möchte ich sagen, doch ich kann meinen Mund nicht bewegen. Zu stark sind meine Nerven der Katze auf mir ausgesetzt. Schmerz. Ich fühle mich immer tauber, kann mich nicht wehren. Warum greifen diese Katzen mich an? Warum halten sie alle zusammen und kämpfen gegen mich? Ich habe ihnen nichts getan. Nein, ich will doch nur wie sie sein. Stark und gefährlich, aber auch elegant. Ich will balancieren, wie sie. Ich will laufen können wie sie. Ich will klettern können wie sie. Aber sie wollen nicht, dass ich einer von ihnen bin. Sie wollen mich bekämpfen. Schmerz. Sie soll endlich verschwinden, diese-- Katze! Ich halte es nicht mehr aus. Mein Körper, er erinnert sich an den Schmerz. Schmerz. Von allen Seiten kamen sie und griffen mich an.
„DU SOLLST ENDLICH ABHAUEN HABE ICH GESAGT!“ Akanes Stimme... Hat sie mich angeschrieen? Nein... Das war der Katze gewidmet. Wie durch eine fremde Optik nehme ich wahr, dass das dunkelhaarige Mädchen mir das Tier vom Leib reißt und es mit einem kräftigen Wurf ins Weite befördert. Mit einem besorgten Gesicht beugt sie sich über mich.
„Ranma! Ranma, ist alles in Ordnung? Es tut mir leid, ich wollte es nicht so weit kommen lassen.“ Das Braun ihrer großen, traurigen Augen fängt an zu glänzen und der Glanz fließt hinunter... ihre glatten, zarten Wangen hinab. „Komm, ich helfe dir aufzustehen.“
Das wäre jetzt gut Akane. Mein Körper fühlt sich an, wie aus Gummi. Aber endlich ist alles vorbei. Du hast mich von diesem fürchterlichen Tier befreit. Akane... ich möchte dir danken. Noch immer fühle ich mich wie betäubt. Nur langsam kehrt wieder Bewegung in meine Glieder. Zaghaft öffne ich meinen Mund. Mein Kiefer ist schwer. Mühsam forme ich meine trockenen Lippen zu einem „Dankeschön“.
Fest schaue ich der schönen Gestalt, die sich über mich lehnt ins Gesicht.
„Miiiiaaaaauuuuu!!“
WAS?? Was war das?! Ich wollte doch Danke sagen. Das muss der Schock von eben ausgelöst haben. Auf einen neuen Versuch:
„Miaaaaauuuuu!!“
OH NEIN! Warum kann ich nicht sprechen? Verwirrt und kraftlos richte ich mich langsam auf und erkenne erst als ich endlich wieder sicher auf allen Vieren stehe, das erschrockene Gesicht der schönen Gestalt. Hmmm... ja, sie ist wirklich schön. Und es geht so ein süßlicher, angenehmer Duft von ihr aus. Ich will mehr davon.
Schnuppernd nähere ich mich ihr, klettere vorsichtig auf ihre Hinterbeine. Zärtlich schmiege ich mich an ihren schlanken Körper. Sie ist so warm. Nie wieder möchte ich sie verlassen.
„Ranma... Es ist nur meine Schuld, dass du...“
Was meint sie nur? Ranma? Sie macht so tolle Geräusche, schnalzt und heult. Ich will ihr zeigen, wie wohl ich mich bei ihr fühle und reibe meinen Kopf an ihren Bauch.
„Pschhhhh... ist ja gut. Jetzt ist alles vorbei, Ranma. Ich hoffe du kannst mir verzeihen“, schnurrt sie liebevoll und sehr beruhigend, während sie mir mit ihrer Pfote über mein Fell streichelt. Das fühlt sich gut an. Ich schnurre ebenfalls.
Aber was ist das denn? Eine rote Flüssigkeit rinnt an ihrem zierlichen Vorderbein herab. „Miauu?“ frage ich sie besorgt und mache mich sodann daran, sie behutsam mit meiner Zungenspitze entlang der vier tiefroten Linien zu reinigen. Sie erschrickt im ersten Moment, scheint es aber dann zugenießen. Ihr Herz schlägt so laut, dass meine aufmerksamen Ohren das Klopfen wahrnehmen.
Immer wieder fährt sie mir zärtlich mit einer Pfote über meinen Rücken. Zum Dank reibe ich mich noch fester an sie, während ich sie weiter säubere. Prüfend, ob ihr meine Liebkosungen gefallen, schaue ich zu ihr hinauf. Komisch, ihre Fellfarbe hat sich plötzlich ein klein wenig verändert. Um ihre Nase herum ist es auf einmal leicht rötlich geworden. Das finde ich lustig. Und sehr appetitlich zudem. Immer noch schnurrend richte ich mich langsam auf. Ihre großen Augen schauen mich fragend an. Das Rot wird noch dunkler.
„Ra-ranma! Du... du wirst doch nicht schon wieder...?“ fragt sie mich und klingt sehr verwirrt, als ich mich ihr langsam nähere, um ihr einen Kuss zu geben. Schließlich soll sie wissen, wie gern ich sie habe.
„Ranma?“ wiederholt sie das Geräusch in ihrem so wohligen Ton und weicht ein kleines Stück zurück. „D-du... du bist auch wirklich... im Neko-ken, ja? Du glaubst eine Katze zu sein...?“
Ich mag die Geräusche, die sie von sich gibt. Auch wenn ich sie nicht richtig zu deuten weiß, berühren sie mich auf eine eigenartige Art und Weise.
Freundlich gebe ich ihr ein helles „Myaunz“ zur Antwort.
