich pausenlos.
Sesshomaru widmete ihm keine Aufmerksamkeit, sondern betrachtete die Gegend. Sein Ziel, Jaken zu finden, hatte er erreicht und nun wollte er aufbrechen. Allerdings störte ihn etwas.
"Dieser Geruch", sagte der Dämon leise und sah sich um. Diesem Menschen, der hier herumgeschlichen war, begegnete er früher schon einmal. War das nicht eine von den unzähligen Autoren die nur Lügen über ihn verbreiteten?
"Was hatte sie in der Gegend verloren?", fragte sich Sesshomaru. Sollte er die Chance nutzen und sich an ihr rächen? Doch das Glück schien ihr hold zu sein. Plötzlich fehlte von ihr jede Spur und er gewann den Eindruck, die Gegend verlor ihren mystischen Zauber.
Da sie verschwunden war und er trotz seiner guten Sinne ihre Anwesenheit nicht mehr spürte, wendete er sich seinem kleinen Diener zu.
"Gehen wir, Jaken!", forderte er ihn auf.
Normalerweise folgte der Gnom ihm sofort, doch diesmal weigerte er sich. "Was ist mit dem Schatz?", und zog damit den Unmut seines Herrn auf sich.
Der Silberweißhaarige betrachtete das grünliche Wesen von oben herab, sodass es sich duckte.
"Der gehört dir nicht", antwortete Sesshomaru mit dem Hauch von Ungeduld in der Stimme.
"Aber", begann Jaken einen Einwand und erhielt einen strengen Blick. Gleichzeitig begann die Hand, des stärkeren Dämons, grünlich zu schimmern.
Den Hinweis verstehend, allerdings sehr widerwillig, lief der Gnom nun doch seinem Herrn hinterher und prallt gegen dessen Beine.
Der westliche Herrscher blieb noch einmal stehen, drehte sich um und schaute zu der Höhle. Er griff zu seinem Schwert und zog es drei Fingerbreit aus der Scheide. Dann überlegte er sich anders. 'Das tangiert mich nicht', dachte er und lief weiter, ohne den Eingang der Höhle zerstört zu haben.
Der Gnom nutzte die Gelegenheit, griff nach dem Fell des Hundedämons, mit dem festen Willen nicht loszulassen. Sobald er die Weichheit spürte, schmiegte er sich eng daran.'So weich', murmelte er in Gedanken und um so mehr sie sich von dem Ort entfernten, um so geringer wurde der Drang, diesen Schatz zu behüten. Bald vergaß er sein Abenteuer, als ob es nie geschehen wäre.
Denn es gab längst einen anderen Hüter und täglich schwanden die Taler, nur um zur mitternächtlichen Stunde wieder vollzählig zur Abholung bereitzustehen.
Ende