Ihr Blick bleibt leicht verunsichert. Dann schließlich murmelt sie: „Er wird sich also an nichts erinnern können...“
In ihren Augen geschehen plötzlich fantastische Sachen. Winzige Perlen entstehen und sie funkeln so aufregend. Wie gerne möchte ich sie kosten. Aber wann immer ich mich ihnen nähere, weicht die schöne Gestalt ein wenig zurück.
„Warte Ranma...“, höre ich sie schließlich, während sie sanft mein langes Nackenhaar streichelt. Ernst schaut sie mir ins Gesicht. „Es gibt etwas, das ich dir schon lange sagen wollte. Aber ich kann mich einfach nicht dazu durchringen. Ich weiß nicht, wie du reagieren würdest. Ob du mich auslachen würdest? Ich habe wirklich keine Ahnung. Vielleicht wird es einfacher sein, wenn ich genau weiß, dass du mich nicht verstehst -nicht wirklich. Aber irgendwo ganz tief in dir, wirst du es ja womöglich doch. Und dieser Teil wird sich hoffentlich an meine Worte erinnern...“ Sie nahm einen tiefen Atemzug. „Du hast recht. Ich bin tatsächlich ein Machoweib. Und ich bin eifersüchtig, wenn all deine schönen Verlobten um dich herum tänzeln. Es ist nur so, dass.... dass ich mich frage.... warum ich nicht etwas hübscher sein kann, sodass du mich auch etwas mehr magst. Es ist mir eigentlich egal, wie ich aussehe. Aber seit ich dich kenne, möchte ich.... schön sein.“ Traurig wendet sie ihren Blick von mir ab. Auch ich bin nun traurig. „Schön“ – das Wort habe ich verstanden. Sie ist doch eine sehr schöne Gestalt. Warum geht es dir trotzdem so schlecht?
„Weißt du?“, fährt sie auf einmal fort und ihr Ausdruck wird ganz niedlich. „Wenn du im Neko-Zustand bist, dann ist es fast... als ob..... als ob wir beide ein richtiges Paar wären. Du kannst so zärtlich sein. Vielleicht sehnst du dich ja auch wie jeder andere, nach Nähe und Geborgenheit. Aber das Schlimme daran ist...“
Oh! Jetzt steigt eine ganz große Perle auf!
„Das Schlimme ist, dass ich mich manchmal schon fast freue, wenn du in den Katzenzustand fällst. Es ist fürchterlich, ich weiß. Du musst dich deiner größten Angst aussetzen und erleidest unerträgliche Qualen und alles, woran ich denken kann, ist, dir wenigstens für ein paar kurze Augenblicke nah zu sein. Weil... weil ich dich eigentlich sehr mag.“
„Akane...“ Mein Schnurren klingt etwas seltsam, aber dem schenke ich nicht weiter Beachtung. Liebevoll nähere ich mich ihrem hübschen Gesicht und küsse sie zärtlich auf ihre weichen Lippen. Etwas ängstlich zuckt sie zusammen, erwidert jedoch meinen Kuss, als wir uns gegenseitig die Arme um den Nacken legen und nah aneinander rücken. Nie im Leben hätte ich erwartet, dass sie so unglaublich gut schmeckt. Es berühren sich unsere Lippen, doch das wunderbare Gefühl durchfährt meinen ganzen Körper.
Aber plötzlich schreckt sie zurück. „Was hast du eben gesagt?“ ruft sie entsetzt.
„Was?“ frage ich und schaue verwundert an mir herunter. „Warum sitze ich auf deinem Schoß?“
„RANMA! Du warst gar nicht im Neko-Zustand. Eben hast du meinen Namen gesagt! Das hast du mir also alles nur vorgespielt. Und ich... ich hab dir gesagt, dass.... Aargh!“ Mit einem Sprung richtet sie sich auf, sodass ich mit dem Rücken hart auf den hölzernen Boden der Veranda falle.
„Hey...“, versuche ich sie zu beruhigen und fuchtle aufgeregt mit den Armen umher. „Ich weiß nicht, was eben geschehen ist. Wie komme ich überhaupt hierher?“ An Akanes Gesicht ist abzulesen, dass jede Art von Erklärung überflüssig ist, da sie meinen Worten ohnehin keine Beachtung schenkt. Angestrengt überlege ich. Wie bin ich auf ihren Schoß gekommen? Seltsam ist das alles.
Oh! Gefahr--
WAS ZUR--?! -----
...
***
...
Beleidigt wende ich meinen Blick von Akane ab, als sie mir einen Pflaster auf die Stirn klebt.
„Hmph... Du bist selbst schuld. Du hättest mich eben nicht so reinlegen dürfen.“
„Erstens“, knurre ich sie an „habe ich niemanden irgendwie reingelegt. Ich kann mich ja nicht mal mehr an eine Kleinigkeit erinnern. Und zweitens, was auch immer ich getan habe, es kann nicht so schlimm gewesen sein, dass du mich gleich bewusstlos schlagen musstest.“
Scheinbar tief in Gedanken versunken schweift Akanes Blick zum Gartenteich hinüber und betrachtet das friedliche Treiben der Goldfische. Aus ihr werde ich einfach nicht schlau. Warum können wir nicht einen einzigen Tag lang gut miteinander auskommen? Wenn ich wenigstens wüsste, was für ein Problem sie hat. Auf einmal sinkt ihr Blick zu ihrem Arm hinab, auf dem ich erst jetzt die vier langen, tiefen Kratzer erkenne. Ich möchte sie fragen, ob ihre Wunde schmerzt, denn ganz plötzlich wirkt sie so traurig. Etwas zögerlich öffne ich meinen Mund, doch die erste Silbe, die ich ausspreche erstickt in dem Lärm einer Person, die soeben mit einem Satz im Garten landet.